„Stadt Marl soll ihr Tafelsilber nicht verscherbeln“

Seit Jahren liegt das Jahnstadion brach und wird nur noch von den Baseballern der Sly Dogs genutzt. Ebenso lange gibt es Diskussionen um die Bebauung des Areals und Teile des angrenzenden Jahnwäldchens. © Archiv
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Die Bürgerinitiative zum Erhalt des Jahnstadionwalds und die Wählergemeinschaft Die Grünen in Marl versuchen weiter, die Bebauung am Jahnstadion noch zu verhindern. Beide haben – mit unterschiedliche Begründungen – Fachaufsichtsbeschwerden gegen die Stadt Marl eingereicht.

Dass die Beschwerden jetzt erfolgen, hat einen guten Grund: Der Verbandsausschuss des Regionalverbandes Ruhr (RVR) hat am 14. Juni grünes Licht für das Regionalplan-Änderungsverfahren gegeben, das den Weg für die geplante Wohnbebauung in Hüls freimacht. Vorausgesetzt auch die Verbandsversammlung des RVR stimmt am 25. Juni zu, kann die Stadt Marl weitere Planungen in Angriff nehmen.

Versäumnisse, die lange zurückliegen

Aus Sicht der Bürgerinitiative liegen die Versäumnisse der Stadt Jahre zurück. Sie moniert „Ungereimtheiten bei der Vergabe der Grundstücke“. Dem war Marls Bürgermeister Werner Arndt bereits früher öffentlich entgegengetreten. Die Initiative geht aber weiter davon aus, dass nicht nur für das Jahnstadion, sondern für die gesamte Fläche am Jahnwald einschließlich der Waldschule eine europaweite Ausschreibung hätte erfolgen müssen. Eine Änderung des Flächennutzungsplans und den Bebauungsplan Nr. 224 „Jahnstadion/ ehemalige Waldschule“ hatte der Rat der Stadt im September 2012 beschlossen.

Vorwurf: Stadt hat sich Millionen entgehen lassen

Ihre Beschwerde begründet die Bürgerinitiative auch mit dem Grundstückspreis, den sie für zu niedrig hält. „Wir sind der Meinung, dass die Stadt ihre Grundstücke verschleudert und ihr Tafelsilber verscherbelt“, betont der Sprecher Peter Schmidt. Nach heutigen Standards habe Marl sich rund 7,6 Millionen Euro entgehen lassen.

„Kleinode nicht einfach wegradieren“

Auch die Wählergemeinschaft geht den Weg der Fachaufsichtsbeschwerde, um die Baupläne in Hüls noch zu stoppen. „Wir hätten gedacht, dass der Regionalverband angesichts von Klimawandel und Klimanotstand mehr Kontrollinstanz ist“, betont Hartmut Dreier, sachkundiger Bürger der Wählergemeinschaft. „In dieser Situation kann man solche Kleinode und innerstädtische Naherholungsoasen nicht einfach wegradieren. Aus Sicht der Wählergemeinschaft soll am Jahnwald grundsätzlich nicht gebaut werden. Der Bebauungsplan widerspreche geltendem Naturschutz, wie er auch im Landschaftsplan für den Vestischen Höhenrücken des Kreises Recklinghausen festgehalten ist, und dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zum Klimaschutz.

Nur die Linke im RVR stimmt gegen Regionalplan

Dass die RVR-Verbandsversammlung die Änderung des Regionalplans am 25. Juni absegnet, ist ziemlich sicher. Dort haben auch die Bündnisgrünen bereits ihre Zustimmung gegeben. Allein die Fraktion Die Linke hat angekündigt, die Änderungen wie bereits im Verbandsausschuss abzulehnen.

Die beiden Fachaufsichtsbeschwerden gegen die Stadt Marl sind nun an die

Aufsichtsbehörden Kreis Recklinghausen und Bezirksregierung Münster gegangen. Sie sind aber zusätzlich an das Landesumweltministerium NRW, das Umweltbundesamt und die Bundesumweltministerin Svenja Schulze verschickt worden. Auch der Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments und der Bürgerbeauftragte der EU in Brüssel gehören zu den Adressaten.

Fachaufsichtsbeschwerde war schon mal erfolgreich

Mit einer Fachaufsichtsbeschwerde hatte die grüne Wählergemeinschaft Marl bereits einmal Erfolg. Nachdem RVR und Stadt 2019 im Sinsener Waldgebiet Die Burg mehr als 80 Bäume abgeholzt hatten, erteilte das Landesministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz eine Rüge. Verbunden war sie mit der Aufforderung, dass der Kreis für die Wiederaufforstung der 1,7 Hektar großen Fläche sorgen müsse.

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