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„Eingeschränkter Winterdienst“: Mit Schildern auf der sicheren Seite?

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Wenn eine Gemeinde mit Schildern auf „eingeschränkten Winterdienst“ hinweist, muss es dort nicht gleich ganz so wild aussehen wie auf diesem Foto, das auf dem Brocken (Sachsen-Anhalt) entstand. 
Wenn eine Gemeinde mit Schildern auf „eingeschränkten Winterdienst“ hinweist, muss es dort nicht gleich ganz so wild aussehen wie auf diesem Foto, das auf dem Brocken (Sachsen-Anhalt) entstand. © dpa

Nachdem kürzlich die Gemeinde Schlehdorf verklagt wurde, ist man in einigen Nachbargemeinden ins Grübeln gekommen. Mit Schildern, die auf einen „eingeschränkten Winterdienst“ hinweisen, wollen sie sich für mögliche Rechtsstreitigkeiten wappnen.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Nach einem schmerzhaften Ausrutscher landet eine Kommune vor Gericht: Der jüngste Aufsehen erregende Fall nach diesem Schnittmuster war die Klage eines 59-Jährigen. Der Mann verlangte von der Gemeinde Schlehdorf 10.000 Euro Schmerzensgeld, nachdem er auf einer unter Schnee verborgenen Eisplatte ausgerutscht war und eine Hirnblutung erlitten hatte. Die Klage wurde zwar abgewiesen, doch die Angelegenheit hat die Verantwortlichen in einigen Landkreis-Gemeinden ins Grübeln gebracht. Die Jachenau etwa nimmt den Fall zum Anlass, sich mit zusätzlichen Schildern abzusichern.

Bürgermeister Georg Riesch brachte das Thema in der jüngsten Gemeinderatssitzung zur Sprache. Er verwies auf eine Äußerung von Wilfried Schober, Sprecher des Bayerischen Gemeindetags, im Zusammenhang mit dem Schlehdorfer Fall. „Er empfiehlt: Wenn man an den Ortseingangstafeln das Zusatzschild ,Eingeschränkter Winterdienst‘ anbringt, dann hat man bei einem Rechtsstreit bessere Argumente“, fasste Riesch zusammen. So sei jedem klar, dass er damit rechnen müsse, „dass nicht überall geräumt und gestreut ist“. Darüber hinaus regte der Bürgermeister an, die Wanderparkplätze mit dem Hinweis „Wanderwege nicht geräumt und nicht gestreut“ auszustatten. „Der Aufwand ist verhältnismäßig gering, aber wir können uns damit viel Ärger ersparen“, argumentierte er und stieß im Gemeinderat auf Zustimmung.

Dasselbe will der Schlehdorfer Bürgermeister Stefan Jocher im Gemeinderat in der nächsten Sitzung am 7. Februar zur Diskussion stellen. Die Entscheidung möchte er dem Gremium überlassen. Selbst aber sieht er die Sache skeptisch. „Es gibt ja ohnehin schon so viele Schilder“, sagt er. Einerseits gehe die Mentalität der Menschen dahin, die Verantwortung auf andere abzuschieben. Andererseits tendiere die Rechtsprechung eher in die Richtung, dass Gemeinden für Glätteunfälle selten zur Rechenschaft gezogen werden.

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„Jede Gemeinde wird sich mit diesem Thema befassen müssen“, findet auch der Wackersberger Rathauschef Alois Bauer. Seiner Beobachtung nach gebe es eben „keine eindeutige Rechtsprechung“, und: „Wir schaffen es nicht, dass jeder Gehweg in der Gemeinde zu jeder Zeit perfekt geräumt ist.“ Einer weiteren Verdichtung des Schilderwalds steht Bauer jedoch kritisch gegenüber: „Schilder können auch das Gegenteil bewirken: nämlich dass die Leute dort, wo kein Schild steht, automatisch davon ausgehen, dass immer geräumt ist und sie die Straße mit Sommerreifen befahren können.“

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Für Bauer wäre es das „Gebot der Stunde“, die Eigenverantwortung der Menschen zu stärken und ihre Sinne für die natürlichen Gegebenheiten zu schärfen. Der Trend der Zeit sei leider gegenläufig: Morgens würden die Menschen im Radio daran erinnert, doch an Mütze und Handschuhe zu denken, und Autos fangen an zu piepsen, wenn die Temperatur unter vier Grad Celsius fällt.

Ob Hinweisschilder auf einen „eingeschränkten Winterdienst“ nötig sind, wird aktuell auch in der Verwaltungsgemeinschaft Benediktbeuern-Bichl geprüft, wie Bichls Bürgermeister Benedikt Pössenbacher auf Anfrage erklärt. Dem Ergebnis möchte er nicht vorgreifen. „Wenn’s hilft – warum nicht?“, sagt er.

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Andererseits: Die Gemeinde Bichl sei vor ein paar Jahren auch schon einmal nach einem Glätteunfall verklagt worden. Damals habe es ausgereicht, dass die Kommune bewies, dass sie den Winterdienst ordnungsgemäß durchgeführt hatte. „Wir hatten Zeugen, und außerdem ist jedes Fahrzeug mit einem GPS-Gerät ausgestattet“, erklärt Pössenbacher. „Dokumentation ist hier enorm wichtig – leider.“

Auf den Nachweis, dass ordentlich geräumt wurde, setzt auch der Sachsenkamer Bürgermeister Hans Schneil. „Das ist ja alles genau festgelegt, auch wie viel Splitt-Kerndl pro Quadratmeter liegen müssen.“ Diese Regeln halte man im Ortsbereich ein und dokumentiere es. Ans Aufstellen neuer Schilder hat Schneil daher noch nicht gedacht.

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