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800 Seiten mit spannenden Erkenntnissen: Lisa Kellerer transkribiert altes Salbuch

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Historikerin Lisa Kellerer und Günther Lehrmann
Historikerin Lisa Kellerer hat das Salbuch transkribiert und es beim Historischen Verein Freising um Günther Lehrmann vorgestellt. © Lehmann

Er segnete einst die Felder, studierte Tierkrankheiten ebenso wie das Verhalten seiner Bediensteten und hielt die Eindrücke seines Wirkens in einem Salbuch fest. Die Historikerin Lisa Kellerer hat sich nun mit dem Leben von Pfarrer Johann Jakob Pämer beschäftigt und interessante Einblicke in das 18. Jahrhundert erhalten.

Neufahrn – Es hat schon einige Zeit lang gedauert, um genau zu sein, rund zwei Jahre, bis die Historikerin Lisa Kellerer das Salbuch von Pfarrer Johann Jakob Prämer transkribiert hatte – kein Wunder, umfassen die ausführlichen Aufzeichnungen doch 800 Seiten und geben tiefe Einblicke in das Leben der Menschen dieser Gegend Mitte des 18. Jahrhunderts. An dem Salbuch, das mehr oder weniger ein Übergabebuch für die nächsten Priester war, hat Pämer rund 15 Jahre lang gearbeitet und damit deutliche Spuren hinterlassen.

Ausgegraben hat Kellerer es im Archiv Neufahrn – und im Rahmen ihrer Masterarbeit transkribiert. Am vergangenen Montag stellte sie nun Auszüge aus diesem Salbuch im Rahmen der Vortragsreihe des Historischen Vereins Freising vor.

Pämer ältestes von 28 Kindern

Einen Grund der hohen Seitenzahl formulierte Kellerer so: „In 800 Seiten Salbuch kommt das Wort „Ich“ über 500 Mal vor“. Heißt im Klartext: Pämer wollte durchaus sein Wirken und Leben für die Nachwelt erhalten – einen gewissen Hang zur Selbstdarstellung will ihm Kellerer dabei gar nicht absprechen. Was seine Aufzeichnungen zudem beachtenswert machen: Normalerweise sind Salbücher knapp und bündig gehalten, aber eben nicht jenes von Pämer – der Pfarrer gibt hier nämlich nebenbei auch Auskunft über Hinweise zur Liturgie in Fürholzen, oder widmet sich überraschenderweise in einigen Kapiteln der Tierheilkunde. Das erste Staunen aus den Reihen der fast vollen Aula der Korbiniansschule kam aber gar nicht wegen des Blicks in die barocke Vergangenheit, sondern durch jenen Satz von Kellerer: „Pämer wurde 1688 als ältestes von 28 Kindern in Freising geboren“. Was die Historikerin dazu noch herausgefunden hatte: „Die Kinder waren von einem Vater – aber es gab scheinbar zwei Mütter“.

Was bekannt ist: Pämer war 40 Jahre lang die prägende Gestalt der Pfarrei Fürholzen und initiierte unter anderem maßgeblich den Neubau der Kirche St. Stephanus im Jahr 1723. Was neu ist: Der detaillierte Blick durch Pämers Augen auf jene Zeit. In dem Salbuch beschäftigte er sich auch mit Unwettern, von denen Fürholzen häufig heimgesucht worden war – wie etwa jenes im Jahr 1721, das beinahe alle seine Pferde im Stall ertrinken ließ.

Damit war der Pfarrer auch ein wichtiger Chronist, wenngleich vieles mit Vorsicht zu genießen sei, wie Kellerer erklärte: Zahlreiche Geschehnisse wurden von ihm nämlich erst viel später niedergeschrieben und könnten deshalb beschönigt oder ausgeschmückt worden sein. Was sich auch in den Aufzeichnungen fand: Seine Vorliebe für Wettersegnungen der Felder mit mehreren Wetterkreuzen, die unter anderem mit angeblichen Blutstropfen Jesu bestückt waren – und die einen anderen Priester, der von Pämers Wettersegnungen nicht begeistert war, laut den Aufzeichnen von anno dazumal mit einem Schlaganfall bestraften.

Vorreiter in der Tierheilkunde

Als Dienstherr, und auch das gibt das Salbuch her, war Pämer kein sonderlich angenehmer Zeitgenosse. „Was er am häufigsten kritisierte, sind Diebstahl, Verantwortungslosigkeit und Müßiggang“, so Kellerer – der Diebstahl bezog sich allerdings weitgehend auf Lebensmittel wie Milch. Während die Abschätzigkeit von Dienstherren gegenüber dem Personal zu dieser Zeit wohl eher gewöhnlich war, beschäftigte sich Pämer zugleich mit etwas Ungewöhnlichem – nämlich der damals kaum entwickelten Tierheilkunde. Ein Mittel, das damals für die sogenannte Lungensucht vorgeschlagen wurde, stellte Kellerer dem Publikum auch vor – was durchaus für ein Schmunzeln sorgte. Laut Prämer seien nämlich unter anderem dafür zwölf ausgekochte Schneckenhäuser dringend nötig. „Ich bin mir sicher“, so Kellerer abschließend, „dass Pämers Salbuch auch für die zukünftige Forschung mit Gewinn ausgewertet werden kann - unter anderem im Bereich Theologie oder Wirtschaftsgeschichte“. In einigen Jahren soll das Werk der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

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