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„Volksbegehren zum Artenschutz hat Bayern aufgerüttelt“

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Christian Holdt (ÖDP) möchte Landrat werden.
Christian Holdt (ÖDP) möchte Landrat werden. © -

Sieben Kandidaten bewerben sich im Landkreis um das Amt des Landrats. Darunter der Amtierende selbst. Das Tagblatt hat allen Kandidaten Fragen zu ihrem Programm gestellt. Heute ist Christian Holdt (ÖDP) an der Reihe.

Die ÖDP hat aus Ihrer Sicht mit dem Artenschutzbegehren einen großen Erfolg gelandet. Sehen Sie bereits Auswirkungen konkret vor Ort?

Holdt: Für tatsächlich nachweisbare Auswirkungen ist es noch etwas zu früh. Die Kompensationszahlungen an die Landwirte für den Verzicht der Bewirtschaftung der Gewässerrandstreifen sind zum Beispiel im Detail noch nicht festgelegt worden. Daran kann man ersehen, dass die Umsetzung des Volksbegehrens Artenschutz auch auf Seiten der Behörden noch dauert. Dennoch war das Jahr 2019 auch schon geprägt von sehr vielen Blühstreifen im Landkreis, die Landwirte und Kommunen für die (Wild-) Bienen neu auf freiwilliger Basis angelegt haben. Denn das Volksbegehren und der Volksentscheid zum dringend gebotenen Artenschutz hat Bayern aufgerüttelt!

Viele Landwirte auch in der Region sind von der aktuellen Öko-Entwicklung nicht gerade begeistert. Setzen Sie sich damit auseinander? Was sagen Sie den Landwirten?

Ich versuche, die Ängste der Landwirte mit Zuversicht zu lindern. Die Bewegung hin zu mehr hochwertigen regionalen Lebensmitteln und Öko-Produkten kommt erst jetzt immer mehr in der breiten Bevölkerung an und nimmt Fahrt auf! Diese enorm wachsende Käufergruppe sollten die Bauern nicht verprellen indem sie „Öko“ schlechtreden. Sie sollten sich als verlässlicher Partner und regionaler Erzeuger von hochwertigen Lebensmitteln offen und transparent zeigen. Denn neben der Erzeugung von Nahrungsmitteln sind ja die Landwirte auch die Pfleger unserer Kulturlandschaft. Nach den Artenschutz-Änderungen jetzt noch mehr als zuvor. Für diese Gemeinwohl-Aufgabe sollen Sie ja – wie teilweise im Versöhnungsgesetz vorgesehen – auch angemessen honoriert werden. Auch wir erkennen die Probleme, in denen die Landwirte stecken. Aber viele wurden durch die Lobbyhörigkeit gegenüber der Agrochemie-Industrie erzeugt.

In vielen Fragen überschneiden Sie sich inhaltlich mit den Grünen. Glauben Sie, dass Sie von deren Aufwind auch profitieren können?

Nach wie vor gibt es wichtige Unterschiede zwischen ÖDP und Grünen. Auch wenn wir im Bereich Umweltschutz insbesondere in der Lokalpolitik öfter übereinstimmen, glaube ich, dass die vielen „neuen“ Grünen-Wähler andere politische Motive haben. Viele dieser Grün-Wähler folgen dem Versprechen mit „grünem Wirtschaftswachstum“ die Probleme der Welt lösen zu können, jedoch die ökologischen Grenzen des Wachstums aber nicht anerkennen. Die ÖDP ist hingegen wachstumskritisch und plädiert für einen nachhaltigen Lebensstil um die Lebensgrundlagen auf der Erde zu schonen und zu erhalten. Wir verschweigen nicht, dass Abstriche am materiellen Konsum unvermeidlich sind.

Einerseits fordern Sie weniger Flächenversiegelung, andererseits wohnortnahe Arbeitsplätze. Passt das zusammen?

Ja! Riesige reine Bürokomplexe in der Innenstadt, Gewerbegebiete oder Einkaufszentren auf der grünen Wiese – jeder kann beobachten wie diese Art des Bauens eine Vielzahl von Problemen erzeugt. Die notwendigen Wohnungen, insbesondere für Familien, soll dann das Umland stellen. So kann es nicht weitergehen. Das heißt, wir brauchen im Landkreis mehr Mischgebiete und müssen auch wieder die Gewerbebetriebe – insbesondere die Dienstleister, Geschäfte und Kleinbetriebe in die Ortskerne zurückholen. Attraktives Einkaufen sollte fußläufig, beziehungsweise mit dem Fahrrad oder zum Beispiel mit dem (Miet-)Lastenrad möglich sein. In unserem Landkreis bedeutet dies mehrstöckige Gebäude (aber keine Hochhaus- Siedlungen) anstelle von Reihenhaussiedlungen, Nachverdichtung in den Orten, Leerstand von Gebäuden beenden, Micro-Homes auf Restflächen, ungeeignete alte Gewerbe-Immobilien ersetzen. Anstelle von Flachdach-Discounter sollte man nur noch Gebäude planen lassen, die auch neue Wohnungen bieten. Der Landkreis kann hier mit seinen Liegenschaften voran gehen und bei jeder Neubaumaßnahme auch Mitarbeiterwohnungen schaffen. Das kreiseigne Regionalmanagement sollte hier gezielt Unternehmen beraten in bestehende oder bereits geplanten Flächen explizit solche Misch-Projekte zu realisieren.

Wenn Sie Landrat würden, was würden Sie als erstes anpacken?

Wir müssen dringend mit der Energie- und Verkehrswende im Landkreis weiterkommen. Zwar sind wir insbesondere mit unserem Bus-System gut aufgestellt, aber die Zuverlässigkeit der ergänzenden Ruf-Busse ist verbesserungswürdig. Zusammen mit Bike- und Car-Sharing durch viele Mobilitätsstationen an wichtigen Knotenpunkten sollen Zweitwagen im Landkreis obsolet werden und die Nutzungshäufigkeit von privaten Pkw sinken. Stellplatz-Vorschriften für Pkw können bei geeigneten Wohnmodellen/Objekten ganz entfallen! Im Bereich Verkehrswende ist zwar im Kreistag viel von Konzepten die Rede – die jetzt aber auch in Maßnahmen münden müssen. Hier würde ich gerne anfangen wollen!

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