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Bekommt Waakirchen eine zweite Post? Bundesnetzagentur prüft den Fall

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Unzufrieden: Arthur Derse (67) zeigt den Briefwechsel, den er sich mit der Post über die Schließung der Waakirchner Filiale lieferte. Abwimmeln ließ er sich nicht.
Unzufrieden: Arthur Derse (67) zeigt den Briefwechsel, den er sich mit der Post über die Schließung der Waakirchner Filiale lieferte. Abwimmeln ließ er sich nicht. © Thomas Plettenberg

Ab September wird es in Waakirchen nur noch eine Postfiliale geben – in Schaftlach. Zu wenig, beschweren sich einige und verweisen auf Gesetze. Die Bundesnetzagentur prüft nun den Fall.

Waakirchen – Arthur Derse ist enttäuscht. Der 67-jährige Waakirchner hat Gesetzestexte studiert und zwei sachliche Nachrichten an die Post geschrieben. Er fordert, dass der Waakirchner Ortskern eine eigene Postfiliale behalten soll. Doch was er als Antwort bekam, waren Standardschreiben. Die neue Filiale in Schaftlach werde die einzige Post im Waakirchner Gemeindegebiet bleiben, hieß es darin. „Unter aller Kanone“, findet Derse. So endgültig, wie die Post die Entscheidung darstellt, ist sie aber nicht. Denn die Bundesnetzagentur, die übergeordnete Behörde, prüft die Entscheidung – und es gibt Argumente für die Waakirchner.

Lesen Sie hier: In Waakirchen und Schaftlach: Gleich zwei Postfilialen schließen - Nachfolger gesucht

Doch von Anfang an. Ende August werden beide Waakirchner Postfilialen schließen. Am 2. September öffnet nur eine neue Agentur in Schaftlach. Derse und einigen Mitstreitern ist das zu wenig. Aus moralischen Gründen – Waakirchner Senioren ohne Auto schauen nun „mit dem Ofenrohr ins Gebirge“, findet er.

Aber auch aus rechtlichen Überlegungen: Derse verweist auf die Post-Universaldienstleistungsverordnung (PUDLV). In Gemeinden mit mehr als 4000 Einwohnern ist zu gewährleisten, dass in zusammenhängend bebauten Gebieten eine stationäre Einrichtung in maximal 2000 Metern für die Kunden erreichbar ist, heißt es dort. „Dies gilt in der Regel auch für Gemeinden, die gemäß landesplanerischen Vorgaben zentralörtliche Funktionen haben.“ Waakirchen liege mit mehr als 5000 Einwohnern deutlich über der 4000-Einwohner-Grenze und habe zentralörtliche Funktion, schreibt Derse in einer E-Mail an die Post. Ist die einzige Filiale in Schaftlach nun mehr als drei Kilometer vom Ortsteil Waakirchen entfernt, sei das „nicht gesetzeskonform“.

Hier finden Sie den Bericht: 20 Jahre Postagentur: Zuerst war das Misstrauen groß

Die Antwort der Post ignoriert das Argument: Die Waakirchner werden weiter alle Post-Leistungen nutzen können, schreibt sie. In dünn besiedelten Gebieten hätten die Briefträger eine „Kleine Filiale“ dabei. Bei diesem „Mobilen Postservice“ könnten die Waakirchner Briefmarken kaufen sowie Briefe und Pakete aufgeben. „Für viele unserer Kunden ist dies mehr als ein Ersatz für eine stationäre Filiale.“ Unterschrieben ist der Brief nicht.

Derse will mehr. Ein „Mobiler Postservice“ sei keine stationäre Filiale, wie sie das Gesetz fordere, bemängelt er. Auch das schreibt er der Post.

Erneut antwortet das Unternehmen namenlos: „Gerne erläutern wir Ihnen den Wortlaut ,stationäre Einrichtung‘.“ Damit sei auch ein Briefkasten gemeint. „Beste Grüße – Ihr Kundendienst.“

Derse hat genug. Das PUDLV lege für Briefkästen und stationäre Einrichtungen getrennte Regeln fest, sagt er. Die von ihm genannten Punkte gelten ausdrücklich für Filialen mit Betreuung. Zu behaupten, ein Briefkasten sei eine stationäre Einrichtung, sei schlicht falsch.

Auf Nachfrage der Tegernseer Zeitung vermittelt uns die Post an Dieter Nawrath, Sprecher der Pressestelle Süd. Er erklärt: Die 2000-Meter-Regel gelte nur für zusammenhängend bebaute Gebiete. Weil zwischen Waakirchen und Schaftlach aber viel Landstraße liegt, sei die Post auch nach PUDLV nicht verpflichtet, jedem Bürger in dieser Entfernung eine Filiale zu bieten. Auch das Argument der zentralörtlichen Bedeutung gehe ins Leere. Waakirchen ist zwar im Regionalplan Oberland als Kleinzentrum definiert. Aber: „Regionalpläne spielen im Zusammenhang mit der PUDLV keine Rolle.“

Das sieht wiederum Handke, Noch-Angesteller der Post neben dem Waakirchner Rathaus, anders. Er glaubt, dass die Post seine Filiale nur wegen der 2000-Meter-Regel eröffnet habe. Damals habe die Post zwar einen Container aufgestellt, sich aber geweigert, ihn länger als 15 Stunden pro Woche anzustellen. „Wirtschaftlich macht das keinen Sinn.“ Es müsse um rechtliche Anforderungen gegangen sein. Fällt seine Filiale nun weg, sieht er die 2000-Meter-Regel verletzt.

Dem hält Nawrath entgegen: Die Post prüfe „sehr genau und gewissenhaft“, ob ihr Filialnetz dem PUDLV entspricht. Ein Fehler sei noch nie passiert. Außerdem wache die Bundesnetzagentur über die Einhaltung der Verordnung – im Falle Waakirchen habe sie noch keine Fehler bemängelt. „Daher ist eine Filiale, egal ob in Waakirchen oder Schaftlach, PUDLV-konform.“

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Auf Nachfrage bei der Bundesnetzagentur stellt sich dieser Sachverhalt zumindest weniger eindeutig dar. Die Bundesnetzagentur prüfe derzeit, ob die 2000-Meter-Regel „eine Filiale im Ortsteil Waakirchen erforderlich macht“, schreibt Pressesprecher Michael Reifenberg. Klar sei: Für eine Einordnung als Gemeinde mit zentralörtlicher Funktion sei das Landesentwicklungsprogramm Bayern maßgeblich. Und: „Nach dem geltenden Regionalplan ist Waakirchen als Klein- bzw. Grundzentrum festgelegt.“ Klingt nach einem Argument für die Waakirchner.

mas

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