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Großeinsatz in Geretsried: Experten entschärfen 150-Kilo-Bombe

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Sprengstoffmeister mit Bombe in Geretsried
Entschärften die Bombe: (v. li.) Usam Bach, Josef Semegi und Sebastian Braun mit einem Teil des Blindgängers. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Bauarbeiten haben am Montag einen Blindgänger in Geretsried zutage gefördert. Ein großer Bereich um den Fundort musste evakuiert werden. Die Entschärfung dauerte bis abends.

Geretsried – Ein Dreh für die ARD-Fernsehserie „Hubert ohne Staller“? Eine Corona-Masken-Kontrolle im Supermarkt? Spekulationen wie diese stellten Passanten an, die sich am Montag über das Aufgebot an Polizei-, Rettungs- und Feuerwehrkräften samt Fahrzeugen auf dem Parkplatz zwischen Penny- und Fristo-Markt an der Geretsrieder Böhmerwaldstraße wunderten. Immer wieder erklärten Beamten geduldig den Grund für des Einsatzes.

Bei Bauarbeiten auf einem Privatgrundstück am Dompfaffenweg im Stadtteil Gartenberg war am Montagmorgen ein gefährliches Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg ans Tageslicht gekommen: Ein 150 Kilogramm schwerer Blindgänger, gefüllt mit 15 bis 20 Kilogramm Sprengstoff. Ein Abtransport der Bombe erschien den hinzugezogenen Kampfmittel-Experten als zu riskant, sie entschieden sich für die Entschärfung vor Ort. 150 Meter rund um den Fundort der Weltkriegsbombe wurde ein Sicherheitsbereich eingerichtet. Mehr als 2000 Anwohner mussten gegen 15 Uhr ihre Häuser und Wohnungen verlassen.

Bombenfund: Einsatzleitung in Geretsried
Hier liefen die Fäden zusammen: Die Einsatzleitung auf dem Parkplatz zwischen Penny- und Fristo-Markt an der Böhmerwaldstraße. Insgesamt waren gut 360 Kräfte von Rettungsdienst, Polizei und Feuerwehr vor Ort. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Geretsrieder müssen mit Überbleibsel aus dem Zweiten Weltkrieg rechnen

Die Fäden liefen bei der Einsatzleitung auf besagtem Parkplatz zusammen. „Ich bin beeindruckt, wie gut alle zusammenarbeiten“, lobte Bürgermeister Michael Müller die Einsatzkräfte, der ebenfalls vor Ort war. Es sei bereits der fünfte Blindgänger, der während seiner Amtszeit gefunden wurde. Damit müsse man in Geretsried rechnen. Die Nationalsozialisten hatten zwei Munitionsbetriebe im heutigen Stadtgebiet. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, am 9. April 1945, wurden laut Recherchen des Arbeitskreises Historisches Geretsried bei einem Angriff der US-Army 2078 Bomben über dem heutigen Geretsried abgeworfen. Auch wenn die Stadt darauf vorbereitet ist, dass diese nach und nach auftauchen, „das kann nie Routine sein“, so der Rathauschef.

Um den Gefahrenbereich zu räumen, war die Feuerwehr Weidach mit Lautsprecherdurchsagen unterwegs. Zudem gingen gut 150 Beamte der Bayerischen Bereitschaftspolizei von Tür zu Tür. Das BRK richtete drei Betreuungsstellen ein – an der Isardamm-Grundschule, im Ratsstuben-Saal und am Schulzentrum. „Eine logistische Herausforderung“, erklärte Pressesprecher Sohrab Taheri-Sohi. Die 180 Einsatzkräfte mussten mit Blick auf die Pandemiesituation die 3G-Regel beachten. „Aufgrund der hohen Corona-Inzidenz im Landkreis ergreifen wir höhere Schutzmaßnahmen.“

Anwohner werden evakuiert: Familie musste Geburtstagskaffee verlagern

Viele Anwohner kamen offenbar anderweitig unter. Ein paar nahmen den angebotenen Unterschlupf aber dankend an. Die Familie von Gabriele Homeyer wollte eigentlich bei deren Sohn in Gartenberg Geburtstag feiern und war eigens aus Norddeutschland angereist. Die Kaffeetafel bei dem 34-Jährigen war gedeckt und man wartete, dass das Geburtstagskind aus der Arbeit kommt. Als der Bombenfund dazwischen kam, verlagerte die Familie das Fest in die Ratsstuben. „Immerhin gibt es hier frischen Kaffee“, sagte Homeyer.

Wegen Bombe werden Anwohner in Ratsstuben-Saal evakuiert
Ein etwas anderer Geburtstagskaffee: (v. li.) Harry Karpp, Jürgen Homeyer mit Lotta, Annike Homeyer, Veronika Westner und Gabriele Homeyer im Saal der Ratsstuben, wo das BRK eine von drei Betreuungsstellen eingerichtet hatte. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Gegen 16.30 Uhr meldete Thomas Loibl, Pressesprecher der Stadt: „Die Evakuierung verlief problemlos.“ Die Kampfmittel-Experten Usam Bach, Josef Semegi und Sebastian Braun konnten sich an die Arbeit machen. Die Einsatzleitung harrte derweil an der Böhmerwaldstraße der Dinge – neugierig beäugt von Kunden des Penny-Markts. Im Discounter selbst war von der Aufregung vor der Tür wenig zu spüren. „Es ist sehr ruhig heute“, berichtete Marktleiter Michael Warzecha. Seine Kollegen und er nahmen es gelassen: „Der sicherste Arbeitsplatz.“

Sprengmeister um 18.57 Uhr: „Bombe entschärft!“

Ein 69-jähriger Anwohner verband seinen Einkauf am späten Nachmittag mit einer Nachfrage bei den Polizisten auf dem Parkplatz: „Dürfen wir zurück?“ Für ihn sei es die dritte Evakuierung in fünf Jahren, diesmal wurde der Blindgänger direkt auf dem Nachbargrundstück gefunden. „Ich habe in der Früh rausgeschaut, und es war mir sofort klar“, sagte der Gartenberger. Eine Weile musste sich der 69-Jährige noch gedulden. Um 18.57 Uhr meldete der Sprengmeister: „Bombe entschärft!“ Es handle sich um einen Kopfzünder M 103, erklärte Sebastian Braun kurz darauf. „Man muss ruhig bleiben und darf sich nicht in Hektik versetzen.“

sw

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