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Standesämter verzeichnen so viele Kirchenaustritte wie nie

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Auf dem Land wie in der Stadt: Immer mehr Gläubige treten aus der Kirche aus. Das Foto zeigt das Gotteshaus St. Johann Baptist in Holzhausen (Gemeinde Münsing).
Auf dem Land wie in der Stadt: Immer mehr Gläubige treten aus der Kirche aus. Das Foto zeigt das Gotteshaus St. Johann Baptist in Holzhausen (Gemeinde Münsing). © Hans Lippert

Der Trend hält an: Wegen der aktuell vielen Kirchenaustritte haben die Standesämter im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen alle Hände voll zu tun.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Die Zahl der Kirchenaustritte ist nach wie vor hoch. Nach der Veröffentlichung des Gutachtens zu sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche Ende Januar gab es wie berichtet auch im Landkreis eine Flut an Austrittserklärungen. Schon jetzt können die Standesämter der Städte und Gemeinden, die für das Abmelden zuständig sind, sagen: So viele Bürger wie 2022 kehrten der Kirche wohl noch nie den Rücken.

Bad Tölz-Wolfratshausen: Standesämter müssen viele Kirchenaustritte bearbeiten

„Unser Standesamt ist überdurchschnittlich gebucht“, berichtet Thomas Loibl, Pressesprecher der Stadt Geretsried auf Nachfrage unserer Zeitung. Dort muss man vorab einen Termin vereinbaren. Bis zum 18. Februar verzeichnete das Standesamt für Geretsried 29 Austritte aus der katholischen und sieben aus der evangelischen Kirche. In Dietramszell waren es vier (evangelisch null), in Icking acht (evangelisch null), in Königsdorf drei (evangelisch einer) und in Münsing acht (evangelisch null). Es ist also nicht so, dass die Gläubigen auf dem Land den Schritt eher scheuen als in der Stadt. Johanna Deißer, Standesbeamtin in Egling, hat bisher 27 Austrittsbescheinigungen ausgestellt. „Das ist sehr viel. Im gesamten Jahr 2021 waren es 57“, sagt sie.

Nicht alle hätten sich heuer jedoch wegen des Missbrauchsskandals von der Kirche abgewandt. Nach Heilig-Dreikönig sei ein erster Schwung gekommen. Die Sternsinger hätten wegen der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Abstandsregeln die Kollekte mit einem zwei Meter langen Stock an den Haustüren einsammeln müssen. Das habe viele gestört. Generell sei die Ausübung des Glaubens durch Corona stark eingeschränkt, hätten Bürger ihr gegenüber beklagt, sagt Deißer.

„Das Lügen und Vertuschen hat für viele das Fass zum Überlaufen gebracht.“

In Lenggries kamen nach Auskunft von Helmut Potstada 39 Frauen und Männer seit Jahresbeginn auf das Standesamt, um sich von der katholischen Kirche abzumelden und somit keine Kirchensteuer mehr zu bezahlen. „Früher waren es über das Jahr gesehen zwischen 50 und 60“, erklärt der Standesbeamte. Im vergangenen Jahr seien es allerdings auch schon 100 gewesen. Potstada sagt: „Wenn es so weitergeht, rechne ich mit etwa 200 für heuer.“ Die Mehrzahl gebe im Gespräch den Missbrauch und den Umgang damit als Grund an – auch wenn niemand verpflichtet sei, seine Entscheidung zu begründen. „Das Lügen und Vertuschen hat für viele das Fass zum Überlaufen gebracht.“

In Bad Tölz gab es laut Rathaus-Sprecherin Birte Otterbach 151 Austritte im gesamten Standesamtsbezirk einschließlich der Gemeinden Wackersberg, Bichl, Benediktbeuern und Bad Heilbrunn. Zum Vergleich: Ende Februar 2021 waren es 31. Insgesamt habe sich die Lage etwas beruhigt, sagt Otterbach. Es würden „immer mal wieder ein paar Austrittswillige“ kommen. Einen Terminstau gebe es nicht, da man den Austritt zu den normalen Öffnungszeiten ohne Termin erklären könne.

In Wolfratshausen sei die Zahl der Kirchenaustritte immer noch hoch, es würden immer noch Termine abgearbeitet und auch neue vergeben, berichtet der zuständige Mitarbeiter Michael Nussbaumer auf Nachfrage.

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