Die Jobcenter haben im vergangenen Jahr 65.511 Berliner in Mahnbriefen aufgefordert, ihre Kosten für Unterkunft und Heizung zu senken. Damit ist jetzt Schluss – vorerst.

In der Diskussion um zu teure Wohnungen für Hartz-IV-Empfänger sollen die Jobcenter vorläufig den Druck zurücknehmen und keine Mahnbriefe mehr verschicken. „Wenn es nur um geringfügige Überschreitungen der Mietobergrenzen geht, sollten die Behören die neue Rechtsverordnung des Senats abwarten“, sagte die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Ülker Radziwill. Der Senat will bis um Sommer eine Neuregelung der Richtwerte vorlegen.

Am Vortag war bekannt geworden, dass die Jobcenter im vergangenen Jahr etwa 65.000 Menschen , die Arbeitslosengeld II und staatliche Wohn- und Heizhilfen bekommen, angeschrieben hatten. Diese Hartz-IV-Empfänger leben in Wohnungen, die aufgrund der Mietsteigerungen der vergangenen Jahre die Obergrenzen überschritten haben. Dann schreiten die Jobcenter ein und fordern eine Kostensenkung. Sie kann durch Umzug, Hinzuverdienst der Betroffenen oder Untervermietung geschehen. „Die Behörden sollten bis zur Neuregelung der Richtwerte nun eine gewisse Kulanz zeigen“, sagte Radziwill.

Den Senat forderte die Sozialpolitikerin auf, bei der Berechnung der neuen Obergrenzen in bestimmten Stadtquartieren nicht nur die einfachen Wohnlagen als Referenz zu nehmen, sondern auch mittlere Wohnlagen mit einbeziehen. Das würde eine Anhebung der Mietobergrenzen in Kiezen bedeuten, wo der Mietendruck deutlich gestiegen ist und ein Ausweichen auf einfache Wohnungen kaum möglich ist. Allerdings müssten die Mehrkosten durch den Staat aufgefangen werden. Schon jetzt belaufen sich die Wohnhilfen auf 1,4 Milliarden Euro – allein in Berlin.

Zudem plädierte Radziwill dafür, die Ausnahmeregelungen auch bei der Neufassung der Rechtsverordnung beizubehalten. So müssen Schwangere, ältere Menschen und Alleinerziehende mit Kindern häufig nicht ihren Kiez verlassen, selbst wenn die Kosten für die Wohnung steigen. Unter die Härtefallregelung fielen 2011 über 36.000 Menschen. Eva Willich von der Kampagne gegen Zwangsumzug sagte: „Die Finanzierung der Miete aus dem Regelsatz stürzt zahlreiche Mieter in die totale Armut. Erst wird der Strom abgestellt, dann kommt die Zwangsräumung in die Wohnungslosigkeit.“