Das ist das Herzstück der Berliner U-Bahn: 170 Mitarbeiter der BVG steuern jetzt von Lichtenberg aus den Berliner Zugverkehr.

Matthias Liesch hat alles im Blick. Also genauer gesagt, fast alles. Sieben Computerbildschirme stehen direkt vor ihm auf den Tisch, an der Wand davor noch mal eine Monitorwand in XXL. Darauf zu sehen sind Videobilder aus gleichzeitig vier Berliner U-Bahnhöfen. Darüber ein Gewirr von weißen Strichen und bunten Punkten auf tiefschwarzem Untergrund. „Jeder Punkt ist ein Zug“, erklärt Liesch das Bild. Die Farbe verrät, wie pünktlich die jeweilige U-Bahn ist.

Grün bedeutet: fährt nach Plan. Blau heißt, die Bahn fährt ein wenig zu früh in den Bahnhof ein. Gelb bedeutet, der Zug liegt in der Zeit bis zu zwei Minuten hinter dem Sollwert zurück, ein roter Punkt signalisiert eine Verspätung von bereits mehr als drei Minuten. An diesem Morgen sind auf den Bildschirmen nur grüne und blaue Punkte zu sehen. „So, wie es sein soll“, sagt Liesch, der auf den Linien U5, U8 und U9 die Weichen stellt. Es könnte eine ruhige Schicht an diesem Donnerstag werden.

Das ist jedoch längst nicht immer so. Mal gibt es eine Stellwerkstörung, dann blockiert ein Weiche oder einer der Züge bleibt wegen eines Defekts stehen. Dann ist schnelles Handeln gefragt in der Leitzentrale der Berliner U-Bahn. Anders als viele Tunnel oder Fahrzeuge ist die Schaltzentrale der U-Bahn auf allerneuestem technischen Stand.

Erst im August haben die 170 Mitarbeiter die neue Zentrale in Lichtenberg bezogen. Eine logistische Meisterleistung. „Der Umzug erfolgte bei laufendem Betrieb innerhalb von vier Nächten – und kein Fahrgast hat davon etwas gemerkt“, sagt Frank Schäfer, der die neue, knapp neun Millionen Euro teure Betriebsleitstelle konzipiert hat. Erstmals sind dort die zuvor getrennten Leitstellen für die Linien des schmalen Kleinprofils (U1 bis U4) und die Großprofillinien U5 bis U9 in einem Raum vereint. „Damit haben wir den Gesamtverkehr im Blick und können auf Störungen besser reagieren“, so Schäfer zu den Vorzügen des Konzepts, das auch von der Pariser Metro oder der New Yorker Subway praktiziert werde.

Täglich bis zu 4800 Zugfahrten werden nun von Lichtenberg aus gesteuert, mit denen in Spitzenzeiten bis zu zwei Millionen Fahrgäste durch die Stadt befördert werden. Damit ist die U-Bahn von der Fahrgastzahl her das Verkehrsmittel Nummer eins in der Stadt, noch vor dem Bus oder der Berliner S-Bahn.

Insgesamt 170 BVGer arbeiten in der U-Bahn-Leitstelle, die rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr besetzt ist. Sie bedienen 760 Weichen und 3500 Signale und disponieren den Einsatz der knapp 1400 Berliner U-Bahn-Wagen. Jeder Tag sei eine Herausforderung, sagt Thomas Helentz-Streit, Vizechef der Leistelle. Zwar werde inzwischen vieles von Computern gesteuert, doch im Störungsfall müsse noch immer der Mensch eingreifen.

Leider würde auch die Zahl der Störungen zunehmen, die von den Fahrgästen selbst verursacht werden. „Der Klassiker ist das gewaltsame Aufhalten der Tür, damit der Kumpel noch irgendwie mitkommt“, so Helentz-Streit. Dies sorge nicht selten für Türstörungen, in deren Folge der gesamte Zug aus dem Verkehr gezogen werden muss. „Mit Türen, die sich nicht schließen, lassen wir keinen Zug fahren“, sagte Helentz-Streit. Er appellierte an die Berliner, mehr Gelassenheit an den Tag zu legen. „Fast immer kommt nach wenigen Minuten der nächste Zug.“ Dass manch einem der Zug vor der Nase wegfährt, sei kein böser Wille der Fahrer, so der U-Bahn-Manager. Müssten sie doch immer auch die Interessen der 200 bis 300 Fahrgäste berücksichtigen, die bei einer verspäteten Abfahrt ihren Anschluss verpassen könnten.