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GO West!

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Text: Jana Möhrer
Fotos: Ruben Rose, Lukas Binder, James Willson

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Go West – der Traum eines jeden Kletterers, ja den hatte ich auch! Zu viert, mein Freund Ruben, ich und unsere zwei Haulbags, starten wir Anfang April unseren dreimonatigen Klettertrip durch den Westen der USA. Nach einem unkomplizierten Autokauf in Washington düsen wir durch Schnee und Regen in Richtung Utah. Obwohl wir stundenlang mit unseren Hardshelljacken im Auto sitzen (ja unser Dach war nicht ganz wasserdicht), kommen wir aus dem Staunen nicht heraus. Die Landschaften hier sind unglaublich, alles scheint vergrößert und wirkt endlos – genauso wie unsere Fahrstrecke. Nach drei Tagen kommen wir endlich in Moab, Utah an.

Indian Creek

Wer kennt sie nicht, die perfekten Risse aus Indian Creek? Mittlerweile sind wir auf die anderen Mädels aus dem DAV Expedkader Frauen, Laura, Vroni und Paff, gestoßen. Gemeinsam mit weiteren Freunden aus den unterschiedlichsten Ecken dieser Welt probieren wir uns in diesen doch sehr speziellen Klettertechniken der unterschiedlichen Rissbreiten aus.

“Climbing the space, not the wall“ – dieser Satz echot in meinen Gedanken nach, während ich versuche unterschiedliche Gliedmaßen in die Risse zu stecken und verzweifelt Halt zu finden. Während ich da so hänge, lerne ich jeden einzelnen Friend an meinem Gurt kennen und lieben. Nicht nur einmal rede ich mir (und meiner eben gelegten Zwischensicherung) gut zu, um mich zum Weiterklettern zu bewegen. Oft ernte ich hierfür einiges an Gelächter von Schaulustigen am Einstieg, aber wie allseits bekannt: „Was hilft, hilft“! Wir tapen um die Wette, schruppen durch Kamine, sehen und fühlen uns wie Kinder auf einem riesigen Spielplatz.

Ein Klettertag vergeht nach dem anderen, wir gewöhnen uns an das Knirschen des Sandes zwischen den Zähnen und den bräunenden Effekt des Wüstenstaubes, der sich Schicht für Schicht auf unserem Körper ablegt. Mit der Zeit machen wir alle Fortschritte und das Rissklettern fühlt sich nicht mehr wie ein Kampf an, die Bewegungen werden flüssiger und effizienter – es gefällt mir!

Oft genießen wir den Abschluss eines Klettertages mit der untergehenden Sonne, die sich langsam hinter den Horizont schiebt und den ockerfarbenen Sandsteinfels zum Glühen bringt. Wenn ich mit Einbruch der Dunkelheit am Campingplatz ankomme und von züngelnden Lagerfeuern, Gelächter und kühlem Bier begrüßt werde, erfüllt mich eine unglaubliche Zufriedenheit. Ganze drei Wochen leben wir gemeinsam mitten in der Wüste, genießen die Abgeschiedenheit.

Red Rocks

Kaum zu glauben, aber nur einen Steinwurf von Las Vegas entfernt findet man in den Red Rocks vorzügliche Kletterei. Der Kontrast zwischen dreckiger Großstadt und wilder Natur in den Canyons der Red Rocks scheint unwirklich. Das Gebiet ist zwar für Kletterer und Boulderer schon lange kein Geheimtipp mehr und am Wochenende verirren sich viele Stadtmenschen in diese Wildnis. Dennoch findet man abseits der Klassiker noch sehr wenig frequentierte und einsame Touren. Hier wird vornehmlich an weicherem Sandstein geklettert, Wandklettereien an kleinen Schuppen und sandigen Dullen wechseln sich mit Rissen und Kaminen ab. Je nach Felsqualität und Erstbegeher finden sich hier auch öfters Bohrhaken, welche die kniffligeren Stellen einer Tour schon im Voraus ankündigen und entschärfen.

Am Top angekommen schweift der Blick in die Ferne, in der Las Vegas im Hitzeflimmern des Horizontes verschwindet. Auf den meist langen Abstiegen durch die von Wasser ausgeschliffenen Canyons kann man die vielfältige Natur bewundern, die früh im Jahr noch in allen Farben blüht.

Bishop

In den Rocky Mountains hingegen lässt der Frühling auf sich warten und im Yosemite ist fast dauerhaft Regen angesagt. So entscheiden sich Ruben und ich einen Umweg über Bishop zu machen, hier wird uns vor allem Vielseitigkeit versprochen!

In Pine Creek gibt es rauen Granit und neben ein paar klassischen Tradrouten sehr gut eingeborte Sportklettereien. Leider schneit es in den höheren Rockies noch und der bissig kalte Wind treibt uns zum Klettern in tiefere Lagen. Bewaffnet mit Tape, Chalk und einem alten Crashpad spazieren wir etwas planlos durch die High Balls der Buttermilks, dem weltbekannten Bouldermekka! Alles was nicht zu hoch und machbar aussieht, wird ausprobiert. Bereits nach 1,5 Tagen ist die Haut auf unseren Fingerkuppen fast nicht mehr existent und zwingt uns zu einem Ruhetag in den heißen Quellen.

Anschließend genießen wir wohlig warme Sportklettertage in der Owens River George, einer kleinen Kletterschlucht mit idyllischem Flüsschen. Das hiesige Vulkangestein ist eine willkommene Abwechslung für die beanspruchten Fingerkuppen. Die immense Auswahl an Touren lässt uns die Zeit vergessen und ein Klettertag vergeht wie ein Wimpernschlag. Hätte uns nicht die sich bessernde Wettervorhersage fürs Valley weitergezogen, wären wir noch jahrelang damit beschäftigt gewesen uns an den von John Bacher meist solo gekletterten Erstbegehungen aus den 70ern die Zähne auszubeißen.

Yosemite

Eines steht fest: Im Yosemite kann einem nie langweilig werden!

Wir hatten so viele Pläne, können jedoch anfangs nur kurze Mehrseillängentouren machen, denn nachmittags regnet und hagelt es uns sonst aus den Wänden. Dadurch, dass wir so gut wie keine Bigwall Erfahrung haben, stimmen wir uns am Washington Collum auf das technische Klettern ein. Wir versuchen effizient, kraftsparend und trotzdem schnell unterwegs zu sein – drei Eigenschaften, welche ich noch immer nicht ganz mit dem technischen Klettern in Verbindung bringen kann. Mit kiloweise Material am Gurt im Regen quälend langsam fast ohne „echten Felskontakt“ unterwegs zu sein, ist unglaublich ermüdend und vor allem sehr kalt! Doch unsere Mühen sollten belohnt werden…

Lichtblick!

Das Wetter ist für die kommenden Tage gut angesagt – das ganze Valley scharrt mit den Füßen. Jeder, der sich nur halbwegs als Kletterer sieht, will nach rund fünf Wochen instabilerem Wetter endlich an die „echten Wände“. Es wird voll werden!

Als erste „echte“ Bigwall wollen wir die Nose klettern. Glücklicherweise haben Vroni und Marie bereits die ersten Seillängen bis zum Sickle Ledge fixiert. So Jümarn wir in einer Nachtaktion zu viert an den anderen noch schlafenden Seilschaften vorbei. Pünktlich zum Frühstück sitzen wir auf dem Dolt Tower und schon am frühen Nachmittag kommen wir am El Cap Tower an, unserem Tagesziel. Ein breites Band bietet uns vier reichlich Platz und mit Musik, Tanzeinlagen und vorgekochtem Gemüsereis lassen wir es uns so richtig gut gehen. An so viel Luxus in der Wand kann ich mich gewöhnen. Nicht einmal der allnachmittägliche Regenschauer kann uns jetzt die Laune verderben, wir genießen einfach jeden Moment in dieser eindrucksvollen Kulisse.

Die Frage wie man ein Topout der ersten Bigwall übertreffen könnte, beantwortet uns Berni. Er empfängt uns mit Bier, Kuchen und freudestrahlendem Gesicht am Ausstieg der Tour. Da noch keiner wirklich zurück in die Zivilisation will, feiern wir meinen Geburtstag mit einer weiteren Nacht auf dem El Cap. Tief unter uns liegt das malerische Valley mit seinen tiefgrünen Meadows, in dass sich die Wasserfälle mit schäumendem Toben von den umliegenden Granitformationen hinabstürzen.

Es folgen weitere wundervolle Kletterwochen im Valley, in denen ich leider nur einen Bruchteil der Touren klettern kann, die ich mir vorgenommen hatte. Die Liste der Wunschtouren, die ich gerne mal im Valley klettern wollen würde, ist so lang, dass sie noch einige Kletterreisen ins Valley füllen wird. Die Devise ist also: Stärker werden und wiederkommen! Und Wiederkommen werden wir auf jeden Fall!

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