1. MZ.de
  2. >
  3. Mitteldeutschland
  4. >
  5. Dresden: "Der Satiriker ist ein gekränkter Idealist: Er will die Welt gut haben, sie ist schlecht, und nun rennt er gegen das Schlechte an." Diese Beschreibung Kurt Tucholskys von 1919 passt durcha...

Dresden "Der Satiriker ist ein gekränkter Idealist: Er will die Welt gut haben, sie ist schlecht, und nun rennt er gegen das Schlechte an." Diese Beschreibung Kurt Tucholskys von 1919 passt durchaus auf die sehr gegenwärtige Malerin Erika Lust.

Von Bärbel Böttcher 16.04.2010, 12:27
Das umstrittene Nacktbild der Künstlerin Erika Lust, das Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) zeigt, darf wieder öffentlich gezeigt werden. (FOTO: DPA)
Das umstrittene Nacktbild der Künstlerin Erika Lust, das Dresdens Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) zeigt, darf wieder öffentlich gezeigt werden. (FOTO: DPA) dpa-Zentralbild

Halle/MZ. - Sie stellte die Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) nackt dar - mit Strapsen und Amtskette. Die Künstlerin wollte so gegen die inzwischen berühmt-berüchtigte Waldschlößchenbrücke protestieren. Der Bau zog bekanntlich die Aberkennung des Unesco-Welterbetitels für das Elbtal nach sich, was nicht wenige Sachsen in Rage brachte. Auch Frau Lust. Und da sich Helma Orosz für die Elb-Querung eingesetzt hatte, wurde sie zur Zielscheibe der Kritik: "Frau Orosz wirbt für das Welterbe" heißt ihr Gemälde.Das entfachte nun wieder den Zorn der so Gescholtenen. Sie sah ihre Intimsphäre verletzt, zog vor Gericht und unterlag in zweiter Instanz. Das Oberlandesgericht fand eine umfangreiche Begründung dafür, dass das Bild gezeigt werden darf. Man kann es kurz machen und nochmals Tucholsky bemühen. Der antwortete auf die Frage, was Satire darf: alles.Nun kommt man - zumal als Frau - nach der Betrachtung des Gemäldes nicht umhin, ein gewisses Mitgefühl für die Abgebildete zu entwickeln. Selbst die Künstlerin zeigt sich sensibel. Sie will das Bild nicht mehr auf ihrer Homepage zeigen - solange nicht, bis es etwas in Vergessenheit geraten ist. Aber viel Hoffnung sollte Helma Orosz da nicht reinsetzen. Wie hat ihr Dresdner Landsmann Erich Kästner gesagt: Wenn über eine Sache Gras gewachsen ist, kommt bestimmt ein Kamel, das es runterfrisst.

Die Künstlerin Erika Lust steht während der Verhandlung in einem Saal des Oberlandesgerichtes in Dresden neben einem verdeckten Gemälde mit der entblößten Dresdner Oberbürgermeisterin Orosz (CDU). (FOTO: DPA)
Die Künstlerin Erika Lust steht während der Verhandlung in einem Saal des Oberlandesgerichtes in Dresden neben einem verdeckten Gemälde mit der entblößten Dresdner Oberbürgermeisterin Orosz (CDU). (FOTO: DPA)
dpa-Zentralbild