Politik

"Unsolidarisches Verhalten" De Maizière droht Osteuropäern

An der Blockade-Haltung einiger osteuropäischer Länder scheitert eine verbindliche Verteilung von Zehntausenden Flüchtlingen auf EU-Länder. Das sorgt für erheblichen Unmut bei der Bundesregierung. Sie erwägt nun eine Kursverschärfung.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat sich enttäuscht über die fehlende Zustimmung etlicher europäischer Staaten zu verbindlichen Quoten bei der Verteilung von Flüchtlingen geäußert. Im ZDF sprach er von einem "unsolidarischen Verhalten der Minderheit". Man sei von einer dauerhaften Verteilquote "weit entfernt". Die Situation sei so, das den Ländern die sich verweigern nichts passiert. An ihnen gehen die Flüchtlinge eben vorbei", sagte er. Dann müsse man "über Druckmittel reden". Er schließe sich daher dem Vorschlag des Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker an, die Verweigerungshaltung mancher Länder mit Kürzungen von EU-Mitteln zu beantworten. Dazu verwies er etwa auf Strukturhilfen von der Europäischen Union.

De Maizière will den Druck auf osteuropäische Länder verschärfen.

De Maizière will den Druck auf osteuropäische Länder verschärfen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ebenfalls im ZDF warnte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn eindringlich vor einem Scheitern Europas. "Wir haben ein Problem", sagte er mit Blick auf die sogenannten Visegrad-Länder - also Tschechien, Polen, Ungarn und Slowakei. Sie bräuchten "Verständnis und Ermutigung". Aufgabe sei es nun, sie an Bord zu holen. Wenn Europa an der Flüchtlingsfrage scheitere, gebe es kein Europa mehr, sagte er weiter.

Am Vorabend hatten die EU-Innenminister angesichts des Widerstands osteuropäischer Staaten keinen Konsens zur Verteilung von 120.000 Flüchtlingen in Europa zu erzielen können. Die Entscheidung wurde auf das nächste Treffen im Oktober vertagt.  Eine "große Mehrheit" sei bereit, der Verteilung der Flüchtlingen zuzustimmen, sagte der luxemburgische Minister Jean Asselborn. "Aber nicht alle sind an Bord."

CSU: Es kommt Bewegung

Es sei nicht möglich gewesen, "ein einstimmiges Ergebnis zu erzielen", hatte de Maizière gesagt. "Einige Staaten fühlen sich offenbar einer solidarischen Verantwortung angesichts dieser großen Herausforderung jedenfalls noch nicht verpflichtet." Deutschland, Frankreich und andere Staaten hätten deshalb die EU-Ratspräsidentschaft bitten müssen, "hierüber eine Mehrheitsentscheidung herbeizuführen", an die sich dann auch die Gegner einer Verteilung halten müssten.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sieht indes Fortschritte im Umgang mit dem Zustrom von Menschen nach Europa. "Es sind im Vergleich zur Situation vor zwei oder drei Monaten schon gewaltige Fortschritte erreicht worden", sagte der CSU-Politiker im Deutschlandfunk. "Ich hoffe, dass jetzt im Oktober wirklich eine Lösung gefunden wird." Die Bundesregierung, aber auch die EU, hätten lange die Brisanz der wachsenden Flüchtlingsströme, die über Länder wie Italien kämen, ignoriert.

De Maizière: Eventuell mehr Geld für Länder

Mit Blick auf den anstehenden Gipfel mit den Ministerpräsidenten der Länder deutete der Ressortchef an, dass die Mittel des Bundes möglicherweise nochmals erhöht werden müssten. Es gehe aber auch darum, Unterkünfte zu errichten. Inzwischen gebe es im Innenministerium einen Krisenstab sowie regelmäßige Telefon-Konferenzen mit den Ländern.

Nicht antasten will de Maizière bislang seine Prognose zur Zahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge in diesem Jahr. Am Vortag hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel gesagt, er rechne statt mit 800.000 nun mit einer Million ankommenden Menschen. De Maizière verwies zur Begründung für die Beibehaltung auf falsche Außenwahrnehmungen solcher Aussagen. So sei die Zahl von 800.000 in Afghanistan etwa als Quote und damit als Aufforderung zur Eile interpretiert worden.

Quelle: ntv.de, jwu/AFP

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