Politik

Geld wichtiger als die Wahrheit Fox News warb für Trumps Lügen, glaubte sie aber nicht

Die populären Gesichter von Fox News: Tucker Carlson, Laura Ingraham und Sean Hannity. (Archiv)

Die populären Gesichter von Fox News: Tucker Carlson, Laura Ingraham und Sean Hannity. (Archiv)

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Ein Gerichtsprozess um die Verbreitung der Wahlbetrugsvorwürfe des früheren US-Präsidenten Trump durch Fox News bringt pikante Details ans Licht. Interne Kommunikation belegt: Mit voller Absicht verbreiteten die Moderatoren falsche Vorwürfe. Es ging offenbar um Quote.

Nach dem Wahlsieg von US-Präsident Joe Biden im Jahr 2020 verstiegen sich unzählige Republikaner in dem Glauben, der Wahlsieg sei dem Amtsinhaber Donald Trump durch massiven Wahlbetrug "gestohlen" worden. Die konservativen Medien hatten wohl den größten Anteil daran, dass die angebliche "Big Lie", die große Lüge, permanent im Gespräch blieb. Allen voran der einflussreiche Fernsehsender Fox News mit seinen populären Gesichtern Tucker Carlson, Sean Hannity und Laura Ingraham. Nun zeigen Gerichtsunterlagen: Weder die Moderatoren noch ihre Chefs glaubten daran, verbreiteten sie aber trotzdem permanent.

Die entsprechenden Textnachrichten und Zeugenaussagen stammen aus der Klage des Wahlmaschinenherstellers Dominion Voting Systems. Das Unternehmen will wegen Verleumdung 1,6 Milliarden Dollar von Fox News.

Schon die Einleitung des Klagedokuments hat es in sich.

Schon die Einleitung des Klagedokuments hat es in sich.

(Foto: Screenshot / Farnan LLP)

Trumps Anwalt Rudy Giuliani und Fox News verbreiteten unter anderem die Behauptung, die Wahlmaschinen könnten Stimmen für einen Kandidaten löschen und einem anderen zuschanzen. Die Funktion sei für den ehemaligen venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez entwickelt worden. In der Klage führt Dominion an, dass kein einziger Zeuge bei Fox News ausgesagt hat, dass die Anschuldigungen gegen das Unternehmen den Tatsachen entsprachen.

"Keine Belege"

"Übrigens lügt (Trumps Anwältin Sidney Powell). Ich habe sie erwischt", schrieb Carlson Mitte November an seine Kollegin Ingraham, wie die "New York Times" ausführt. Die Moderatorin antwortete: "(Sie) ist bekloppt. Niemand will mit ihr arbeiten. Das Gleiche gilt für Rudy (Giuliani)." Carlson machte klar, dass er wisse, dass die Zuschauer es glaubten, er aber nicht. Interne Faktenprüfungen bei Fox News ergaben: "Falsch", sowie später "keine Belege für weit verbreiteten Betrug".

Fox News prognostizierte als erster US-Fernsehsender den Wahlsieg von Joe Biden. Danach stürzten die Einschaltquoten in den Keller.

Fox News prognostizierte als erster US-Fernsehsender den Wahlsieg von Joe Biden. Danach stürzten die Einschaltquoten in den Keller.

(Foto: Screenshot / Farnan LLP)

Die Wahl hatte am 3. November stattgefunden, die Auszählung zog sich über Tage hin. Rupert Murdoch, der Inhaber des konservativen Medienimperiums Fox, zu dem auch der Nachrichtensender gehört, sagte bereits kurz nach der Wahl über Trumps Betrugsvorwürfe, sie seien "really crazy stuff", richtig verrückt. Fox-News-Chefin Suzanne Scott sagte aus, sie habe spätestens am 7. November geglaubt, dass Biden die Wahl gewonnen habe. Der Fox-News-Programmchef sagte aus, es entspreche nicht den Tatsachen, auf Sendung zu sagen, die Wahl sei gestohlen worden. "Ich habe es nicht eine Sekunde lang geglaubt", sagte Sean Hannity aus. Hannity gilt als treuer Vertrauter Trumps.

Warum aber verbreiteten die Moderatoren weiterhin die Geschichten von Trumps Mitarbeitern - eine Lüge, die auf der Idee eines beschwipsten Rudy Giuliani am Wahlabend basiert haben soll -, und warum wurden sie von ihren Chefs nicht aufgehalten? Der Grund dürfte Geld sein. Fox News hatte als erster US-Fernsehsender den Wahlsieg von Joe Biden prognostiziert. Danach stürzten jedoch die Einschaltquoten in den Keller und Trump weigerte sich, den Sieg seines Konkurrenten anzuerkennen. Also begannen die Moderatoren, die Verschwörungstheorien von Giuliani und Co. zu verbreiten und permanente Zweifel zu säen.

"Feuert sie"

Die Klage enthält geschwärzte Stellen.

Die Klage enthält geschwärzte Stellen.

(Foto: Screenshot / Farnan LLP)

Die Klage enthält lange geschwärzte Stellen, welche auf Antrag von Fox News die interne Kommunikation des Senders verbergen. Am 12. November twitterte eine Fox-News-Reporterin die Faktenprüfung eines Trump-Tweets, der sich auf eine Sendung der TV-Station bezog - und sagte, es gebe keine Beweise für Wahlbetrug mit Dominion-Wahlmaschinen. Carlson, Hannity und Ingraham tauschten sich darüber aus, Carlson forderte: "Bitte feuert sie. Es muss noch heute Abend aufhören. Es schadet nachweisbar dem Unternehmen. Der Aktienkurs ist unten. Kein Witz." Der Tweet verschwand über Nacht.

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Dominion muss in dem Prozess belegen, dass Fox News nicht nur berichtete, sondern Gäste des Senders, Moderatoren oder Chefs mit böser Absicht handelten, also sich bewusst waren, dass in den Sendungen gelogen wurde und es trotzdem erlaubten, oder dass sie grob fahrlässig nicht den Wahrheitsgehalt überprüften. Die nun veröffentlichten Informationen legen nahe, dass beide Fälle zutreffen. Die Klage enthalte direkte Beweise für die böse Absicht bei Fox News, wird ein Juraprofessor von der "New York Times" zitiert. Es sei unter vergleichbaren Fällen eine der am besten belegten Anklagen.

Den Moderatoren könnten ebenfalls juristische Folgen wegen ihres Verhaltens in den Wochen nach der Wahl drohen. Laut US-Gesetz haben Journalisten eine Sorgfaltspflicht. Sie können nicht dafür belangt werden, über falsche Aussagen zu berichten, wohl aber, wenn sie dafür werben. Fox News sagt, es habe getan, was alle Nachrichtenunternehmen tun würden: Berichten und Kommentieren über etwas mit Nachrichtenwert. "Wir haben unsere Verpflichtung erfüllt, vollständig zu informieren und fair zu kommentieren", heißt es in der Verteidigungsschrift des Senders.

Quelle: ntv.de

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