Politik

"Abnormalitäten" beim Referendum In der Türkei haben auch Tote gewählt

Präsident Erdogan und seine Frau Emine am Tag des Referendums.

Präsident Erdogan und seine Frau Emine am Tag des Referendums.

(Foto: REUTERS)

Ob Recep Tayyip Erdogan mit seinem Referendum das Mandat für sein Präsidialsystem bekommen hat, ist umstritten. Es gibt eine lange Liste an Unregelmäßigkeiten bei der Wahl. Beobachter ergänzen sie nun um eine Skurrilität.

In der Provinz Eyyübiye hat auch ein Mann mit dem Namenskürzel E.E. abgestimmt. Zumindest theoretisch. Praktisch ist E.E. Ende März gestorben. Als die Türken Mitte April über die Einführung eines Präsidialsystems abgestimmt haben, dürfte E.E. längst begraben gewesen sein.

Seit dem Referendum in der Türkei gehen allabendlich Tausende Türken auf die Straße und demonstrieren.

Seit dem Referendum in der Türkei gehen allabendlich Tausende Türken auf die Straße und demonstrieren.

(Foto: AP)

In ihrem Bericht zum Referendum in der Türkei, der kürzlich vorgestellt wurde, ergänzen die Wahlbeobachter der Nichtregierungsorganisation Hayir ve ötesi (Nein und darüber hinaus) die lange Liste der Unregelmäßigkeiten bei der Volksbefragung nun unter anderem um die Skurrilität toter Wähler.

Der letzte Zensus, in dem die Wahlberechtigten erfasst wurden, stammt laut Hayir ve ötesi aus dem Jahr 2012. Die Organisation dokumentiert, dass in mehr als 7000 Wahlurnen genauso viele Stimmzettel landeten, wie es registrierte Wähler gab – in mehr als 2000 Fällen sogar mehr.

Ein unsicheres Ergebnis

Als eine weitere "Anomalität" beschreiben die Wahlbeobachter, dass in etlichen Wahllokalen, in denen die Oppositionsparteien CHP und HDP, die für ein Nein beim Referendum geworben haben, bei den Parlamentswahlen im Jahr 2015 noch nennenswerten Zuspruch genossen, nun zu 100 Prozent mit Ja abgestimmt wurde.

Auch ohne tote Wähler und der angeblichen vollständigen Pulverisierung der Opposition gab es bereits erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Ergebnisses. Hauptkritikpunkt: Die höchste Wahlkommission der Türkei hat auch Stimmzettel ohne den offiziellen Stempel anerkannt. Diese sind nicht fälschungssicher.

Theoretisch könnte es sein, dass sich die Türkei in Wahrheit mehrheitlich für ein Nein zum Präsidialsystem statt für ein Ja ausgesprochen haben. Die beiden Lager trennten am Ende rund 1,4 Millionen Stimmen. Es ist von bis zu 2,5 Millionen Stimmzetteln ohne Stempel die Rede.

Die Parteien CHP und HDP versuchen auch juristisch auf eine Annullierung der Wahl zu drängen. Präsident Recep Tayyip Erdogan und die regierende AKP lehnen Debatten über die Rechtmäßigkeit des Referendums ab.

Quelle: ntv.de, ieh

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