„Bewundert mich!“
„Alles dreht sich um mich, ich bin besser als andere und zu bewundern“, so könnte man die Einstellung eines Menschen mit narzisstischer Persönlichkeitsstörung beschreiben. Dahinter kann die Kompensation eines Minderwertigkeitsgefühles stecken. Gesunde narzisstische Anteile braucht jeder, um sich behaupten zu können.
Wunderbar was du da gezeichnet hast, du bist großartig! Lob und Anerkennung, die ein Kind für seine ersten Worte, Schritte und Kritzeleien bekommt, sind unbedingt notwendig. „Dieser primäre Narzissmus ist die Basis für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung und Selbstbewusstsein“, sagt Primar Anton Tölk, Leiter des Instituts für Psychotherapie und des Zentrums für Psychosomatik in der Wagner-Jauregg-Klinik Linz. Gleichzeitig muss das Kleinkind aber auch lernen, dass sich nicht alles und alle nur um sein Wohl drehen.
Fehlt die positive Spiegelung durch die Eltern oder Bezugspersonen, kann das Kind keinen gesunden Selbstwert aufbauen. Die Folge kann die Kompensation des Mangels durch Selbstverliebtheit und die Gier nach Bewunderung sein. Der Mensch versucht den Mangel ein Leben lang aufzufüllen, wird aber nie zufrieden sein. Auch wenn ein Kind „vergöttert“ wird und keine Grenzen zu akzeptieren lernt, kann es sich zum Narzissten mit extremer Selbstüberschätzung entwickeln. Typische Symptome einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung:
• Größengefühl in Bezug auf die eigene Bedeutung. Betroffene übertreiben z.B. ihre Leistungen und Talente, erwarten, ohne entsprechende Leistung als bedeutend angesehen zu werden.
• Beschäftigung mit Phantasien über unbegrenzten Erfolg, Macht, Scharfsinn, Schönheit oder ideale Liebe.
• Überzeugung, besonders und einmalig zu sein und nur von anderen besonderen Menschen verstanden zu werden.
• Bedürfnis nach übermäßiger Bewunderung.
• Ausnutzen von zwischenmenschlichen Beziehungen, um eigene Ziele zu erreichen.
• Mangel an Empathie; Ablehnung, Gefühle und Bedürfnisse anderer anzuerkennen.
• Häufiger Neid auf andere.
• Arrogante, hochmütige Verhaltensweisen.
„Menschen mit krankhafter narzisstischer Persönlichkeitsstruktur können Besitz, Erfolg und Beziehungen nicht genießen, weil sie vom Geltungsdrang getrieben sind“, meint Tölk und sagt: „Auch Unternehmer oder Spitzensportler zeigen oft erhebliche narzisstische Anteile, was von Haus aus nicht krankhaft ist.“
Josef F. aus Amstetten, der seine Tochter 24 Jahre lang in einem Kellerverlies einsperrte und missbrauchte, ist für Primar Tölk ein typisches Beispiel für einen Menschen mit schwerer narzisstischer Störung. Er zeigte emotional keine Schuldgefühle für seine Taten. „Das narzisstische Störungsbild zeigt sich überwiegend bei Männern, Frauen neigen eher zu Borderline-Störungen, die der narzisstischen ähnlich sind. Sie fühlen sich innerlich zerrissen, haben Sehnsucht nach Nähe, halten sie aber gleichzeitig nicht aus“, erklärt der Psychiater.
Wir haben alle verschiedene ererbte und erworbene Persönlichkeitsanteile in uns, die normalerweise ausgewogen vorhanden sind. Ist ein Anteil zu stark oder zu schwach ausgebildet, zeigt sich das in einem hervortretenden Charakterzug wie etwa egoistischem oder schüchternem Verhalten. Dominiert ein Anteil krankhaft, sodass er Denken, Fühlen, Wahrnehmung und Beziehungsleben beeinflusst, spricht man von Störung.
Mit Kritik können Narzissten nicht umgehen, schuld sind immer die anderen, auch Krankheit ist schwer zu verkraften. Scheitern solche Menschen, drohen Selbstmord, Alkoholabhängigkeit oder innere Isolation. „Krisen können eine Chance zur Veränderung sein, wenn der Betroffene seinen Mangel erkennt“, sagt Tölk.
