Warum die Kangia-Ringelrobbe eine kleine Sensation ist

In Grönland haben Forschende eine seltene Robbenpopulation beschrieben. Was die Tiere aus der Arktis besonders macht und warum die Entdeckung für Einheimische keine Überraschung ist.

Von Nina Piatscheck
Veröffentlicht am 10. Nov. 2023, 09:46 MEZ
Kania-Robbe liegt auf der Seite im Schnee

Die Ringelrobbe ist die Robbenart, die in der Arktis am häufigsten vorkommt. Nun wurde in Grönland ein Ökotyp entdeckt, der sich genetisch über Jahrtausende anders entwickelt hat als seine Verwandten (hier im Bild).

Foto von seeman6628 / Adobe Stock

Rund 3.000 Tiere, die einfach anders aussehen als ihre Artgenossen: Dass sich die Ringelrobben (Pusa hispida) im Ilulissat Eisfjord in Grönland von ihren Verwandten im Rest der Arktis unterscheiden, wissen die Inuit in dieser Region schon lange. Die Färbung des Fells ist anders, die Robben werden sichtbar größer. 

Was dazu geführt hat, hat nun ein Forschungsteam untersucht. Es fand heraus, dass sich die Robben-Population in diesem Teil Grönlands über 100.000 Jahre vollkommen unabhängig von anderen Robben in der Arktis entwickelt hat. Die Gruppe bildet somit einen bis dahin unbeschriebenen Ökotyp. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachmagazin Molecular Ecology veröffentlicht – und der Ökotyp nach seinem Lebensraum benannt: Kangiat-Ringelrobbe, nach dem grönländischen Namen für den Ilulissat Eisfjord. 

Auf der linken Seite sieht man die Kangia-Ringelrobbe, rechts eine Verwandte.

Foto von Pinngortitaleriffik

„Die kleine Gruppe dieser Ringelrobben unterscheidet sich genetisch sehr von den anderen Ringelrobben – obwohl sie mit anderen Robben in Kontakt ist“, sagt Aqqalu Rosing-Asvid, Mitautor der Studie und Forscher am Pinngortitaleriffik, Grönlands staatlichem Institut für Umweltforschung in Nuuk. Die genetischen Unterschiede des neuen Ökotyps zeigen sich unter anderem in ihrem Fell: So sind die für ihren Namen verantwortlichen Ringel bei der untersuchten Robbengruppe deutlich sichtbarer. 

Die Einheimischen rund um das Ilulissat Eisfjord unterscheiden die Ringelrobben schon lange. Sie nennen die einen Kitaajaqqat (für „die kleineren Robben aus dem Westen“) und die anderen Kangiat (für „die aus Kangia“). 

Die Unterarten der Ringelrobbe

Ringelrobben lieben Eis und leben deshalb vor allem in den polaren und subpolaren Regionen der Nordhalbkugel. Insgesamt sind laut Angaben von Aqqalu Rosing-Asvid aktuell fünf Unterarten bekannt. Alle leben geografisch voneinander getrennt. Zwei leben in Seen, also im Süßwasser: im finnischen Saimaa-See und im russischen Ladoga-See. Eine weitere lebt im Ochotskischen Meer an der Ostküste Russlands. Die Ostsee-Ringelrobbe (Pusa hispida botnica) findet man vor allem an den Küsten Schwedens, Estlands und Finnlands. Und die fünfte Unterart findet man in der Arktis bei Grönland. 

Galerie: Überleben an den kältesten Orten der Erde

BELIEBT

    mehr anzeigen

    Letztere ist die am weitesten verbreitete und häufigste Art. Von ihr hat sich der Ökotyp im grönländischen Eisfjord entwickelt. Ein Ökotyp ist keine Unterart, sondern beschreibt eine Population von Tieren oder Pflanzen, die durch bestimmte ökologische Gegebenheiten eine genetische Sonderstellung entwickelt hat.

    Robben bleiben wo sie sind

    Wie es dazu kommen konnte, dass sich die Robben über einen so langen Zeitraum genetisch eigenständig entwickeln konnten, wird nun weiter untersucht. Ein Grund könnte ihre „Sesshaftigkeit“ sein. Diese haben die Forschenden im Rahmen ihrer Studie untersucht: 24 Robben wurden mit Sendern versehen und zwischen 2012 und 2020 getrackt. Nur eines der beobachteten Tiere verließ das Gebiet in der Zeit. 

    „Dieses hohe Maß an Standorttreue unterscheidet sich deutlich von anderen bisher untersuchten Ringelrobben-Populationen“, heißt es in der Studie. Jungtiere anderer Populationen legen Tausende Kilometer in der Arktis zurück. 

    loading

    Nat Geo Entdecken

    • Tiere
    • Umwelt
    • Geschichte und Kultur
    • Wissenschaft
    • Reise und Abenteuer
    • Fotografie
    • Video

    Über uns

    Abonnement

    • Magazin-Abo
    • TV-Abo
    • Bücher
    • Disney+

    Folgen Sie uns

    Copyright © 1996-2015 National Geographic Society. Copyright © 2015-2024 National Geographic Partners, LLC. All rights reserved