NaturFreunde-Leitfaden erklärt Beteiligungsmöglichkeiten im Umweltrecht

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Was tun, wenn eine Umgehungsstraße durch mein Naherholungsgebiet geplant wird oder Bäume in meinem Wohngebiet gefällt werden sollen? Gehe ich zum Rechtsanwalt? Oder zu einem Umweltverband? Schlage ich bei der Zeitung Alarm oder besser in der Stadtverordnetenversammlung?

Auch Umweltverbände und Bürgerinitiativen können nicht immer passende Ratschläge geben.  Handlungsmöglichkeiten für Bürger*innen sind zwar vielfältig, aber durch den Paragrafendschungel schwer zu überblicken. Bundesrechtliche Regelungen zur Öffentlichkeitsbeteiligung erklärt das Unabhängige Institut für Umweltfragen seit vielen Jahren, weiterführende Informationen in einer handlichen Gesamtübersicht findet man jedoch nirgendwo. Aus diesem Grund haben die NaturFreunde einen Leitfaden zur Öffentlichkeitsbeteiligung des Landesbüros der brandenburgischen Naturschutzverbände im vergangenen Jahr gemeinsam mit dem Verfahrensrechtler Tim Stähle und der finanziellen Unterstützung der Landeszentrale für politische Bildung runderneuert. Der Leitfaden gibt Antworten auf häufig gestellte Fragen und soll ermutigen, sich ein Bild von seinen Möglichkeiten und Ansprechpartnern zu machen.  

Rein in den Paragrafendschungel

Entstanden ist ein Überblick über das Umweltrecht – eine Landkarte für den grünen Paragrafendschungel. Der Leitfaden gibt Einblick, welche Verfahrensarten es gibt und wo sich Bürger*innen und Verbände beteiligen. Und er zeigt, wie man sich wehren kann, von der Aufsichtsbeschwerde über Anzeige, Petition, Beschwerde, Bürgerbegehren bis hin zur gerichtlichen Überprüfung einer Baugenehmigung – also einer Klage.

Zwar nimmt der Leitfaden spezifische brandenburgische Regelungen auf, aber die Unterschiede im Planungs- und Umweltrecht der Länder sind für Laien eher gering. Er ist also – mit Abstrichen – auch jenseits der brandenburgischen Landesgrenze nutzbar.

Das Planungsrecht in Deutschland ist im Hinblick auf Umwelt- und Öffentlichkeitsbeteiligung zwar verbesserungsbedürftig. Viele Betroffene nehmen die Öffentlichkeitsbeteiligung als Farce wahr – bürokratisch, bürgerfeindlich, undemokratisch. Das gilt insbesondere für Bürger*innen, die sich gegen bergrechtliche Planungen oder Straßenplanungen wehren. Aber das Planungsrecht bietet schon jetzt auch gute Instrumente, sich für die Umwelt einzusetzen.

Rein in die öffentliche Auseinandersetzung

Meist ist es sinnvoll, rechtliche Schritte mit politischer und Öffentlichkeitsarbeit zu koppeln. Schließlich wollen die Menschen vor Ort informiert werden. Die „Arbeit“ mit politischen Entscheidungsträgern kann Verständnis für die Anliegen der Bürger*innen und den Naturschutz wecken. Daher liefert der Leitfaden Ideen und Anregungen für  politische Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit, von vereinsrechtlichen Fragen über Veranstaltungsplanung bis hin zur Pressearbeit. Im dritten Teil des Leitfadens findet der Leser wichtige Adressen, um Rat einzuholen.

Die NaturFreunde Brandenburg haben eine solche Auseinandersetzung bei einer geplanten Hotelerweiterung in einen Uferbereich und Schilfgürtel hinein – mitten in einem europäischen Vogelschutzgebiet – im nordbrandenburgischen Lychen durchgekämpft.

Im Jahr 2014 klagten sie gegen eine Baugenehmigung durch den Landkreis Uckermark; erfolgreich im Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht Potsdam und auch nach einer Beschwerde durch den Vorhabenträger vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg.

Aber es blieb nicht beim klassischen und immer noch laufenden Klageverfahren. Mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde machten die NaturFreunde Brandenburg die Landesregierung auf die Fehlentscheidung des Landkreises aufmerksam. Der Projektträger steckte nicht zurück. Ein Bebauungsplanverfahren und eine Änderung des Flächennutzungsplans wurden von der Kommune angeschoben, in denen sich die NaturFreunde im vergangenen Jahr mit einer ausführlichen Stellungnahme beteiligten.

Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit war wichtig, um die Menschen vor Ort zu informieren; erst recht, weil auch hier der Vorhabenträger sehr aktiv war. Abgeordnete von Bundes- wie auch Landtag versuchten auf die NaturFreunde Einfluss zu nehmen. Der Verband wurde in der Folge in der öffentlichen Diskussion immer präsenter und konnte eine Ortsgruppe gründen, die sich nicht nur um den betroffenen Wurlsee kümmert sondern um weitere Gewässer wie auch naturnahe Tourismusangebote.

Dennoch - eine Auseinandersetzung auf verschiedenen Ebenen kostet Zeit, Nerven und Geld. Aber sie lohnt.

Rüdiger Herzog
Dr. Utz Andelewski
Fachreferat für Partizipation und Planungsrecht
Wolfgang Beiner, Geschäftsführer
NaturFreunde Brandenburg
www.naturfreunde-brandenburg.de
mail@naturfreunde-brandenburg.de
(0331) 201 55 41