Vorkaufsrecht: Es ist Zeit, ein Zeichen zu setzen

Kommentar: Der Berliner Senat muss den Vorkauf in der Weichselstraße 52 bezuschussen

  • Yannic Walther
  • Lesedauer: 2 Min.
Gemeinwohl gibt es nur, wenn das Land Geld zuschießt
Gemeinwohl gibt es nur, wenn das Land Geld zuschießt

Vorkaufsfälle waren schon immer eine Achterbahnfahrt. Bis November 2021 gab es fast jeden Monat eine Hausgemeinschaft, die über ihre Kräfte ging, Himmel und Hölle in Bewegung setzte und in kurzer Zeit zu Baugutachtern und Immobilienwirten avancierte. Das alles, um ihr Haus vor Investoren zu schützen.

Als das Bundesverwaltungsgericht das Instrument dann kippte, fielen engagierte Hausgemeinschaften und Politiker in eine Schockstarre. Dass es überhaupt so weit kommen konnte, liegt an der Architektur des Baugesetzbuches. Dort geht es nicht darum, womöglich irgendwann Drohendes zu verhindern. Gewarnt wurde vor dieser Regelungslücke, doch geändert wurde nichts.

»Etwa 100 Häuser sind in Neukölln seitdem verkauft worden, ohne dass wir die Chance hatten, einzugreifen«, sagt der Neuköllner Bezirksstadtrat Jochen Biedermann (Grüne). Jetzt will er in der Weichselstraße 52 und der Hermannstraße 123 wieder Handlungsfähigkeit zeigen. Das geht rechtlich nur, weil hier ein besonderer baulicher Missstand vorliegt. Von Bedeutung ist also nicht ein negativer Zustand in der Zukunft, der verhindert werden soll, sondern das, was bereits Realität ist.

Das Vorkaufsrecht zielt also auf die Beseitigung. Heißt: Wenn eine Genossenschaft als alternativer Käufer in den Vertrag eingesetzt wird, muss diese das Haus auch sanieren. Allein ist das aber nicht zu stemmen. Der Senat muss deshalb unbedingt Geld zuschießen.

Selbst SPD-Bausenatoren beklagen, dass die FDP im Bund die Reparatur des Vorkaufsrechtes blockiert. Jetzt ist die Zeit gekommen zu handeln, statt nur an den Bund zu appellieren. Wenn die SPD in der Bundesregierung es nicht schafft, eine Reform des Vorkaufsrechts durchzusetzen, muss die SPD im Senat sich wenigstens für die Zuschüsse starkmachen.

Es geht hier um Familien, die ihr Zuhause nicht verlieren wollen, um einen Nahversorger, der nicht von einem Co-Working-Space verdrängt werden will. Und es geht hier um mehr. Um ein Zeichen, dass Berlin nicht machtlos ist gegenüber Investoreninteressen.

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