Kurz wollte Schmids Ambitionen angeblich einbremsen

Aktualisiert am 20. Oktober 2023 | 14:52
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Sebastian Kurz soll am Freitag vor Gericht sprechen
Sebastian Kurz soll am Freitag vor Gericht sprechen
Foto: APA/HELMUT FOHRINGER
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Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat am Freitag erstmals zu den Vorwürfen gegen ihn vor Gericht Stellung genommen. Ihm wird Falschaussage im Ibiza-Untersuchungsausschuss vorgeworfen. Kurz betonte abermals seine Unschuld und begründete seine Aussagen zum Teil mit der Stimmung im U-Ausschuss. Er blieb bei seinen Schilderungen der Vorgänge rund um die Bestellung der ÖBAG-Spitze. In seinem Chat mit Thomas Schmid habe er sogar dessen Ambitionen einbremsen wollen, sagte Kurz.

"Ich habe mich schlicht und ergreifend nicht an jedes Detail erinnern können", begründete Kurz seine Aussagen im U-Ausschuss. Zudem habe er vieles allgemein ausgedrückt, um nichts Falsches zu sagen. Auch die Angst vor einem möglichen Strafverfahren habe eine Rolle gespielt, habe es im U-Ausschuss doch viele strafrechtliche Unterstellungen gegeben, kritisierte der Ex-Kanzler. "Ich wusste, dass die Opposition in diesem Untersuchungsausschuss nicht nur das Ziel hat, mich anzupatzen, sondern sie wollten mich einfach zerstören."

"Wenn der Thomas Schmid damals mit mir über die Bestellung gesprochen hat, dann kann ich Ihnen versichern, es war für ihn wichtiger als für mich", entgegnete Kurz ein weiteres Mal den Vorwürfen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), er habe im U-Ausschuss seine aktive Rolle bei der Besetzung der Staatsholding verschwiegen. Schmid habe den Hals nicht vollkriegen können, was der Ex-Kanzler mit der Chat-Nachricht "Kriegst eh alles, was du willst" zum Ausdruck bringen habe wollen. Dieser habe nämlich den Aufsichtsratsvorsitz bei allen Beteiligungen angestrebt. "Ich hätte das für Wahnsinn erachtet", so Kurz.

Nicht ausnahmslose Unterstützung will Kurz von Schmid bei der Bestellung der ÖBAG-Aufsichtsräte erhalten haben, er selbst habe ja den Unternehmer Siegfried Wolf favorisiert, betonte der Beschuldigte immer wieder: "Der Thomas Schmid wollte keinen starken Aufsichtsrat." Und: "Er ist gegen den Wolf, er bekämpft den Wolf." Erstaunt über die geschilderte Situation zeigte sich auch der Richter: "Und das lassen Sie sich alles aufs Aug drücken?" Schmid habe nicht gegen ihn gearbeitet, aber auch seine Eigeninteressen verfolgt, so Kurz.

Zu Aufsichtsratsbestellungen hatte der Ex-Kanzler zuvor schon gesagt, er könne vielleicht vergessen, wen er vorgeschlagen hat, aber nicht, ob er die Entscheidung getroffen hätte, denn: "Ich habe kein Hirn wie ein Nudelsieb." Dass er auch jemand anderen vorgeschlagen habe, komme im Strafantrag schlicht nicht vor. "Ich habe mein Jus-Studium zwar nicht abgeschlossen, aber eines habe ich mir mitgenommen: Vor dem Gesetz sind alle gleich. Ich will nicht jammern, das ist auch gar nicht mein Naturell", so Kurz, der seine Sozialisierung in Wien und sein ehrenamtliches Engagement betonte, denn: "Ich komme aus keiner Königsfamilie."

Bei der Befragung durch den Vorsitzführenden Michael Radasztics wurden Kurz Tonaufnahmen aus dem U-Ausschuss selbst vorgespielt. Immer wieder war auch dabei die dortige Stimmung Thema. Er sei viel zu schlecht vorbereitet gewesen, betonte Kurz immer wieder - "aber ich bin dort mit dem Ziel hingegangen, die Wahrheit zu sagen". Die Stimmung im U-Ausschuss sei anders gewesen, als in vorherigen. Mit Ibiza habe begonnen, "dass die Politik mit dem Strafrecht verquickt worden ist".

Kurz' Anwalt Otto Dittrich kündigte an, dass sein Mandant Fragen der WKStA nicht beantworten werde, jene ausgenommen, die der Richter für die Wahrheitsfindung als wichtig erachte. "Es ist sehr bedauerlich, dass Ihnen Aufklärung nicht am Herzen liegt", bedauerte Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic nach der aus diesem Grund recht kurzen Befragung des Beschuldigten. Am Ende des Verhandlungstages folgte ein Antrag der Verteidigung, Thomas Schmid als ersten Zeugen zu laden. Auch der WKStA kam dies entgegen.

Auch die Nachricht über den Tod des ehemaligen Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek hatte in die Verhandlung kurz hineingespielt. Nach einer kurzen Pause zeigte sich Kurz zwar grundsätzlich bereit, weiter die Fragen des Richters zu beantworten, erwähnte aber, dass er eben gerade von dem tragischen Vorfall gehört habe. Er fände es "komisch", das nicht zu erwähnen, denn "ich habe gestern Abend noch mit Pilnacek telefoniert", so Kurz. "Ich habe das mit einiger Bestürzung eben auch gelesen", antwortete der Vorsitzführende und setzte die Befragung fort.

Neben Kurz von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) beschuldigt ist wegen des gleichen Delikts dessen ehemaliger Kabinettschef und Vertrauter Bernhard Bonelli. Fixiert ist nur mehr ein weiterer Termin am Straflandesgericht Wien, Montag, der 23. Oktober. Zeuginnen und Zeugen sind vorerst noch keine geladen - zu deren Befragung werden weitere Verhandlungstermine ab November vonnöten sein.