Darf der Arbeitgeber ausgezahltes Gehalt zurückfordern?
Dr. Romana Weber-Wilfert: Grundsätzlich kann eine irrtümlich bezahlte Nichtschuld zurückgefordert werden. Eine Einschränkung gibt es jedoch, wenn der Arbeitgeber zu viel bezahlt: Hat der Arbeitnehmer die Entgeltzahlung in gutem Glauben empfangen und auch für Unterhaltszwecke verwendet, so ist eine Rückforderung ausgeschlossen. Der gute Glaube des Arbeitnehmers wird grundsätzlich bis zum Beweis des Gegenteils vermutet.
Dafür ist jedoch ein relativ strenger Maßstab heranzuziehen, sodass bereits dann daran gerüttelt wird, wenn der Arbeitnehmer, der das Geld erhält, bei objektiver Betrachtung an der Richtigkeit des ausbezahlten Betrages zweifeln musste. Die Redlichkeit stellt dabei auf die für bestimmte Personengruppen typischen Durchschnittsfähigkeiten ab, d. h. der gute Glaube beim Empfang ist nicht nach dem subjektiven Wissen des Empfangenden, sondern nach objektiven Kriterien zu beurteilen.
Kriterien für die Beurteilung der Redlichkeit können in diesem Zusammenhang etwa die Höhe des Auszahlungsbetrags, dessen Relation zu den bisherigen Bezügen oder die (In-)Transparenz des Abrechnungssystems sein. Eine Rückforderung ist zum Beispiel möglich, wenn die Zahlung auffällig hoch ist oder etwa der idente Betrag doppelt überwiesen wurde. Ebenso ist ein Gehaltsvorschuss rückforderbar.
Erfolgt eine Zahlung nur vorläufig bis zur endgültigen Abrechnung, so sollte der Arbeitgeber ausdrücklich darauf sowie auch auf die Rückforderbarkeit hinweisen. Andernfalls könnte dem der gutgläubige Verbrauch entgegenstehen.
Dr. Romana Weber-Wilfert
Rechtsanwältin in Mödling
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