Wallenstein Festspiele Altdorf: Abendroths zehntes Jubiläum

6.6.2015, 09:45 Uhr
Wallenstein Festspiele Altdorf: Abendroths zehntes Jubiläum

© Lorenz Märtl

Heuer will er – nachdem er im letzten Festspieljahr pausierte – endlich die Rolle als Bauer spielen. Dass das Feuerholz längst (unfallfrei) gemacht ist, davon überzeugte sich der Regisseur nun selbst, der ins Nester’sche Domizil zur Sonderprobe der Bauern-Szene kam. Sonderprobe deswegen, weil Bauernknabe Oliver Beck in Urlaub war und deswegen nicht geprobt werden konnte.

Wir nutzten diese Sonderprobe im Garten zu einem Gespräch mit Michael Abendroth, der zu seinem Jubiläum – es sind seine zehnten Festspiele in Altdorf – mit vielen neuen Darstellern und einer neuen Inszenierung für neue Impulse sorgen will. Für Wilfried Nester ist es zwischenzeitlich die vierte Rolle, die er im Schiller-Stück übernimmt: Scharfschütz, Wachtmeister, Buttler und jetzt Bauer. Bei Schiller treten der Bauer und sein Sohn auf, in der Abendroth’schen Interpretation wird Nester zum Opa mit seinem Enkel.

Der Text sitzt, sowohl der Opa als auch der Enkel haben sich gut vorbereitet. Der Regisseur ist mit der Probe im Garten zufrieden. So wie mit den anderen Mimen auch: „Ich bin wirklich stolz auf die neue Truppe. Wir haben kürzlich den ersten Teil mal ganz durchgespielt. Das war richtig gut: einfach, gradlinig und spannend, schlank und schnell gespielt.“ Zwanzig Minuten kürzer als die letzte Fassung und das, obwohl man auf der neuen Tribüne jetzt besser und vor allem bequemer sitzt.

„Ich hoffe sehr, dass sowohl die Neugier auf die neue Tribüne als auch auf die Darsteller und die Inszenierung vielen die Entscheidung leicht macht, sich den „neuen“ Schiller zu Gemüte zu führen.“ Neu ist heuer nicht nur die Tribüne – auch sonst gibt es viele Neuerungen. Im Schiller sind es besonders viele. Eigentlich wollte Michael Abendroth die „Abdankung“ von Wallenstein Richard Winter zum Anlass nehmen, ebenfalls aufzuhören. Glücklicherweise kam es nicht dazu, denn Abendroth und Winter, die auch privat befreundet sind, entschlossen sich, die nächste Generation an den Schiller heranzuführen, was natürlich zur Folge hatte, dass man die gesamte Mannschaft verjüngte, ohne langjährigen und verdienten Mitspielern weh zu tun.“

Das habe nichts mit dem Alter zu tun, sagt Abendroth, „aber wir wollten einfach die Gelegenheit ergreifen und eine ganz neue Mannschaft aufstellen.“ Für den Regisseur und damit auch für Altdorf sei dies natürlich ein ganz besonderer Reiz, „weil man wieder neue schauspielerische Qualitäten entdeckt“. „Es sind etliche dabei, die noch nie gespielt haben. Anlass für mich, einen neuen Blick auf die Figuren zu werfen. Das ist dann für mich interessant und ich hab die Rollen dann teilweise umgeschrieben, den Kern der Geschichte aber unverändert gelassen.

Wallenstein Festspiele Altdorf: Abendroths zehntes Jubiläum

© Lorenz Märtl

So will ich den Darstellern gerecht werden und vielleicht eine ganz andere Seite der Figur entdecken.“ Das sei ein Prozess, der in den Proben andauere und immer wieder geändert werde. Als Regisseur sieht er das lockerer als Richard Winter, mit dem er hier einen engen Dialog pflegt. Abendroth: „Der Richard ist immer ganz verzweifelt, wenn ich wieder eine Seite ändere oder eine Szene umstelle.“ So sei der Part der Gräfin Terzky beispielsweise wieder viel umfangreicher geworden, so wie es bei Schiller der Fall ist.

2012 habe er, um der Rolle von Karin Völkl als Baptista Seni mehr Fleisch zu geben, Sachen von der Terzky übernommen, die er jetzt wieder zurückgeführt habe. In der neuen Inszenierung habe man die zentrale Rollen entweder ganz neu besetzt bzw. umbesetzt. In einem Fall musste man dem Gipfel in Elmau Tribut zollen, weil der angestammte Wachtmeister, der gerne wieder gespielt hätte, als Polizist dort gefordert ist. Geändert hat sich auch die Bühne. Da hat man statt der massiven Konstruktion eine praktikablere Lösung gefunden, deren Aufbau teilweise mit ins Spiel hinein integriert wurde. Dies mache auch für den Zuschauer den Einstieg von der Jetzt-Zeit in die Zeit des 30-jährigen Krieges sichtbar.

Abendroth: „Das ist sehr reizvoll, weil es spielerisch geschieht und nicht mehr auf Gruppen und Statisten, sondern auf Sprechrollen fixiert ist. Man kann sich auf die Geschichte konzentrieren, die damit leichter nachvollziehbar wird.“ Die vertrauten Kanonen gibt es nicht mehr. „Einfacher, abstrakter“, heißt die Devise. Es gibt einen neuen Max und eine neue Thekla. Auf die freut sich der Regisseur ganz besonders. „Sarah Christl hat als Soldatenkind angefangen und war da schon hinreissend. Ich hab damals schon gesagt, wenn die sich so weiterentwickelt, und ich noch hier bin und lebe, dann soll das meine Thekla werden und das ist sie jetzt geworden.“

1988 startete Abendroth sein Engagement in Altdorf als Regisseur für das Volksschauspiel. Darauf kommt er deswegen, weil ihm damals ein Student nachhaltig in Erinnerung blieb, an den er sich erinnerte, als er für eine spätere Schiller-Inszenierung mal wieder auf der Suche nach Darstellern war. „Da gab es einen mit so dünnen, langen, blonden Haaren.“ Er habe dann später ein Bild gesehen und gesagt: „Den brauch ich.“ Die Skepsis anderer ließ er nicht gelten und er behielt Recht. Sein Name: Udo Gerstacker, der neue Wallenstein. Abendroth: „Er spielt zwischenzeitlich grandios. Er wird ein ganz anderer Wallenstein als der Richard Winter.“

Vor etlichen Jahren zierte sich Gerstacker noch und Abendroth mühte sich vergeblich um ihn als Darsteller. Als er ihn dann als „Sebisch“ im Volksschauspiel entdeckte, war er erst einmal „stocksauer“. „Ich lauf ihm jahrelang hinterher und er will nicht spielen und dann spielt er plötzlich bei meinem Kollegen.“ Dann kam er doch: mit der Ankündigung, dass man noch einen Wrangel brauche. „Und dann erschien er am nächsten Tag mit gelerntem Text in der Probe und trug den gestochen vor.

Dann sagte ich ihm, tut mir leid, aber der Wrangel ist schon besetzt, aber wir brauchen noch einen Jäger.“ Das war das Strafexerzieren 2003. Die Episode ist längst vergessen und Udo Gerstacker inzwischen ein leidenschaftlicher Schauspieler. „Ein ganz anderer Typ als Richard Winter, der den Wallenstein so wunderbar verkörperte.“ Udo Gerstacker bietet die interessante Gelegenheit „die etwas andere Seiten von Herrn Wallenstein kennenzulernen. Mehr die aggressivere, jähzornigere und einsame Art.“

Es war nicht einfach, genug Leute zu finden, um die Rollen entsprechend zu besetzen. Mit den bisher integrierten Gruppen war es ähnlich. Der Regisseur machte aus der Not eine Tugend und ließ bis auf die zwei Kroaten die Landsknechte und die Holk’schen Jäger ganz weg. Das Stück wird so noch mehr auf das Schauspiel und das Wort fokussiert. Den Prolog spricht Dr. Peter Wack, der zwar mitspielen, aber eine kleinere Rolle wollte, weil er beruflich sehr engagiert ist. Als Rittmeister Neumann ist er noch in der ersten Szene präsent als derjenige, der die Ankunft der Herzogin organisiert.

Ein Darsteller spielt zwei Rollen: Wolfgang Völkl. Da man keinen Jäger fand; wird es die wunderbare Verwandlung von Herrn Questenberg in einen Jäger geben. Den neuen Questenberg verkörpert, „Wolli“, so der Regisseur, „hinreissend, diese Arroganz und diese Überheblichkeit, einfach perfekt.“ Und auch den Jäger bringt er so zur Geltung, wie es das Stück verlangt. Und dass der Gewinn eines Wettbewerbs – das Ehepaar Creußel hatte eine einmalige Rolle im Schiller bei einem vom Verein ausgelobten Wettbewerb gewonnen – von Dauer sein kann, zeigt die neue Inszenierung.Die Creußels sind fest engagiert, als Begleitung der Herzogin.

Gespannt sein darf man auch auf „Hex“ Herbert Creutz, für den sich mit dem „Seni“ ein Traum erfüllt. Man darf sich also auf den „neuen“ Wallenstein freuen, den man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte. Karten für die Vorstellungen im Vorverkauf an den bekannten Stellen.

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