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Neueröffnung

Mit diesem Geschäft will ein rüstiges Rentnerpaar noch einmal durchstarten

Anklam / Lesedauer: 3 min

Im Alter von über 70 Jahren noch ein Geschäft zu eröffnen, das traut sich nicht jeder zu. Für das Rentnerpaar aus dem vorpommerschen Konsages ist das jedoch nichts Ungewöhnliches.
Veröffentlicht:09.01.2024, 19:05

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Schon ihr gesamtes Arbeitsleben bestand für Sabine Reichert und ihren Mann Norbert Leue, die ursprünglich aus dem Brandenburgischen stammen, aus stetigem Wandel und gleich mehreren Neuanfängen. Insgesamt schauen die beiden Kunsthandwerker lieber nach vorn und nie zurück. „Du kannst nur das bereuen, was du nicht gemacht hast“, lautet ihre Devise nun auch in Anklam

Wieder mehr Leute treffen

Sie lieben die Idylle in ihrem kleinen Dorf nördlich der Peene und die Natur. „Manchmal ist es aber auch ein bisschen langweilig“, geben sie zu. Schon vor einiger Zeit hat die 72-Jährige deshalb begonnen, aushilfsweise in einem Anklamer Gebrauchtwarenladen zu arbeiten. Sie liebt den Kontakt zu Menschen und die Gespräche, sagt sie. Damit auch ihr Mann aus dem ländlichen Alltag herauskommt und auf Leute trifft, kamen sie auf die Idee, das zu machen, was sie eigentlich schon immer gemacht haben: einen Laden zu betreiben.

Zu Jahresbeginn haben sie nun in den Räumen der ehemaligen Apotheke am Neuen Markt in Anklam ihr neuestes Geschäft „Mein Laden“ eröffnet. Im Mittelpunkt des Sortiments stehen vor allem Naturmaterialien, wie Wolle, Seide und Baumwolle. Die locker geschnittene italienische Mode, die Sabine Reichert kurz und bündig als „Weiberfummel“ bezeichnet, macht dabei einen großen Teil ihres Angebots aus.

In der ehemaligen Apotheke am Neuen Markt in Anklam hat jetzt „Mein Laden“ von Montag bis Freitag geöffnet.
In der ehemaligen Apotheke am Neuen Markt in Anklam hat jetzt „Mein Laden“ von Montag bis Freitag geöffnet. (Foto: Mareike Klinkenberg)

Spinnkurse geplant

Wärmende Strümpfe, Schals und Handschuhe aus Schaf- und Alpakawolle gibt es außerdem. Wer selbst stricken will, bekommt hier auch selbst gesponnene Wolle, denn das Spinnrad in der Ladenecke ist nicht nur Dekoration. Auch Spinnkurse will das dynamische Unternehmerpaar den Anklamern künftig gern anbieten.

In einem Alter, in dem andere Leute ihr Rentnerdasein genießen, ist Norbert Leue also noch einmal der Chef seiner Frau geworden, die ihn an drei Tagen in der Woche unterstützt. Denn auch ihr Job in „Volker's Kramladen“ ist ihr inzwischen zu sehr ans Herz gewachsen, um ihn komplett an den Nagel zu hängen. Geöffnet ist „Mein Laden“ am Neuen Markt montags bis freitags ab 10 Uhr. 

Das Spinnrad in der Ladenecke ist nicht nur Dekoration, hier wird auch Wolle gesponnen und es soll künftig Spinnkurse geben.
Das Spinnrad in der Ladenecke ist nicht nur Dekoration, hier wird auch Wolle gesponnen und es soll künftig Spinnkurse geben. (Foto: Mareike Klinkenberg)

Vorliebe für Handwerk und Naturfasern

Außer der urigen Werkbank, die die beiden schon viele Jahre, seit sie im Havelland eine alte Stellmacherei übernommen haben, begleitet, kann man in diesem Geschäft nahezu alles käuflich erwerben. Selbst das Mobiliar kann mitgenommen werden. Die antiken, zum Teil aufgearbeiteten Stücke, stammen aus dem Antiquitätenladen „Antik auf dem Pfarrhof“ in Daberkow und sollen dann einfach durch neue alte Schätzchen ersetzt werden, erklärt Sabine Reichert. Auch ausgewählte, hochwertige Secondhand-Textilien stehen zum Verkauf.

Etwas exotisch mutet in dieser Auswahl zunächst ein Regal voller handgemachter Bürsten, Besen, Teppichklopfer und praktischer Haushaltsutensilien an. Doch für Sabine Reichert und Norbert Leu schließt sich der damit der Kreis aus Handwerk und Werkstoffen, Naturfasern und Wolle, die es ihnen schon immer angetan haben. Für wie lange sie denn den Mietvertrag abschließen wollen, hatte der Verwalter bei der Besichtigung des Ladenlokals gefragt, erzählt lebendige Seniorin. Sie antworte prompt:  „Für unbegrenzt natürlich!“ Denn auch über 70 können augenscheinlich Träume, Pläne und Lebensfreude noch unbegrenzt sein.