StartseiteRegionalMecklenburg-VorpommernWas waren die wirklichen Interessen bei Nord Stream 2?

Klimaschutzstiftung MV

Was waren die wirklichen Interessen bei Nord Stream 2?

Schwerin / Lesedauer: 3 min

Wer wusste was, und wer steckte wem bei der umstrittenen Klimaschutzstiftung MV Gelder zu? Und wer hält den Jahresbericht 2021 unter Verschluss?
Veröffentlicht:12.01.2023, 19:07

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Monatelang wurde in insgesamt acht Sitzungen hinter verschlossenen Türen um Beweisanträge und die Herausgabe von Akten gefeilscht – jetzt endlich werden im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) zur Aufklärung der Vorkommnisse rund um die Klimaschutzstiftung MV die ersten Sachverständigen öffentlich gehört. Am Freitag stehen die Sachverständigen Jens Hobohm (Direktor der Prognos AG) und Prof. Christian von Hirschhausen (Technische Universität Berlin) vor dem PUA Rede und Antwort stehen.

„Wir wollen zunächst die energie-, klima- und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen zum Zeitpunkt der Planung der Pipeline Nord Stream 2 untersuchen”, sagte Sebastian Ehlers, Vorsitzender des PUA, im Vorfeld der Sitzung. Die Pipeline sei in Deutschland und auch international schon in der Planungsphase nicht unumstritten gewesen.

DIW und Prognos mit verschiedenen Sichten

Ehlers weiter: „Wir erwarten von den Experten eine umfassende, sachliche Erläuterung der Begründung für den Pipeline-Bau und der Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit der Bundesrepublik Deutschland.” Auch erwarte man eine Darstellung der bereits vor dem Genehmigungsverfahren und auch während der Bauphase öffentlich kommunizierten Kritikpunkte an dem Pipeline-Projekt, so der CDU-Politiker.

Hobohm und von Hirschhausen waren in den Jahren 2017 und 2018 bei ihren Untersuchungen über Sinn oder Unsinn der Pipeline zu entgegengesetzten Ergebnissen gekommen. Hirschhausen war an einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) beteiligt, die zur Auffassung gelangt war, dass eine weitere Ostsee-Pipeline überflüssig sei. Die Prognos AG hatte in ihrer Untersuchung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zum Pipeline-Projekt hingegen einen weiter wachsenden Importbedarf vorhergesagt.

Finanzierung undurchsichtig

Die Klimaschutzstiftung war auf einstimmigen Beschluss des Landtags im Januar 2021 gegründet worden. Unter ihrem Deckmantel sollte der Fertigbau der Gasleitung ermöglicht werden, nachdem die USA beteiligten Firmen mit Sanktionen gedroht hatten. Nord Stream 2 wurde fertig, bekam aber infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine im Februar 2022 keine Betriebserlaubnis von der Bundesrepublik Deutschland.

Völlig undurchsichtig ist die Finanzierung der Klimaschutzstiftung. Die Stiftung hatte von der Nord Stream 2 AG sogenannte Zustiftungen in Höhe von insgesamt rund 20 Millionen Euro erhalten. Zur Fertigstellung der Pipeline Nord Stream 2 hatte der von der Stiftung errichtete wirtschaftliche Geschäftsbetrieb im Auftrag der Nord Stream 2 AG Verträge mit rund 80 Unternehmen mit einem Gesamtvolumen von rund 165 Millionen Euro geschlossen. Die Aufträge sollen in Absprache mit der Nord Stream 2 AG ausgelöst und von dieser vorfinanziert worden sein. Die Stiftung Klima- und Umweltschutz MV soll zehn Prozent der Auftragssummen als Entgelt für ihre Dienstleistungen bekommen haben.

Jahresbericht 2021 fehlt

Allerdings fehlt im Januar 2023 immer noch der Jahresbericht der Klimastiftung aus dem Jahr 2021. Das stößt unter anderem bei den oppositionellen Grünen im MV-Landtag auf scharfe Kritik. „Seit September 2022 warten wir darauf, dass die Stiftung ihre Geschäftszahlen für das Jahr 2021 offenlegt. Auf meine Nachfrage im November vergangenen Jahres hat die Landesregierung bekanntgegeben, dass die Frist bis zum 9. Dezember 2022 verlängert wurde. Doch immer noch nicht ist der Bericht im zuständigen Rechtsausschuss des Landtages angekommen”, betonte Constanze Oehlrich, rechtspolitische Sprecherin in der grünen Fraktion.

Dass Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Linke) als Stiftungsaufsicht dem Rechtsausschuss Informationen vorenthalte, sei ein ungeheuerlicher Vorgang. Oehlrich wörtlich: „Die Justizministerin mauert und die Regierungskoalition lässt sie gewähren. Von Aufklärungswillen und Transparenz fehlt in der rot-roten Landesregierung weiterhin jede Spur.”