SWG erprobt Fensterrecycling

Ein Schritt in Richtung Kreislauf-Baustelle

Freitag
02.06.2023, 16:06 Uhr
Autor:
red
veröffentlicht unter:
Der Bausektor gehört zu den größten Abfallproduzenten des Landes und vielfach hat man kaum eine andere Wahl. Ein Kulturwandel ist dringend nötig, findet man bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SWG. Am Ossietzky Hof will man jetzt mehr Recycling wagen…

Martin Katzol baut am Ossietzky-Hof die alten Fenster aus. Weggeschmissen werden die nicht, das alte Material geht ins Recycling (Foto: SWG Nordhausen/Susanne Schedwill) Martin Katzol baut am Ossietzky-Hof die alten Fenster aus. Weggeschmissen werden die nicht, das alte Material geht ins Recycling (Foto: SWG Nordhausen/Susanne Schedwill)


Gute zwanzig Jahre sind die Fenster im Plattenbau aus DDR-Tagen alt. Nicht so alte wieder Wohnblock selbst, aber dem aktuellen Standard sind die Fenster trotzdem nicht mehr gewachsen und haben ihren Lebenszyklus eigentlich hinter sich. Der dauert bis zu 25 Jahre, je nach Fenster und Gebäude sind es aber auch mal 40 Jahre und mehr, erzählt Alexander Möhne, Vertriebsleiter bei der Firma VEKA Umwelttechnik. Anfang der 90er Jahre hatte man sich auf die Wiederverwertung von Kunststofffenstern spezialisiert, heute betreibt man unter anderem ein Werk bei Eisenach, das rund 50.000 Tonnen Alt- und Produktionsmaterial zerkleinert, sortiert und veredelt.

Was übrig bleibt ist ein Granulat, dass zur Herstellung neuer Fenster genutzt werden kann. „Das ist kein „Down-Cycling“, unser Re-Granulat wird also nicht zu Rohren oder ähnlichem, das PVC geht zurück in die Produktion. Die meisten Fenster haben heute einen Recycling Kern. Das PVC zurückzugewinnen ist ein recht aufwendiger Prozess aber am Ende nachhaltiger als Entsorgung und Neuproduktion und wenn es nach uns geht muss an den Fenster, wie wir sie heute kennen auch nicht viel verändert werden. Das funktioniert alles ganz gut“, sagt Möhne vor dem Ossietzky-Hof. Hier ist die SWG dabei, die alten Blocks zu sanieren und sucht dabei nach Wegen, selber nachhaltiger zu arbeiten. Im Hintergrund steht dabei vor allem eine Ressourcenfrage: Kunststoff wird letztlich aus Erdöl hergestellt und in einem Land, das über keine eigenen, nennenswerten Ressourcen verfügt, sei man gut beraten, stärker in die Kreislaufwirtschaft zu kommen, meint SWG-Chefin Inge Klaan.

v.l.: Alexander Möhne, Dominic Seidel, Maurice Fiedler, Inge Klaan und Carsten Grünberg vor der Baustelle in Nordhausen Nord (Foto: SWG Nordhausen/Susanne Schedwill) v.l.: Alexander Möhne, Dominic Seidel, Maurice Fiedler, Inge Klaan und Carsten Grünberg vor der Baustelle in Nordhausen Nord (Foto: SWG Nordhausen/Susanne Schedwill)


„Ich sehe da eine gesellschaftliche Verpflichtung. Die liegt in der Forschung der Bauindustrie und im Produktdesign aber auch bei den Bauherren. Wir müssen am Ende ausprobieren, was am Markt angeboten wird und wie nachhaltiges bauen für die Zukunft wirtschaftliche umgesetzt werden kann.“ Für die Wohnungsbauer ist das Geld letztlich der springende Punkt: der Kreislauf darf nicht teurer sein, als die Entsorgung und bei den Fenstern hat man diesen Standard scheinbar erreicht. Zumindest bei der SWG sei man an dem Punkt, dass man prüfen könne ob Ausschreibungen wie die jetzige, also mit dem klaren Zwang zum Recycling, nicht zur Regel erhoben werden können.

Die Baubranche sei dabei, die Kreislauffragen völlig neu zu stellen, sagt Klaan und das sei auch dringend nötig. Im Moment sind viele Materialien, die verbaut werden, aus Verbundstoffen gefertigt, die sich schwerlich bis gar nicht wiederverwenden lassen. Was bleibt, sind enorme Abfallmengen und Ressourcen, die ungenutzt verworfen werden müssen. Soll sich das ändern, wird man neue Wege gehen müssen. Die Wiederverwertung alter Fenster ist für die SWG als Bauherr zumindest ein erster Schritt und tatsächlich finden sich im alten Block schon neue Fenster, deren Kerne aus dem Recyclingverfahren der Eisenacher stammen.
Angelo Glashagel