Neukirchen-Vluyn. . Martha Schlothmann betreibt im niederrheinischen Neukirchen-Vluyn Strick-Graffitikunst. Sogar ein Baum wird bestrickt. Auch Fahrrädern, einer Schubkarre, einem Spaten oder gar einer Küchen-Sitzgruppe rückte Martha Schlothmann schon mit der Stricknadel zu Leibe. Der Trend kommt aus Amerika.

Eigentlich ist Strick-Graffiti eine Form der Street-Art, die aus Amerika stammt. In Neukirchen-Vluyn hat Martha Schlothmann diese Kunst populär gemacht. Vor rund zehn Jahren sah sie auf einer Reise in Venezuela Strick-Graffiti. Heute sind im Rathaus-Foyer ihre eigenen kunterbunten Werke zu bestaunen. Das Virus greift um sich: Neuerdings bestricken aktive Neukirchener sogar einen Baum an der Hochstraße.

Für den Arbeitskreis Neukirchen, in dem die Geschäftsfrau seit langem aktiv ist, hatte Martha Schlothmann 2011 erstmals ein altes Fahrrad bestrickt und als Blickfang in die Fußgängerzone gestellt. Waschechte Street-Art (Straßenkunst). Inzwischen kamen der 66-Jährigen ein zweites Rad, eine Schubkarre, eine ganze Küchen-Sitzgruppe, ein Spaten und noch anderes unter die fleißigen Finger. Sogar auf Bestellung strickt die Neukirchenerin. „Bekannte haben mich schon gefragt, ob ich nicht was für ihre neue Küche bestricken könnte.“

Das Wort vom bestrickenden Wesen hat sie schon oft gehört – und nimmt es mit Humor: Martha Schlothmann mit ihren Werken.
Das Wort vom bestrickenden Wesen hat sie schon oft gehört – und nimmt es mit Humor: Martha Schlothmann mit ihren Werken. © Waz FotoPool

Ihren Laden an der Hochstraße hat Martha Schlothmann vor rund einem Jahr an junge Leute weitergegeben. „Ich hab 50 Jahre gearbeitet, das muss reichen“, lächelt die aktive Seniorin. Dafür verlegte sie sich auf ihr neues Hobby, das sie besonders im Winter mit viel Herzblut betreibt. Und: Martha Schlothmann bestrickt nicht nur so einfach ein Fahrrad, sie bestrickt auch alle Details.

Ausstellungen für die Strickkunst

Ob schmale Handbremse, runde Klingel oder ovales Rücklicht, ob Radnabe oder Pedale, alles verschwindet unter den Hunderten von kleinen Strick-Läppchen. Diese werden zum Schluss zusammen genäht. Häkeln geht auch, verspielte bunte Blumen entstehen so. „Mein Sohn meinte, ich müsste auch noch die Speichen der Fahrräder bestricken, da hab ich gemeint, jetzt reicht’s.“

Ausgestellt waren Schlothmanns Strick-Graffitis auch schon, nämlich beim Museumstag und bei der Schulkulturgalerie.

Das bestrickte Fahrrad in Frontalansicht.
Das bestrickte Fahrrad in Frontalansicht. © Waz FotoPool

Die amerikanische Masche zieht Kreise: Noch bis zum 14. September treffen sich viele fleißige Hobby-Strickerinnen und Stricker an der Hochstraße, um ein ungewöhnliches Projekt zu realisieren: „Wir bestricken den Baum nahe der Glückauf-Apotheke“, berichtet Martha Schlothmann, die neben Ulrike Reichelt, Schulkulturbeauftragte, die Idee zu Street-Art im Dorf hatte. Wie die bunte Strick-Graffiti an den hohen Stamm kommt: „Der Freund einer Mitstreiterin ist Baumkletterer...“

Gemeinschaft will den Ort verschönern

Strick-Graffiti ist eine Form der Street-Art, bei der Gegenstände im öffentlichen Raum durch Stricken verändert werden. Zur Verschönerung, aber auch, um auf Missstände hinzuweisen. Nach Amerika traten in Deutschland erstmals 2010 in Frankfurt Strickarbeiten auf, danach in Bochum, Berlin, München und Köln. Weltweit gründen sich Strickgemeinschaften. In Neukirchen-Vluyn wurde die „Dorfmasche“ vor ein paar Tagen gegründet, mit dem Ziel, das Dorf Neukirchen aufblühen zu lassen.

Die erste derzeitige Aktion, das erste öffentliche Stricken, hat zum Ziel, einen Baum zwischen der Apotheke und dem Relaxx-Laden bis zum Erntedankfest einzustricken.

Sponsoren für das spätere Anstrahlen gibt es auch schon.