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BIELEFELD

Sparrenburg zum Reinbeißen

Jungunternehmer setzt auf Fruchtgummi in Form regionaler Wahrzeichen

Stefan Wadehn findet die Sparrenburg zum Anbeißen. Dem fruchtig schmeckenden Naschwerk hat er die Form des Burgturms gegeben. | © FOTO: WOLFGANG RUDOLF

Stefan Wadehn findet die Sparrenburg zum Anbeißen. Dem fruchtig schmeckenden Naschwerk hat er die Form des Burgturms gegeben. | © FOTO: WOLFGANG RUDOLF

15.08.2012 | 15.08.2012, 00:00

Bielefeld. Die anfängliche Durststrecke für Existenzgründer ist lang, aber auch süß – zumindest für Stefan Wadehn und seine Frau Sandra. Denn die beiden Bielefelder handeln mit Fruchtgummi. Und zwar mit besonderem: Im Sortiment sind Leckereien in Sparrenburgform und solche, von denen 10 Prozent des Erlöses an Bethel gehen.

Der Markt für Fruchtgummi ist nicht gerade eine Goldgrube, die Konkurrenz ist bärenstark. Dennoch hat sich der studierte Betriebswirt Wadehn 2009 entschlossen, seinen festen Job als Kaufmann in der Möbelbranche gegen eine ungewisse Zukunft als Süßwarenhändler zu tauschen.

Seine Idee: Naschwerk taugt auch als Mitbringsel, als kleines Geschenk, als Werbeträger – es kommt nur auf die richtige Verpackung an. Wadehn setzt auf regionale Wahrzeichen:

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Existenzgründer

Bei der Industrie und Handelskammer Ostwestfalen gilt Stefan Wadehn als Parade-Existenzgründer, der Know-how und Durchhaltevermögen verbindet. 2011 machten sich in Bielefeld in den Branchen von Handel und Gewerbe 2.470 Menschen selbstständig, hinzu kamen 254 Existenzgründungen im Handwerk – neue Firmen und Betriebsübernahmen.
"Nach fünf Jahren existiert allerdings nur noch jedes Zweite der neu gegründeten Unternehmen", sagt Ricarda Hoffmann, Leiterin des IHK-Startercenters.

Seine Fruchtgummis – pro Stück fünf Gramm schwer – gibt es beispielsweise in Form des Dortmunder U’s, des Förderturms der Essener Zeche Zollverein, des Kölner Doms und eben in Form des Turms der Sparrenburg.

Mit einem Süßwarenhersteller entwickelte das Ehepaar die Rezeptur, mit einem Modellierer die Gussformen. "Wir haben mehrere Geschmacksvarianten getestet und immer wieder an den filigranen Formen gearbeitet", erzählt Wadehn. "Außerdem mussten wir natürlich die Gebrauchsmuster schützen lassen."

Als das Produkt marktreif war, galt es, Verkaufsstellen zu finden – per Kalt-Aquise. Heißt: Wadehn hängte sich ans Telefon, bot potentiellen Interessenten seine Ware an, oder suchte sie persönlich auf. Mit Erfolg.

In Bielefeld arbeitet er etwa mit der Stadtmarketing-Gesellschaft zusammen, die Sparrenburg-Gummis gibt es in der Touristinformation. In anderen Städten sind seine Waren in Buchhandlungen, Delikatessenläden oder Museumsshops zu haben, jeweils in den lokalen Varianten und mit entsprechenden Aufklebern auf den durchsichtigen Beuteln. Zu den Kunden zählen auch größere Unternehmen, die ungewöhnliche Werbegeschenke suchten. "Nicht geklappt hat die Zusammenarbeit mit Bäckereien oder mit dem Kiosk auf der Sparrenburg."

Um das Absatzgebiet zu vergrößern, hat Wadehn auch eine Form entwickelt, "die überall geht": einen kleinen Engel. Der verkaufe sich besonders gut in den Shops historischer Klosteranlagen und sei im Weihnachtsgeschäft gefragt, sagt der Existenzgründer. Von jeder Tüte Engel-Fruchtgummis gehen 10 Prozent des Erlöses an die von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Rund 2.000 Euro hat das junge Unternehmen, das unter dem Namen "Think Sweet" firmiert, 2011 überwiesen, bestätigt Bethel.

Zehn Tonnen der Fruchtgummis lässt Wadehn dieses Jahr herstellen. Das Etikettieren der Tüten und den Vertrieb übernehmen seine Frau und er selbst. "Größere Mengen lassen wir ab Werk versenden, kleinere mit einem Paketdienst und manchmal liefere ich auch mit dem eigenen Wagen aus."

"Das Geschäft läuft, aber den Gewinnbereich haben wir noch nicht erreicht", berichtet der 45-jährige. Erst 2013, so hofft er, wird er vom Handel mit dem bunten Fruchtgummi in Geschmacksrichtungen wie Himbeer, Blutorange oder Pfirsich-Maracuja leben können.
Darüber hinaus hat das Ehepaar auch einen Plan B: Sandra Wadehn, eine Diplom-Betriebswirtin, will nach der Babypause wieder als selbstständige Unternehmensberaterin arbeiten und auch Stefan Wadehn erwägt eine Beratertätigkeit, wenn das Süßwarengeschäft nicht mehr seine komplette Zeit in Anspruch nimmt.

"Uns war klar, dass wir eine längere Anlaufzeit brauchen. Aber viel Arbeit macht auch viel Spaß. Ich wollte schon immer selbstständig sein", meint Neu-Unternehmer Wadehn. Um den Handel weiter in Schwung zu bringen, hat er schon Pläne: eine weitere, überall vermarktbare Gummi-Form sowie eine neue Geschmacksrichtung – Rhabarber etwa.