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KREIS GÜTERSLOH

Von Schrotkugeln durchsiebt

Ausflug endet für Hündin Joy tödlich / Jäger plädiert auf Notwehr

24.03.2012 | 24.03.2012, 00:00
Barbara Steppeler und Rechtsanwalt Martin Rother zeigen Röntgenbilder vom tödlich getroffenen Hund. Die hellen Punkte sind im Körper steckengebliebene Schrotkugeln. - © FOTO: HORSTMANN
Barbara Steppeler und Rechtsanwalt Martin Rother zeigen Röntgenbilder vom tödlich getroffenen Hund. Die hellen Punkte sind im Körper steckengebliebene Schrotkugeln. | © FOTO: HORSTMANN

Kreis Gütersloh. Den Namen hatte Barbara Steppeler mit Bedacht gewählt. "Joy" taufte sie ihre Dalmatiner-Mischlingshündin – "Freude". Das Tier sollte ihrem Sohn Daniel nach einem nur knapp überlebten Motorradunfall wieder Lebensfreude schenken. Jetzt ist Joy tot. Sie wurde nur wenige Meter vor den Toren des in Clarholz-Sundern gelegenen Hofes der Steppelers von über 100 Schrotkugeln durchsiebt. Abgedrückt soll Nachbar Franz-Josef T. haben. Gegen ihn wurde jetzt Strafanzeige gestellt.

Für Barbara Steppeler ist der Zwischenfall der Höhepunkt eines lange schwelenden Nachbarschaftsstreits. T. habe in der Vergangenheit schon häufiger ihr gegenüber geäußert, dass sie in der Bauernschaft nichts verloren habe und verschwinden solle. Zudem seien in den vergangenen zehn Jahren sechs Hunde der auf dem Sonnenhof lebenden Familie spurlos verschwunden. "Hier hatten wir auch schon T. im Verdacht", sagt die 47-Jährige. "Aber wir konnten nie etwas nachweisen." Dies sieht nach den Schüssen auf Joy nun anders aus.

Das Drama nahm am Mittag des 11. März seinen Lauf, als die Mischlingshündin zusammen mit zwei weiteren auf dem Hof lebenden Hunden – einem vierjährigen und einem knapp vier Monate alten Jack Russel-Terrier – ausbüxte. "Wir haben keine Ahnung, wie sie nach draußen kommen konnten", sagt Steppeler. Immerhin hatte sie aus Furcht vor dem Nachbarn und zum Schutz ihrer Hunde das Anwesen doppelt eingezäunt. Als der im Hegering Herzebrock-Rheda aktive T. die umherlaufenden Tiere bemerkte, habe er sich umgehend sein Schrotgewehr gegriffen und die Verfolgung aufgenommen. "Er ist mit seiner Frau und seiner Tochter über zwei Stunden den Hunden nachgelaufen", sagt Steppeler. Kurz bevor das umherstreunende Trio wieder den heimatlichen Hof erreichte, habe T. geschossen. Die kleinen Hunde flüchteten, Joy wurde getroffen. Das verletzte Tier habe sich weiter geschleppt; dann seien zwei weitere Schüsse gefallen, erklärt die Hundebesitzerin. "Einige Schrotkugeln sind in den Unterleib eingedrungen", sagt Steppeler. "Joy muss schon am Boden gelegen haben. Sie wurde regelrecht hingerichtet."

Im Haus habe Sohn Daniel die Schüsse gehört. Der nach dem Unfall noch gehbehinderte 25-Jährige sei so schnell es ging nach draußen geeilt– und habe seinen stark blutenden Hund gefunden, , der kurze Zeit später trotz der Hilfe der umgehend alarmierten Tierärztin gestorben sei.

Entsetzt habe er seinen Bruder Henry und dessen Lebensgefährtin zur Hilfe gerufen, gemeinsam hätten sie T. zur Rede gestellt. Dieser habe sich nicht einmal bemüht, die Schüsse abzustreiten.

Gegenüber der hinzugerufenen Polizei habe T. angegeben, dass er von der Hündin angegriffen worden sei und dass er aus Notwehr geschossen habe. "Dabei hat die Tierärztin festgestellt, dass die Schüsse nach der Streuung der Kugeln zu urteilen aus 50 bis 80 Metern Entfernung abgegeben worden sind", sagt Steppeler.

Für sie seien nun "alle Grenzen überschritten", weshalb sie gestern Abend mit dem Gütersloher Rechtsanwalt Martin Rother Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld gestellt hat. T. werden vorsätzliche und versuchte Sachbeschädigung sowie ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vorgeworfen. Zudem soll geprüft werden, ob T. der Waffenschein und sein Gewehr entzogen werden können. "Es besteht in diesem Fall ein öffentliches Interesse", sagt Rother. "Es kann nicht angehen, dass jemand im öffentlichen Raum und am helllichten Tag einfach so herumballert. Es hätten ja auch Kinder aus dem Gebüsch springen können."

Franz-Josef T. war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.