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Höxter/Boffzen

Bolivianerin engagiert sich für Frauen in und um Höxter

Die neue Präsidentin Ana Maria Castro de Linzner hat das Helfen im Blut. Ein Programm, von dem die Frauen selbst profitieren, steht auf ihrer Agenda

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Zonta-Präsidentin: Ana Maria Castro de Linzner im heimischen Wintergarten, ihrem Lieblingsplatz daheim. | © Svenja Ludwig

Zonta-Präsidentin: Ana Maria Castro de Linzner im heimischen Wintergarten, ihrem Lieblingsplatz daheim. | © Svenja Ludwig

08.11.2018 | 08.11.2018, 19:00

Höxter/Boffzen. Sie wurde dazu erzogen. Zum Helfen. Ihre Eltern waren Mitglieder des Lions Clubs. Sie selbst hat sich schon als Schülerin im bolivianischen Cochabamba sozial engagiert und irgendwann festgestellt, dass es immer wieder Frauen waren, die sie unterstützte, denen sie Zeit spendete und für die sie Geld sammelte. Unbewusst habe sich das so ergeben. Jetzt ist sie die neue Präsidentin der Höxteraner Zonta-Schwestern. Wieder ein Verein, in dem sich Frauen für Frauen engagieren. Dabei, meint Ana Maria Castro de Linzner, sei sie gar keine Feministin.

Im Zonta-Club soll möglichst jede Frau mal eine Führungsrolle einnehmen. Ausgerechnet im 13. Jahr nach der Gründung des Höxteraner Ablegers sollte es de Linzner werden, Gründungsmitglied und mittlerweile in Boffzen zuhause. Über diesen numerischen Zufall war die vierfache Mutter und fünffache Oma („der sechste Enkel ist unterwegs") zunächst nicht so begeistert.

Seit zwei Jahren in Rente

Außerdem besprach sie sich zunächst mit ihrem Ehemann und den Kindern. Denn seit zwei Jahren ist das Paar in Rente und nutzt die Zeit zum Reisen: „Wir waren wie wilde Vögel." Geschlossen riet die Familie aber zur Zusage. Jetzt ist Ana Maria Castro de Linzner umso glücklicher: „Ich mache den Job gerne, weil alle mitmachen. Es ist gut für mich, es fordert und fördert mich, zum Beispiel dieser ganze Schriftverkehr: Ich muss mich genauer mit der Sprache beschäftigen."

Neue Akzente zu setzen, wäre wohl schwierig, glaubt die Präsidentin, aber: „Ich habe mir vorgenommen, ein bisschen mehr für uns zu machen." Die Zonta-Frauen arbeiteten viel für Menschen in regionalen und internationalen Projekten. „Wir sind aber auch Menschen", sagt sie.

Ein Programm mit Vorträgen entworfen

Deshalb hat sie ein Programm mit Vorträgen von Zontians für Zontians entworfen. Die Frauen sollen sich untereinander kennenlernen und die Kommunikation verbessert werden. Genaueres kann die leidenschaftliche Klarinettistin noch nicht verraten. Nur so viel: Die Schwestern arbeiten in ganz unterschiedlichen, aber durchweg interessanten Berufen.

Durch Zonta habe sie viele interessante Damen kennengelernt und nette, gute Freundinnen gefunden. „Für mich sind diese Frauen sehr wichtig", sagt Ana Maria Castro de Linzner. In Deutschland hat sie keine Schul- oder Studienfreundinnen. Sandkastenbekanntschaften schon gar nicht. „Zonta war für mich ein Fenster zur deutschen Kultur", schließt sie.

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Biografisches

Geboren und aufgewachsen, zur Universität gegangen ist Ana Maria Castro de Linzner in Cochabamba, Bolivien: „Da haben wir viele, viele arme Leute." Sie sei als Ältestes von sechs Geschwistern zwar sehr behütet aufgewachsen. Gleichwohl seien ihre Eltern streng gewesen. Geändert habe sich das erst, als de Linzner anfing zu arbeiten. Mathematik und Physik unterrichtete die Gymnasiallehrerin.

„Ich habe Bolivien verlassen, aber Bolivien hat mich nicht verlassen", sagt die neue Zonta-Präsidentin. Trotzdem – 42 Jahre, nachdem ihr deutscher Mann sie in Bolivien kennenlernte und mitbrachte – „ich habe hier Wurzeln geschlagen". Eine dauerhafte Rückkehr nach Südamerika sei heute keine Option mehr. Ausgedehnte Urlaube hingegen werden dort gerne verbracht.

Zunächst verschlug es Ana Maria Castro de Linzner und ihren Mann nach Marsberg. Dort gründete sie eine Frauengruppe. Die Truppe bastelte, strickte zwölf Monate lang und verkaufte ihre Waren dann auf dem Weihnachtsmarkt. Das Geld brachte de Linzner nach Bolivien, kaufte dort zum Beispiel Nähmaschinen. „Die Frauen sollten einen Beruf lernen und selbst Geld verdienen", erklärt die 66-Jährige und freut sich: „Die Brücke nach Bolivien existiert heute noch."

1979 zog die Familie nach Höxter. Als Gymnasiallehrerin konnte de Linzner in Deutschland nicht arbeiten. „Als ich herkam, konnte ich kein Deutsch. Aber ich habe ziemlich schnell angefangen, Spanisch zu unterrichten", sagt sie. ⋌