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Delbrück

Mehr Platz in den Ställen schaffen

Die Grünen diskutieren in Delbrück mit Landwirten über zukünftige politische Rahmenbedingungen

Der Hof Jostmeier in Boke, den die Grünen mit Vertretern des Landwirtschaftsverbandes besuchten, wirtschaftet konventionell. Sohn Joachim informierte Johannes Roderfeld, Bürgermeister Werner Peitz und den Landtagsabgeordneten NorwichRüße (v. l.). | © FOTOS: KÖPPELMANN

Der Hof Jostmeier in Boke, den die Grünen mit Vertretern des Landwirtschaftsverbandes besuchten, wirtschaftet konventionell. Sohn Joachim informierte Johannes Roderfeld, Bürgermeister Werner Peitz und den Landtagsabgeordneten NorwichRüße (v. l.). | © FOTOS: KÖPPELMANN

08.06.2013 | 08.06.2013, 12:00

Delbrück. Die Grünen und die Landwirte: Zwei Stiefbrüder, die sich nur schwerlich gegenseitig ins Herz schließen – möchte man meinen. Aufeinander zu gegangen sind die Beiden am Dienstag mit einer Podiumsdiskussion im Delbrücker "Waldkrug". Zuvor haben sie den kleineren Hof Jostmeier in Boke besichtigt, der sein Fleisch selbst vermarktet.

In die Rollen der Brüder schlüpften der grüne Landtagsabgeordnete Norwich Rüße (Biobauer im Münsterland), an seiner Seite die grüne Bundestagskandidatin Kerstin Haarmann (46, Mastbruch), und Hubertus Beringmeier (Hövelhof-Espeln), Kreisvorsitzender des Landwirtschaftsverbandes. Gut 40 Gäste der Diskussion waren Landwirte unterschiedlicher Coleur, grüne Mandatsträger aus dem Kreis Paderborn und ebensolche der landwirtschaftlichen Gremien.

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Nur durch Mundpropaganda

Der Hof Jostmeier in Boke wirtschaftet konventionell. Bewirtschaftet werden 65 Hektar, davon die Hälfte eigen, für 55 Milchkühe sowie 50 Kälber und Rinder plus 115 Mastbullen. Dazu hält die Familie Geflügel, Puten und Enten.

Die Direktvermarktung des Rind- und Geflügel- sowie Lammfleisches bringt der Familie eine wichtige Nebeneinnahme. An seine Kunden kommt der Hof nach Mitteilung von Bernhard Jostmeier allein über Mundpropaganda.(fin)

"Der Akzeptanzverlust ist für uns alle ein Thema", nannte Rüße einen Anknüpfungspunkt für gemeinsame Anstrengungen. Die Partei will die politischen Rahmenbedingungen bei einer Regierungsbeteiligung verändern. Eckpunkte dafür sind mehr Platz in Schweineställen (plus 30 Prozent) und einen verpflichtenden Auslauf für Kühe und Rindvieh ("keine Anbindehaltung"). Subventionen aus Brüssel sollen Bauern vielleicht nur noch für die ersten 30 Hektar erhalten, so Rüße. Er bezeichnete Landwirte heute als "vom System Getriebene".

"Man muss vom Betrieb leben können", setzte Beringmeier, "ich bezeichne mich als modernen Landwirt", dagegen auf die Gleichheit aller. Produzieren könne man entweder standardmäßig in Mengen oder für kleine Nischen. Die aber seien schnell voll.

Kritik an der Praxis, den Schweinen die Schwänze zu kürzen, begegnete er so: "Wir sind dabei zu erforschen, wie eine Alternative aussehen könnte – aber im Moment geht es nicht anders". Er verwehrte sich dagegen, dass Bauern von den Grünen "an den Pranger gestellt" würden.

Der Bauernverband hat die Initiative "Tierwohl" auf den Weg gebracht. Beringmeier dazu: "Dem Schwein muss es gut gehen – dann ist die Stallgröße egal." Wenn damit politisch auch ein vorgeschriebener Platzbedarf für die Tiere verknüpft werde, müsse auch "ein Preisschild dranhängen". Aus den Reihen der Gäste kam wiederholt der Hinweis, dass die Stallbedingungen für die Tiere "noch nie so gut gewesen" seien wie heute. Rüße verwies dagegen auf einen nicht ungewöhnlichen Verbündeten, den Schlachterei-Giganten Tönnies. Auch der habe sich für einen Auslauf der Tiere ausgesprochen – der grüne Abgeordnete: "Der weiß, dass der Druck da ist."

Zum Streit-Gespräch eignete sich auch die Fruchtfolge auf den Feldern. Mais nach Mais – das geht aus Sicht grüner Politik gar nicht. In der landwirtschaftlichen Praxis strebt auch kein konventionell wirtschaftender Landwirt solche Monokultur an. Unter Umständen könne dies aber mal erforderlich sein, so einzelne Wortbeiträge. Mehrere Landwirte wandten sich vor allem gegen mehr Vorschriften und Regelungen seitens der Politik.

Am Ende war auch vom Schicksal die Rede, dem die Landwirte nicht einfach ausgeliefert seien. "Lasst uns die Probleme selber lösen", lautete eine Aufforderung aus den eigenen Reihen. Beringmeier und seine Kollegen wollen sich im Jahr der Bundestagswahl verstärkt dem Akzeptanz-Problem ihres Berufstandes gegenüber der allgemeinen Bevölkerung widmen.