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Hier vergammeln Salzkottener Bücherschätzchen

Nachdem Mitte Juni der Bücherwurm hinter dem Salinenhof abgebrannt ist, hat sich seitdem niemand um die Überreste gekümmert

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Parkplatz-Ruine: Der abgebrannten "Bücherwurm"-Anhänger fällt den Kunden der umliegenden Märkte und des Ärztehauses auf. Das Absperrband der Polizei ist noch da. Die Ermittlungen sind aber abgeschlossen. | © Jens Reddeker

Parkplatz-Ruine: Der abgebrannten "Bücherwurm"-Anhänger fällt den Kunden der umliegenden Märkte und des Ärztehauses auf. Das Absperrband der Polizei ist noch da. Die Ermittlungen sind aber abgeschlossen. | © Jens Reddeker

14.08.2019 | 14.08.2019, 10:54

Salzkotten. Angekokelte Bücherseiten liegen zu Hunderten im Rasen und im Gebüsch, es vergammeln jede Menge Bücher unter offenem Himmel. Daneben steht das unansehnliche Gerippe eines Anhängers, der in Salzkotten viereinhalb Jahre lang vielen Menschen Freude bereitet hat - und jetzt nur noch ein Schandfleck ist.

Der "Bücherwurm", einst als mobiler Bücherschrank vom Sälzer Autor Wolfgang Pache aufgestellt und betrieben, ist offenbar von Unbekannten in der Nacht des 15. Juni angezündet worden. Der Anhänger stand seit November 2015 hinter dem Salinenhof (zuvor am Lori-Getränkemarkt) und war eine Mischung aus öffentlicher Büchertauschbörse und Bücherei.

Lange war unklar, warum die Reste der Feuernacht noch immer auf dem Parkplatz zwischen Salinenhof und Bahnhof dahinrotten. Initiator Pache selbst ist aktuell nicht erreichbar. Neben der Brandstelle steht noch ein Anhänger, der mit Werbung für seine Druckerei in Geseke beklebt ist.

Aus Freude am Erzählen: Wolfgang Pache ist Krimiautor und hob den "Bücherwurm" aus der Taufe. - © Marco Schreiber
Aus Freude am Erzählen: Wolfgang Pache ist Krimiautor und hob den "Bücherwurm" aus der Taufe. | © Marco Schreiber

Auf seiner Internetseite hat er zwei Wochen nach dem Feuer noch einen Nachruf auf sein "Baby" (Zitat) verfasst. Unter dem Titel "Ich rufe und weine ihm nach..." schreibt Pache: "Er war mein Literaturprojekt, auch eine Art Kunstwerk, vielleicht sogar ein Künstler, der vor Ideen nur so sprühte. Der Bücherwurm war mein 'Baby', jetzt trage ich es zu Grabe, ich bin traurig, trauere um ihn wie um einen lieb gewordenen Freund. Es gibt ein Bücherleben nach dem Büchertod. Mir wird bestimmt was Neues einfallen. Halten wir ihn in bester Erinnerung!"

Ob etwas Neues kommt, ist noch nicht klar. Doch die Aufräumaktion rückt zumindest näher. Auf Nachfrage der NW hat sich die Stadtverwaltung der Sache nun angenommen - weil sie überrascht feststellte, dass der Bücherwurm auf öffentlichem Gelände stand. Michael Rölleke, Fachbereichsleiter Zentrale Dienste, forschte nach und konnte den Parkplatz den öffentlichen Besitztümern zuordnen. "Das war uns zunächst nicht ganz klar, doch nun werden wir uns kümmern. Rölleke kündigt an: "Wir werden mit dem Eigentümer in Verbindung treten und ihn auffordern, die Reste zu beseitigen."

Polizei und Staatsanwaltschaft beteiligt

Damit ist auch die Frage vieler Salzkottener geklärt, die sich darüber wunderten weshalb selbst acht Wochen nach dem Feuer nichts entsorgt worden ist: Die Stadt war selbst nicht darüber informiert, dass der Bücherwurm auf ihrem Boden stand.

Die Papiere sind frei: Buchseiten werden vom Wind rund um den verwüsteten Anhänger verweht. - © Jens Reddeker
Die Papiere sind frei: Buchseiten werden vom Wind rund um den verwüsteten Anhänger verweht. | © Jens Reddeker

Die Polizei hatte nach dem Brand pflichtgemäß ermittelt. Laut Michael Biermann, Sprecher der Paderborner Kreispolizeibehörde, wurden am 15. Juni gegen 2.45 Uhr in der Früh die Beamten alarmiert. "Unsere Ermittler gingen von Brandstiftung aus, sie konnten aber keine Hinweise auf Tatverdächtige finden", sagt Biermann.

Der Tatort wurde routinemäßig beschlagnahmt und wenige Tage nach der Brandnacht wieder freigegeben. Der Fall ging zur Staatsanwaltschaft. Dort ist das Verfahren gegen Unbekannt mittlerweile eingestellt worden, wie Sprecher Marco Wibbe gegenüber der NW sagt. Trotzdem umspannt noch heute das Polizei-Flatterband den Bücherwurm-Anhänger. "Fürs Wegräumen sind wir aber nicht zuständig", sagt Polizeisprecher Biermann.

Irritierend ist, dass trotz der offensichtlichen Brandruine, so mancher dort noch immer seine Bücher zu entsorgen scheint. Der Upsprunger Reiner Wester, der mitunter ehrenamtlich den Bahnhofsplatz reinigt, kann nur den Kopf schütteln: "Es werden tatsächlich noch Bücher dort abgelegt, zum Teil kistenweise." Wester war zuletzt besorgt, dass der Bücherwurm, der zeitweise mit mehr als 2.000 Büchern bestückt gewesen sein soll, zur wilden Müllkippe verkommt. Doch nun will die Stadt ja wieder für Sauberkeit sorgen.