Zwei Steuerklassen werden abgeschafft: Worauf sich Steuerzahler einstellen müssen

Berlin. Die Ampelregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, die Steuerklassen zu reformieren, konkret diejenigen für Verheiratete und Lebenspartnerschaften. Die Umsetzung befindet sich nach Angaben des Bundesfinanzministeriums auf den Zielgraden. Was bringen die Änderungen konkret? Zunächst sei gesagt: Die Steuerklassen bestimmen nur darüber, wie viel Beschäftigte von ihren monatlichen Gehaltszahlungen ans Finanzamt abführen müssen. Es handelt sich dabei um eine Vorauszahlung auf die Einkommensteuer. Die endgültige Belastung berechnet das Finanzamt erst nach einer Steuererklärung im Steuerbescheid. Die Wahl der Steuerklasse bestimmt also nicht die insgesamt zu zahlende Steuer, sondern schafft allenfalls mehr – oder bei falscher Festlegung – weniger Liquidität im Laufe eines Jahres. Was sich ändern soll Konkret soll die bisherige Steuerklassen-Kombination drei und fünf entfallen und in das sogenannte Faktorverfahren der Steuerklasse vier überführt werden. Ziel ist generell, dass die monatlich zu zahlende Steuerlast unter Berücksichtigung des Ehegattensplittings fairer auf beide Partner aufgeteilt wird. Bisher wählt die höher verdienende Person die Klasse drei, weil dort zwei Grundfreibeträge berücksichtigt werden. Lesen Sie auch: Fünf Dinge, die ein Steuerberater nicht machen würde In der Klasse fünf ist dementsprechend gar kein Grundfreibetrag enthalten, weshalb die Belastung deutlich höher ist. Das gilt als Hemmnis für die Arbeitsaufnahme. Außerdem hängen auch viele Lohnersatzleistungen wie das Elterngeld vom Nettolohn ab und fallen bei Steuerklasse fünf entsprechend niedriger aus. Wie ähnliche Einkommen zukünftig versteuert werden Sind die Einkommen in etwa gleich, ist die Kombination vier/fünf eine gute Alternative. Bei größeren Einkommensunterschieden führt diese Variante allerdings oft dazu, dass zu viele Steuern einbehalten werden und es beim Steuerbescheid zu einer Erstattung kommt. Deshalb bleibt die Kombination drei/fünf eine beliebte Variante. Um die Nachteile von drei/fünf auszugleichen, gibt es bereits seit 2010 die Möglichkeit, stattdessen die Kombination vier/vier mit dem sogenannten Faktorverfahren zu wählen. Dieses Verfahren soll nun grundsätzlich die Kombination drei/fünf ersetzen. Funktioniert das neue System? Aber macht das Sinn? Das Faktorverfahren baut auf der Steuerklasse vier auf und verteilt den Steuervorteil des Ehegattensplittings so auf beide Partner, wie es ihren jeweiligen Anteilen am Gesamteinkommen entspricht. Lesen Sie auch: Diese 8 Steuermythen halten sich hartnäckig Das klingt nachvollziehbar, hat sich aber bisher nicht durchgesetzt. Eine Untersuchung des Bundesrechnungshofs (BRH) hat 2021 ergeben, dass nur 0,6 Prozent der Antragsberechtigten diese Variante nutzen; das sind lediglich 40.000 Paare. Was sagen die Rechnungsprüfer? Die Rechnungsprüfer haben dabei auch festgestellt, dass sich das bisherige Faktorverfahren oft schlicht nicht lohnt. Es führe zwar für geringer Verdienende zu weniger Lohnsteuer als in der Steuerklasse fünf, gleichzeitig jedoch für besser Verdienende zu einer höheren Lohnsteuer als in der Steuerklasse drei, heißt es in dem Bericht. In der Summe wurden laut BRH bei Ehegatten und Lebenspartnern überwiegend mehr Lohnsteuer abgeführt, als dies bei der Steuerklassenkombination drei/fünf der Fall gewesen wäre. So habe es in 83 Prozent der geprüften Fälle mit dem Faktorverfahren eine Einkommensteuererstattung gegeben, die durchschnittlich knapp 1.000 Euro betragen habe, so der Rechnungshof. Vernichtendes Urteil für das neue Verfahren Das spricht dafür, dass das bisherige Faktorverfahren nicht sonderlich zielgenau ist. Das liegt laut BRH unter anderem daran, dass die Paare ihre Arbeitslöhne oft nicht zutreffend prognostizierten und bei Änderungen auch nicht anpassten. Das vernichtende Fazit der Rechnungsprüfer: &bdquo;Das Verfahren ist ungenau, aufwendig und im Ergebnis in den meisten Fällen trotz veränderter Verteilung lohnsteuerlich unvorteilhaft.“ Das Faktorverfahren sei sowohl für die Steuerpflichtigen, ihre Arbeitgeber als auch für die Finanzämter aufwendig, so der BRH &bdquo;Der damit einhergehende Informations-, Erläuterungs- und Bearbeitungsaufwand steht nicht im Verhältnis zum Nutzen.“ Deshalb forderte der BRH den Gesetzgeber auf, das Faktorverfahren wieder abzuschaffen. Auch der Nationale Normenkontrollrat hatte Kritik geäußert. Steuerverfahren soll trotz Kritik kommen Trotzdem will die Ampelkoalition nun das vier/vier-Faktorverfahren zur Norm bei Ehepaaren und Lebenspartnern machen. Unbekannt ist bisher, ob und gegebenenfalls wie Finanzminister Christian Lindner (FDP) das bisherige Faktorverfahren modifizieren will, um es einfacher und zielgenauer auszugestalten. Davon wird es abhängen, ob die Reform für die Betroffenen tatsächlich eine Verbesserung bringen wird.

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