Aurich/Ostfriesland - In Aurich haben am Samstagabend 3000 Menschen gegen die Präsenz des Wolfs in Ostfriesland protestiert. Die Veranstaltung auf dem Karl-Heinrich-Ulrichs-Platz neben der Sparkassenarena, zu der die Initiative „Land schafft Verbindung“ (LsV) gemeinsam mit dem „Friesischen Verband für Naturschutz“ (FVN) aufgerufen hatten, verlief nach Auskunft der Polizei friedlich: Auseinandersetzungen zwischen Anwesenden blieben aus, rund 250 Trecker von Landwirten aus der ganzen Region wurden im Stadtgebiet dezentral ohne Verkehrschaos geparkt. Die Beamten registrierten allerdings einen erhöhten Gesprächsbedarf vonseiten vieler Teilnehmer.
Urängste: Wer schützt die Kinder?
Inhaltlich richtete sich die Demonstration gegen die aktuelle Wolfspolitik des Landes Niedersachsen und Deutschlands. Offizielle Herdenschutzmaßnahmen für Nutztiere seien zu teuer und ineffektiv, die Einschränkungen für Landwirte und Menschen im ländlichen Raum ohne ein Wolfsmanagement mit Bejagung der Raubtiere zu hoch. Die negativen wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen für ostfriesische Kulturlandschaft seien kaum abschätzbar, so der Tenor der Veranstaltung. Dabei kamen auch Urängste zur Sprache: „Wie viele Kindergärten müssen angegriffen werden, bis etwas passiert?“, fragte etwa Redner Eilers Smit, Milchviehhalter aus Ayenwolde (Landkreis Leer), der damit die nach wie vor existierende Sorge vieler Eltern vor dem Wolf ansprach. Im März hatte eine Wolfssichtung nahe eines Waldkindergartens in Ihlow bundesweit für Schlagzeilen gesorgt, auch wenn niemandem etwas passiert war. Eine Mutter aus Jever aus dem Publikum erzählte im Gespräch, dass ihre Kinder mit dem Rad aktuell nicht mehr in den naheliegenden Wald fahren dürfen. „Ich sage dann: Ihr dürft in die Richtung, aber nicht die andere“, so die Mutter, die trotz der Erklärungen vonseiten der Politik und Wolfsexperten über die relative Ungefährlichkeit von Begegnungen weiterhin große Sorgen hat.
Vorwürfe über rechte Beteiligung
Zu den insgesamt elf Redner und Rednerinnen des Abends gehörte auch Eddie van Marum, Mitglied der konservativen niederländischen Partei Bauer-Bürger-Bewegung. Jägerschaften aus Ostfriesland hatten sich deshalb im Vorfeld, trotz inhaltlich weitgehend deckungsgleicher Forderungen an die Politik, von der Veranstaltung distanziert. Vorwürfe, man würde mit dem Wolf Zustimmung im rechtspopulistischen Raum fischen wollen, wiesen die Organisatoren Dr. Hansjörg Heeren und Fokko Schuhmann aber von sich: „Mit dem rechten Spektrum wollen wir nichts zu tun haben“, hieß es vor Ort, weshalb man entsprechende Anfragen der AfD für eine Teilnahme auch abgelehnt habe. Befürchtungen, dass es trotzdem rechtsgerichtete Auftritte oder gar Randale innerhalb des Publikums, erwiesen sich jedoch als unbegründet. „Es verlief alles entspannt“, erklärte Schuhmann, weder die Polizei noch die Ordner hätten Personen maßregeln müssen.
Demo zeigt bereits politischen Erfolg
Inhaltlich sehen sich LsV und der FVN auf einer Linie mit den Forderungen, die der Landwirtschaftliche Hauptverein für Ostfriesland gemeinsam mit den Küstenjägerschaften stellt: Eine Umsetzung des von Umweltminister Christian Meyer (Grüne) zugesagten regional differenzierten Wolfsmanagements – sowie der besonderen Bewertung von Deichen und küstennahen landwirtschaftlichen Flächen in Sachen Wolf. „Wir sehen es genauso wie die Jäger: Wir wollen hier keine Wolfsrudel“, so Schuhmann. Die Demonstration am Samstag wertete er nicht nur vom Ablauf her als vollen Erfolg, sondern auch inhaltlich: „Es gab im Nachgang schon Anfragen diverser Politiker, die sich im Vorfeld distanziert hatten, man habe das vielleicht falsch eingeschätzt.“ Die Organisatoren hoffen nun, dass ihr Protest Nachahmer in der Region und dem ganzen Land findet, um den Druck in Richtung Hannover und Berlin zu erhöhen.