Oldenburg/Hannover - Im Streit um teils monatelang verspätete Jahres- und Schlussrechnungen bei der EWE macht die Verbraucherzentrale Niedersachsen jetzt ernst und hat eine Klage gegen den Oldenburger Energieanbieter angekündigt. „Wir werden nun eine Unterlassungsklage gegen die EWE einreichen mit dem Ziel, dass der EWE durch ein Urteil eines Gerichts für die Zukunft aufgegeben wird, Rechnungen nicht mehr verspätet zu erstellen“, sagte Julia Schröder, Energierechtsexpertin der Verbraucherzentrale, jetzt gegenüber unserer Redaktion.
Abmahnung im Oktober
Hintergrund: Jahres- oder Abschlussrechnungen für Energieverträge außerhalb der Grundversorgung müssen spätestens sechs Wochen nach Beendigung des abzurechnenden Zeitraums übermittelt werden. Bei der EWE mussten viele Kundinnen und Kunden aber teils ein halbes Jahr oder länger auf ihre Rechnungen warten – und manche warten noch immer. Nach zahlreichen Beschwerden hatte die Verbraucherzentrale den Oldenburger Energiekonzern am 5. Oktober abgemahnt und aufgefordert, sich an die gesetzlichen Fristen zu halten. Nachdem die EWE sich dagegen entschieden hatte, die Unterlassungserklärung der Verbraucherzentrale zu unterzeichnen, hatten die Verbraucherschützer Anfang November angekündigt, gerichtliche Schritte einleiten zu wollen, ohne diese damals allerdings konkret zu benennen.
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In den vergangenen Wochen hatten beide Seiten nochmals Gespräche geführt, um womöglich doch noch eine außergerichtliche Einigung zu erzielen. Doch diese sind nach Aussage von EWE und Verbraucherzentrale nun endgültig gescheitert. Man habe „mehrere sehr konstruktive Gespräche über eine für beide Seiten akzeptable Version einer Unterlassungserklärung geführt“, sagte ein EWE-Sprecher. Dabei seien zu fast allen strittigen Punkten tragfähige Kompromisse gefunden worden. „Lediglich in einem Punkt war keine Einigung möglich – auch nicht, als wir unsere ursprüngliche Position noch einmal verändert haben“, sagte der EWE-Sprecher. „Die Gespräche mussten daher zu unserem Bedauern ohne Einigung beendet werden.“
Knackpunkt Laufzeit
Der Knackpunkt, bei dem sich beide Seiten letztlich nicht einig werden konnten, war die Laufzeit der Unterlassungserklärung. „Konkret gescheitert sind die Gespräche, weil sich die EWE nur zur Abgabe einer befristeten Unterlassungserklärung bereiterklärt hat, also nur für einen gewissen Zeitraum zusichern wollte, die Abrechnungen anhand der gesetzlich vorgegebenen Fristen zu erstellen“, sagte Verbraucherschützerin Schröder. „Eine solche Befristung kam für uns nicht infrage.“
Die EWE wollte sich nicht zu diesem Punkt äußern, weil die Gesprächspartner vereinbart hätten, zu konkreten Inhalten der Gespräche nicht öffentlich zu kommunizieren, so der Sprecher. Nach Informationen unserer Redaktion hat sich der Konzern in der unternehmensinternen Kommunikation aber in der Tat dahingehend geäußert, dass die Verbraucherzentrale auf der „Maximalposition einer unbegrenzten Laufzeit bis in alle Ewigkeit“ bestanden habe, was einem „Freibrief ungeachtet möglicher äußerer Einflüsse in der Zukunft“ entspreche. Darauf habe sich die EWE nicht einlassen wollen und können, sondern darauf gepocht, dass die Unterlassungserklärung, „in irgendeiner Weise mit einem angemessenen Ablaufdatum versehen sein muss“.
Die EWE sieht als wesentliche Ursache für die verspäteten Abrechnungen nicht eigenes Verschulden, sondern die zahlreichen kurzfristig beschlossenen staatlichen Hilfen, etwa die Energiepreisbremsen und die Einführung der Winterhilfe, deren Umsetzung sich als extrem komplex erwiesen habe. „Wir haben bis zuletzt eine Einigung für möglich gehalten – aber eben nicht um jeden Preis“, sagte der EWE-Sprecher. Nun wird ein Gericht als neutrale Instanz den Streit klären müssen.