Glencore soll durch eine Übernahme zu Glen-Teck werden: Ein kanadischer Bergbaubaron steht dem Rohstoffkonzern im Weg

Das Schweizer Rohstoffunternehmen hat sein Angebot für den kanadischen Konkurrenten Teck Resources nachgebessert. Um die Aktionäre zu überzeugen, bleibt Glencore nur mehr wenig Zeit.

Gerald Hosp 6 min
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Glencore würde sich gerne Tecks Kohlegeschäft einverleiben – und dann mit der eigenen Kohlesparte zusammen abspalten.

Glencore würde sich gerne Tecks Kohlegeschäft einverleiben – und dann mit der eigenen Kohlesparte zusammen abspalten.

James Macdonald / Bloomberg

Glencore lässt nicht locker. Der Schweizer Rohstoffkonzern bietet den Aktionären des kanadischen Unternehmens Teck Resources neben einem Aktientausch nun auch Bargeld an, um das Übernahmeangebot zu versüssen. Vergangene Woche hat der Verwaltungsrat von Teck den feindlichen Übernahmeversuch abgelehnt. Der Glencore-Chef Gary Nagle lässt sich dadurch aber nicht beirren. Er ist weiterhin von der Logik eines Zusammengehens überzeugt.

Rhetorische Eskalation

Es würde ein Bergbauriese mit einem Börsenwert von mehr als 90 Milliarden Dollar zusammengezimmert. Teck wird dabei mit gut 23 Milliarden Dollar bewertet. Nagle möchte aber nicht aus zwei eins machen, sondern zwei aus zwei: Nach dem Zusammenschluss soll das Kohlegeschäft der beiden Firmen abgespalten werden, in einer Art Sammelbecken für die Energieform der Vergangenheit.

In einem weiteren Konzern wären die Förderung von Metallen und der Handel mit Rohstoffen – ausser Kohle – vereint. Dies wäre das Unternehmen für die «grünen» Metalle wie Kupfer, Nickel, Zink und Kobalt, die für die Energiewende wichtig sind.

Als Name dafür schlug Nagle bereits Glen-Teck vor. Geschwindigkeit ist derzeit Trumpf. Das zeigt sich auch darin, dass manche Details übersehen werden: Die Internetadresse Glenteck.com gehört einem indischen Immobilienunternehmen.

Das erweiterte Angebot aus der Glencore-Zentrale in Baar ist auch eine Antwort auf die rhetorische Eskalation der Kanadier. Am Montag hiess es vom Teck-Chef Jonathan Price, die Offerte von Glencore sei ein Rohrkrepierer. In einer Präsentation zerpflückte er die Argumente des Schweizer Unternehmens.

Phasenweise erinnerten die Ausführungen an eine wirtschaftskritische Nichtregierungsorganisation: Glencore habe hohe Bussen wegen Korruptionsvorwürfen zahlen müssen, Glencore sei in «schwierigen» Ländern wie Kongo-Kinshasa, Kasachstan und Russland tätig, Glencore hinke Teck bei den Nachhaltigkeitsindizes hinterher, Glencore handle noch mit Erdöl, Glencore habe ein grosses Geschäft mit Kraftwerkskohle, das aus Sicht der Klimapolitik und der Investoren problematisch sei. Zudem seien die geplanten Synergien, sprich Kosteneinsparungen, unrealistisch.

Und überhaupt hat Teck auch schon selber eine Teilung des Konzerns geplant.

Festhalten am Handel

Denn ähnlich wie Glencore hat Teck das Problem, dass ein grosser Teil des Geschäfts mit Kohle gemacht wird, im Falle der Kanadier mit Kokskohle, die für die Stahlproduktion verwendet wird. Teck ist bereits auf Druck von Investoren aus Erdölprojekten ausgestiegen und kündigte im Februar an, das Unternehmen in Teck Metals für das Metallgeschäft und in Elk Valley Resources für das Kohlegeschäft aufzuteilen.

Auch hier ist die Idee, dass der Wert des Metallbereichs an der Börse mit der Abspaltung erhöht werden könnte, weil dann vermehrt nachhaltig orientierte Investoren die Aktien kaufen.

Auf diesen Umstand geht der aufgebesserte Vorschlag von Glencore ein: Beim Plan von Glencore würden die Aktionäre des Schweizer Unternehmens 76 Prozent an beiden neuen Gebilden erhalten, 24 Prozent gingen an die Teck-Anteilseigner. Ursprünglich bot das Schweizer Unternehmen nur einen Aktientausch an. Jetzt sollen die Teck-Aktionäre, die nicht am neuen Kohlekonzern beteiligt sein möchten, dafür Geld erhalten können. Wählen alle diese Option, könnte dies Glencore insgesamt 8,2 Milliarden Dollar kosten.

Nagle erachtet naturgemäss seinen Vorschlag als besser als das Vorgehen von Teck. In einem Brief an den Verwaltungsrat der Kanadier geht er auf die Kritik ein. Die risikoreiche Bergbautätigkeit in Kongo-Kinshasa und Kasachstan würden einen relativ kleinen Anteil zum Betriebsgewinn des neuen Metallkonzerns beitragen, in Russland gebe es keine Operationen – hier unterschlägt Nagle jedoch Glencores Beteiligungen an russischen Firmen. Der Handel mit Erdöl sei Teil des Energiehandels. Öl werde gegenüber Flüssigerdgas, CO2-Zertifikaten und Strom jedoch immer unwichtiger.

Derweil kann der Ölhandel jedoch weiterhin je nach Marktlage zu hervorragenden Ergebnissen führen. Es ist zudem klar, dass Glencore am Handelsgeschäft, auch mit Energiegütern, festhalten will, zumal die Ursprünge des Unternehmens im Handel liegen. Die Firma hat dies stets als Vorteil gegenüber traditionellen Bergbaugesellschaften betrachtet, die üblicherweise nur wenig Rohstoffhandel betreiben.

In diesem Zusammenhang ist es auch nicht erstaunlich, dass im Glencore-Vorschlag der Konzernchef für Glen-Teck aus Baar kommen soll. Ein Schelm, wer die rhetorische Breitseite des Teck-Chefs damit in Verbindung bringt.

Die Argumentation der Teck-Führung, ihr Vorschlag sei eine saubere Trennung zwischen Metall und Kohle, ist zudem löchrig. Denn der Plan der Kanadier sieht vor, dass das Kohleunternehmen eine Zeitlang Gelder an den Metallkonzern überweist.

«Kanada steht nicht zum Verkauf»

Glencore muss aber nicht so sehr das Management und den Verwaltungsrat überzeugen, sondern die Aktionäre von Teck. Diese kommen am 26. April zu Wort. An diesem Tag findet die Abstimmung über den Plan von Teck zur Aufteilung des Geschäfts statt.

Damit erhält der Aktionärsentscheid indirekt auch die Rolle eines Referendums über das Angebot von Glencore. Wenn die Aufteilung des kanadischen Unternehmens beschlossen wird, fällt das Angebot von Glencore in sich zusammen – und umgekehrt.

Bereits vor drei Jahren hatte Glencore den Kanadiern Avancen gemacht. Dass diese damals nicht weiter verfolgt wurden, hängt auch mit Norman Keevil Junior zusammen. Der 85-Jährige und sein Vater hatten den Konzern auf- und mit Akquisitionen ausgebaut.

Keevil, der in Kanada als Bergbaulegende gilt, kontrolliert das Unternehmen immer noch – wegen einer besonderen Aktienstruktur. Er hält zwar weniger als 1 Prozent des Aktienkapitals, hat jedoch mehr als die Hälfte der Stimmrechte der Aktien der Klasse A, die Mehrfachstimmrechte haben. Aktien der Klasse B haben jeweils nur eine Stimme.

Am 26. April soll auch darüber abgestimmt werden, diese Besonderheit aufzuheben – jedoch mit einer Übergangsfrist von sechs Jahren. Indessen hiess es bereits von der Familie Keevil in Richtung Glencore: «Jetzt ist nicht die Zeit, um eine solche Transaktion zu sondieren.» Der Bergbaubaron sagte laut kanadischen Medien auch: «Kanada steht nicht zum Verkauf.» Angesichts der Tatsache, dass einige der Minen sich in Lateinamerika befinden, ist dies ein grosses Wort. Glencore bemühte sich jedoch in seinem Vorschlag, die Vorteile für Kanada hervorzustreichen.

Die besondere Aktienstruktur könnte bei der Abstimmung gar Glencore helfen. Die Aufteilung von Teck bedarf einer Zweidrittelmehrheit beider Aktionärsgruppen. Dadurch könnten bereits Anteilseigner mit relativ wenigen Stimmrechten die Aufspaltung verhindern. Die Zeit drängt aber für beide Seiten, Aktionäre von ihrem jeweiligen Vorschlag zu überzeugen.

Wenn die Abstimmung im Sinne von Glencore ausgeht, dürfte der Druck auf Keevil steigen, doch zu verhandeln, zumal auch die übrigen Klasse-A-Aktionäre wie das japanische Rohstoffunternehmen Sumitomo Metal Mining dann mehr Klarheit benötigen würden.

Kupfer ist attraktiv

Das feindliche Angebot von Glencore ist auch ein weiteres Zeichen dafür, dass in der Bergbaubranche wieder die Zeiten grosser Übernahmen angebrochen sind. Für lange Zeit hatten Investoren in diesem Bereich darauf gedrängt, angesichts gefallener Rohstoffpreise teure Übernahmen und Fusionen ruhen zu lassen. Die wieder gestiegenen Preise, die hohen Einnahmen und die Notwendigkeit, sich für die Energiewende zu positionieren, regten jedoch den Appetit auf Zukäufe wieder an.

Die zwei grössten Bergbaukonzerne der Welt haben sich bereits bewegt: BHP will das australische Unternehmen OZ Minerals kaufen, und Rio Tinto übernahm den Rest einer Kupfermine in der Mongolei, die nicht dem Staat gehört. In beiden Fällen geht es vor allem um Kupfer. Der Goldproduzent Newmont will zudem den Konkurrenten Newcrest übernehmen.

Gerangel um die Krone des grössten Kupferproduzenten

Jährliche Kupferproduktion, in tausend Tonnen
Produktion 2022
Geplante Erweiterung

Das Ringen um Kupfer steht auch beim Angebot von Glencore im Vordergrund. Das Industriemetall hat nicht die gleiche Strahlkraft wie Lithium, seltene Erden oder Kobalt als Investitionsthema. Für die Energiewende wird das rötliche Metall aber eine bedeutende Rolle spielen.

In der Branche wird darüber gesprochen, dass angesichts der bescheidenen Pipeline an neuen Minen mit hohem Kupfergehalt die Nachfrage das Angebot übersteigen wird. Teck ist deshalb begehrt, weil das Unternehmen bereits fortgeschrittene Projekte hat und das Produktionsvolumen knapp verdoppeln wird.

Glen-Teck würde sich als drittgrösster Kupferproduzent hinter Freeport und Codelco einreihen. Es gibt aber auch die Möglichkeit, dass ein weiterer Konkurrent wie BHP in einen Bieterstreit um Teck einsteigt. Ein Hintergedanke für die Aufspaltung des kanadischen Unternehmens dürfte ohnehin gewesen sein, ohne Kohle attraktiver für einen Bräutigam zu werden.

Mit hohem Einsatz

Für Glencore wäre es die grösste Übernahme seit dem Kauf des Bergbaukonzerns Xstrata im Jahr 2013. Nagle würde damit auch aus dem Schatten seines Vorgängers Ivan Glasenberg treten. Der Südafrikaner war bei seinem Amtsantritt 2021 wegen einiger biografischen Übereinstimmungen als Kopie von Glasenberg bezeichnet worden.

Ob solche Überlegungen wichtig sind, sei dahingestellt. In Baar wird üblicherweise mit Gletscherwasser gekocht, Entscheidungen werden häufig emotionslos getroffen. Der Vorstoss des Rohstoffkonzerns könnte aber, wenn er scheitert, das Unternehmen selbst zu einem Übernahmekandidaten werden lassen.

Glencore dürfte aber seinen Blick zunächst fest auf den 26. April richten, um das Ziel einer Übernahme zu erreichen. Dabei steht Nagle vor allem ein kanadischer Bergbaubaron im Weg.

Glencore ist unter seinen Möglichkeiten geblieben

Kursentwicklung von Bergbaukonzernen seit der Übernahme von Xstrata durch Glencore im Jahr 2013, indexiert, Mai 2013 = 0
Glencore
BHP
Rio Tinto
Teck Resources

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