Aus diesem Haus ziehen wir nie mehr aus!

Für einen kaufinteressierten Mieter ist ein Vorkaufsvertrag eine attraktive Sache. Für den Eigentümer bringt er hingegen wenig Vorteile – eher im Gegenteil. Für beide Seiten gibt es bei einer solchen Vereinbarung vieles zu berücksichtigen.

Anna Barbara Luft
Drucken
Wer sich gemütlich eingerichtet hat, will sein Heim nicht so schnell wieder verlassen. (Karl-Heinz Hug / Keystone)

Wer sich gemütlich eingerichtet hat, will sein Heim nicht so schnell wieder verlassen.
(Karl-Heinz Hug / Keystone)

«Hier ziehen wir nie mehr aus!» Wer sein Traumhaus gefunden hat, der kann sich glücklich schätzen. Doch wenn es sich nur um ein Mietobjekt handelt, kann dieses Glück schnell vorüber sein. Ein vertragliches Vorkaufsrecht mit dem Eigentümer zu vereinbaren, verbessert die Situation des kaufinteressierten Mieters deutlich. Sobald der Eigentümer die Liegenschaft an einen Dritten verkaufen möchte, kann der Mieter sein Vorkaufsrecht geltend machen – und vom Mieter zum Eigenheimbesitzer mutieren.

Vertrag ohne fixe Konditionen

Die einfachste Form ist das nicht limitierte Vorkaufsrecht. Hierbei darf der Berechtigte die Immobilie zum gleichen Preis und zu den gleichen Bedingungen kaufen wie ein potenzieller externer Käufer. Wenn jemand einen höheren Preis zu zahlen bereit ist als der Vorkaufsberechtigte, hat dieser Pech gehabt und scheidet als Käufer aus. Es ist ausreichend, eine unlimitierte Vorkaufsvereinbarung schriftlich festzuhalten – beispielsweise im Mietvertrag.

Anders sieht es bei einem limitierten Vorkaufsrecht aus. Für einen solchen Kontrakt sollte ein Notar hinzugezogen werden. Zudem sollte das limitierte Vorkaufsrecht im Grundbuch eingetragen werden. Bei einem limitierten Vorkaufsrecht werden der Preis und die übrigen Verkaufskonditionen vom Eigentümer und vom potenziellen Käufer fixiert. Eine solche Vereinbarung kann für bis zu 25 Jahre festgelegt werden.

Neben den vertraglichen Vorkaufsrechten, die individuell zwischen dem Eigentümer und einem Begünstigten vereinbart werden, gelten in einigen Fällen gesetzliche Vorkaufsrechte. Diese stehen unter anderem Miteigentümern zu. Teilen sich etwa Geschwister oder Geschäftspartner ein Ferienhaus oder eine Geschäftsliegenschaft zu festgelegten Quoten, dann gilt für alle Parteien ein gegenseitiges Vorkaufsrecht. Sollte also einer der Miteigentümer seinen Anteil an der Liegenschaft an Dritte verkaufen wollen, muss er darüber die Miteigentümer informieren. Dabei muss er ihm alle wichtigen Bedingungen des Verkaufs wie den Preis und den Zeitpunkt des Verkaufs mitteilen. «Zwar gibt es keine rechtliche Vorschrift über die Form, es empfiehlt sich aber, dies schriftlich – am besten eingeschrieben – zu tun», sagt Sibylle Schnyder, Fachanwältin für Immobilienrecht bei CMS von Erlach Poncet. Wenn ein Miteigentümer seinen Teil der Liegenschaft an einen Externen verkaufen möchte, können die anderen Miteigentümer ihr Vorkaufsrecht geltend machen. Wenn er an einen anderen Miteigentümer verkauft wird, nicht. Es ist möglich, Miteigentümer vom Vorkaufsrecht auszuschliessen. Dies muss in gegenseitigem Einverständnis geschehen und öffentlich beurkundet werden.

Sobald der Eigentümer den Vorkaufsberechtigten darüber informiert hat, dass er seine Liegenschaft verkaufen möchte, hat der Vorkaufsberechtigte drei Monate Zeit, sich zu überlegen, ob er die Immobilie kaufen möchte oder nicht. Diese Frist kann auch vertraglich abgeändert werden. Es ist besser, sich mehr Zeit einzuräumen, um sich ganz sicher zu sein, statt rasch und eventuell unüberlegt abzulehnen. Denn wer einmal erklärt hat, dass er sein Vorkaufsrecht nicht ausüben möchte, kann dies nicht widerrufen.

Vorkaufsrecht für Gemeinden

Gesetzliche Vorkaufsrechte gehen immer vor vertraglichen Vereinbarungen und lassen sich trotz anderweitigen Verträgen der Eigentümer geltend machen. Es gibt aber nicht viele Fälle, in denen gesetzliche Vorkaufsrechte gelten. Vor zwei Jahren hatte eine Arbeitsgruppe vorgeschlagen, Gemeinden ein Vorkaufsrecht für Immobilien und Bauland einzuräumen, um den gemeinnützigen Wohnungsbau zu fördern. Der Bundesrat hat diesen Vorschlag aber verworfen, da er nicht marktneutral gewesen wäre. Auch bei Stockwerkeigentum gibt es kein gesetzliches Vorkaufsrecht. Der Besitzer einer Etagenwohnung muss seine Nachbarn also nicht darüber in Kenntnis setzen, wenn er seine Wohnung verkaufen möchte. Allerdings können die einzelnen Stockwerkeigentümer einer Liegenschaft freiwillig ein vertragliches Vorkaufsrecht vereinbaren. «In der Praxis sieht man das zwar selten. Bei kleinen Immobilien mit nur zwei Wohnungen wäre es aber unter Umständen sinnvoll», sagt Immobilienrechtsexpertin Schnyder.

Ein Vorkaufsrecht kann ein Berechtigter nur geltend machen, wenn die Immobilie verkauft werden soll. Wenn ein Eigentümer stirbt und die Liegenschaft an seine Erben übergeht, tritt kein Vorkaufsfall ein. Erbrecht geht vor Vorkaufsrecht. Wenn aber die Erben ihrerseits das Haus oder die Wohnung an einen Dritten verkaufen wollen, dann darf der Vorkaufsberechtigte sein Recht geltend machen. Ebenso ist dies der Fall, wenn der Eigentümer seine Immobilie aus erbrechtlichen Gründen an seine Kinder oder einen Verwandten verkauft. Bei einer Zwangsversteigerung können vertragliche Vorkaufsrechte nicht geltend gemacht werden. Wer ein Vorkaufsrecht besitzt, kann dieses vererben, er darf es aber ohne die Erlaubnis des Vorverkaufsbelasteten nicht an Dritte abtreten oder verkaufen.

Nachteile für Eigentümer

«Für die Eigentümer einer Immobilie haben Vorkaufsrechte keinen besonderen Vorteil – sie sind sogar eher nachteilig», gibt Schnyder zu bedenken. Wenn der Verkaufspreis in einem limitierten Vorkaufsrecht fixiert sei, gehe man das Risiko ein, dass eventuell höhere Marktpreise nicht erzielt werden könnten. Zudem ist die Liegenschaft schwerer handelbar. Ein Verkauf kann sich verzögern, weil die Vertragspartner warten müssen, bis sich der Vorkaufsberechtigte entschieden hat, ob er kaufen möchte oder nicht.

Es ist aber für beide Seiten empfehlenswert, vertragliche Vorkaufsrechte immer auch ins Grundbuch eintragen zu lassen. Denn sonst besteht die Gefahr, dass ein Vorkaufsberechtigter bei einem Kauf vergessen wird. In einem solchen Fall muss der Verkäufer dem Berechtigten Schadenersatz zahlen. Die Höhe lässt sich allerdings nur schwer bestimmen. Der übergangene Vorkaufsberechtigte kann seine Ansprüche auch nicht gegenüber dem neuen Eigentümer geltend machen – denn die ursprüngliche Vereinbarung geht nicht automatisch auf den neuen Besitzer über, wenn sie nicht im Grundbuch eingetragen ist. So entsteht eine schwierige juristische Situation, aus der im schlechtesten Fall alle Beteiligten als Verlierer hervorgehen.