Frankreich verbietet den Hijab auf dem Fussballplatz

Frankreichs höchstes Verwaltungsgericht hat das Schleierverbot auf dem Fussballfeld bestätigt. Ein Rekurs von Sportlerinnen, die einen Hijab tragen wollten, wurde abgewiesen.

Rudolf Balmer, Paris 3 min
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Anhängerinnen des Teams «Les Hijabeuses» spielen Fussball vor dem Stadthaus von Lille.

Anhängerinnen des Teams «Les Hijabeuses» spielen Fussball vor dem Stadthaus von Lille.

Pascal Rossignol / Reuters

Die Kopftuch- oder Schleierdebatte ist für Frankreich noch längst nicht zu Ende. Die neueste Episode spielt sich auf dem Fussballfeld ab. Dürfen die Sportlerinnen bei Wettkämpfen ein Kopftuch, einen islamischen Hijab, tragen? Der französische Fussballverband FFF sagt Nein.

Artikel 1 des FFF-Reglements für den Frauenfussball untersagt seit 2016 das «Tragen eines Tenues oder Symbols zur ostentativen Manifestierung einer politischen, philosophischen, religiösen oder gewerkschaftlichen Zugehörigkeit». Damit soll jede Form von Propaganda verboten werden. Von Anfang an war allerdings klar, dass die FFF wohl vor allem jede Form der Verschleierung aus religiösen Motiven im Visier hatte.

Aus diesem Grund hatte ein Kollektiv muslimischer Frauen, das sich «Les Hijabeuses» nennt, beim höchsten Verwaltungsgericht, dem Conseil d’État, eine Klage eingereicht. Ihrer Ansicht nach gibt es keine rechtliche Grundlage für ein solches Verbot.

Die Sportlerinnen seien im Unterschied zu Staatsbeamten nicht zu einer derartigen «Neutralität» hinsichtlich ihrer persönlichen Weltanschauung verpflichtet. Diese Interpretation des Rechts wurde bei der Verhandlung von Clément Malverti, dem Berichterstatter der Verwaltungsjustiz, weitgehend geteilt.

Er war der Meinung, die FFF müsse ihr Reglement ändern und das Verbot aufheben, weil der Hijab als solcher nicht als Form eines «Bekehrungseifers» oder als religiöse «Provokation» zu betrachten sei. Zudem könnten Fussballspiele – ausser eventuell im Fall von Wettkämpfen des Nationalteams – nicht als Teil des öffentlichen Diensts gelten.

Es müsse also eine klare Unterscheidung gemacht werden zwischen den Beschäftigten der öffentlichen Dienste, die zu einer besonderen Zurückhaltung verpflichtet sind, und Personen, die auch in der Öffentlichkeit ihre Gesinnung oder ihren Glauben manifestieren dürfen, solange dies nicht ein Ordnungsproblem schafft.

Politiker wollen ein Gesetz

Diese Stellungnahme stiess auf vehemente Ablehnung in rechten politischen Kreisen. Empört erklärte beispielsweise die rechtspopulistische Abgeordnete und Ex-Präsidentschaftskandidatin Marine Le Pen auf Twitter: «Nein zum Hijab im Sport! Wir werden (notfalls) ein Gesetz vorschlagen, um das durchzusetzen.»

Der konservative Parteichef von Les Républicains, Eric Ciotti, argumentierte in dieselbe Richtung, sollten die Klägerinnen mit den geforderten Lockerungen der FFF-Regeln Erfolg haben.

Parallel dazu wurde der Rapporteur Malverti in den sozialen Netzwerken scharf kritisiert und angegriffen. In einer öffentlichen Erklärung verwahrte sich darauf der Conseil d’État gegen «Angriffe auf das Verwaltungsgericht und insbesondere dessen Berichterstatter» und stellte mögliche Klagen wegen Beleidigung, Verleumdung und Anstiftung zu Hass in Aussicht.

Auch die Regierung hatte nicht gewünscht, dass das Schleierverbot im Fussball, welches für andere Sport- und Freizeitaktivitäten als exemplarisch gilt, für rechtswidrig erklärt werde. Sportministerin Amélie Oudéa-Castéra räumte indes ein, dass eine juristische Klärung nötig sei. Allenfalls müsse das Recht angepasst werden.

Verbot im Interesse des Spielverlaufs

Mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts ist am Donnerstag nun die geforderte Klarstellung erfolgt. Darin folgen die Richter wider Erwarten nicht der Empfehlung ihres Rechtsexperten.

Sie weisen in ihrem Urteil den Rekurs der «Hijabeuses» ab, der Artikel 1 der FFF bleibt somit in Kraft. Zwar bestätigen die Richter, dass die Fussballerinnen nicht wie Staatsdiener an eine strikte Neutralität gebunden seien. Umgekehrt aber habe der Fussballverband das Recht, im Interesse eines reibungslosen Verlaufs der Anlässe solche Regeln festzulegen. Dieses Urteil schafft einen Präzedenzfall für analoge Konflikte in Frankreich mit Kopftüchern, Schleiern oder «Burkinis».

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