Iran testet Trump und seine Bereitschaft zu einem Militärschlag

Teheran will mit allen Mitteln eine Aufhebung des Ölembargos erreichen. Dazu führt es dem amerikanischen Präsidenten den Preis für seinen Kurs vor.

Inga Rogg, Jerusalem
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Ein Kommandant der iranischen Revolutionswächter liess verlauten, dass seine Truppen für einen bewaffneten Konflikt mit den Amerikanern vorbereitet seien. (Bild: Abedin Taherkenareh / EPA)

Ein Kommandant der iranischen Revolutionswächter liess verlauten, dass seine Truppen für einen bewaffneten Konflikt mit den Amerikanern vorbereitet seien. (Bild: Abedin Taherkenareh / EPA)

Die Huthi-Rebellen in Jemen haben am Montag mit einer Ausweitung ihrer Angriffe auf saudische Erdölanlagen gedroht. Die Saudi sollten wissen, dass sie ihr «langer Arm überall und jederzeit treffen» könne, erklärte ein Sprecher laut al-Masirah, dem Fernsehsender der Rebellen. Dabei forderte er Ausländer dazu auf, die Erdölanlage Abkaik umgehend zu verlassen. Diese könne «jeden Augenblick» erneut getroffen werden.

Die Huthi hatten sich am Wochenende zu dem schweren Angriff auf Abkaik und das Ölfeld bei Khurais bekannt. Die amerikanische Regierung hat dies in Zweifel gezogen und Iran dafür verantwortlich gemacht. Der Sprecher des bewaffneten Arms der Huthi, Yahya Serai, reklamierte die Tat dagegen erneut für sich. Die Rebellen hätten dabei Drohnen mit modifizierten Flugzeugmotoren eingesetzt.

Irans Hardliner wähnen sich als Sieger

Medien aus dem Umfeld der iranischen Revolutionswächter haben die Erklärung der Huthi genüsslich verbreitet und mit Einzelheiten über die militärische Stärke der Rebellen gewürzt. Der Sprecher des Aussenministers, Abbas Mussavi, bestätigte Irans Unterstützung für die Rebellen, betonte aber erneut, Teheran habe nichts mit den Angriffen vom Wochenende zu tun. Sollten die Angriffe tatsächlich auf das Konto der Huthi gehen und nicht, wie von Washington behauptet, auf das der Iraner, hätte Teheran zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen: Es kann jegliche Verantwortung von sich weisen und hätte dem Erzfeind trotzdem einen empfindlichen Schlag versetzt. Zudem hätten die mächtigen Revolutionswächter ihr Ziel erreicht, eine mögliche Annäherung zwischen Teheran und Washington zu torpedieren.

Die Revolutionswächter wähnen sich als Sieger auf den Schlachtfeldern der Region. In Syrien ist es ihnen gelungen, den Despoten Bashar al-Asad an der Macht zu halten, im Irak haben von ihnen unterstützte Milizionäre mittlerweile Basen tief im sunnitischen Kernland, und in Libanon bedroht der Hizbullah Israel. Keine Kompromisse mit den Amerikanern, sondern Schläge, die ihren Einfluss in der Region schwächen, lautet ihre Devise. Am Wochenende warnte einer der Kommandanten der mächtigen Truppe, Brigadegeneral Amir Ali Hajizadeh, Iran sei für einen bewaffneten Konflikt mit den Amerikanern vorbereitet. Die Revolutionswächter könnten mit ihren Raketen die Basen, Schiffe und Kriegsschiffe der Amerikaner in einer Entfernung von bis zu 2000 Kilometern treffen, sagte Hajizadeh. «Sobald es zu einem Krieg kommt, sind wir die Ersten, die ihre Schiffe unter Beschuss nehmen.»

Die Macht der Revolutionswächter endet freilich beim höchsten Mann im Staat – Revolutionsführer Ayatollah Ali Khamenei. Und dieser hat mehrmals erklärt, Iran wolle keinen Krieg. Bei Khamenei endet indes auch der Einfluss der Kräfte, die auf Verhandlungen setzen. Als Präsident Hassan Rohani kürzlich eine Begegnung mit seinem amerikanischen Amtskollegen Donald Trump nicht grundsätzlich ausschloss, erteilte Khamenei bilateralen Gesprächen eine klare Absage.

Iranische Doppelstrategie

Ungeachtet der politischen Differenzen sind sich die verschiedenen Fraktionen in Teheran einig, Trump führe einen Wirtschaftskrieg gegen das Land. Ohne Aufhebung der Sanktionen werde es auch kein Entgegenkommen im Streit um das Atomabkommen geben, lautet der Tenor. Insofern gibt es heute zwischen den Hardlinern wie den Revolutionswächtern und den eher Moderaten wie Rohani und Aussenminister Javad Zarif gar nicht mehr so grosse Differenzen wie noch vor Jahren. Vielmehr scheint Khamenei auf eine Doppelstrategie zu setzen. Er lässt die Regierung Verhandlungen führen, während die Revolutionswächter mit Nadelstichoperationen gegen die internationale Ölversorgung vorgehen. Den ganzen Sommer über haben sie in der Strasse von Hormuz und dem Persischen Golf gezündelt. Damit machten sie deutlich, dass das harte Ölembargo einen Preis hat.

Das amerikanische Militär hat demgegenüber eine gewaltige Drohkulisse aufgebaut. Diese verfehlt jedoch ihre Wirkung bei einem Präsidenten, der allem Anschein nach nichts von Abschreckung versteht und gegenüber Teheran von einem Extrem ins andere verfällt. Sollten die Angriffe auf Abkaik und Khurais tatsächlich von den Iranern selber verübt worden sein, wie es in Washington heisst, haben die Revolutionswächter kaum im Alleingang gehandelt. Für eine derartige Provokation brauchte es die Zustimmung Khameneis. Gut möglich, dass Teheran darauf spekuliert, Länder wie China oder Indien für den Kauf von iranischem Öl zu gewinnen. Auf jeden Fall hätten die Iraner Trump vor Augen geführt, dass sie eher zur Eskalation bereit sind, als sich seinem Druck zu beugen.

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