Vergeltungsschläge in Syrien und im Irak: Die USA reagieren auf tödlichen Drohnenangriff

Die USA griffen nach dem tödlichen Drohnenangriff auf amerikanische Soldaten in Jordanien sieben Einrichtungen von proiranischen Milizen in Syrien und im Irak an. Laut einem Sprecher will Präsident Biden eine kriegerische Auseinandersetzung mit Iran jedoch vermeiden.

Renzo Ruf, Washington 3 min
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Joe Biden empfängt die Särge der bei einem Drohnenangriff in Jordanien getöteten amerikanischen Soldatinnen und Soldaten.

Joe Biden empfängt die Särge der bei einem Drohnenangriff in Jordanien getöteten amerikanischen Soldatinnen und Soldaten.

Matt Rourke / AP

Fünf Tage nach dem Tod von drei amerikanischen Soldatinnen und Soldaten bei einer Drohnenattacke in Jordanien haben die amerikanischen Streitkräfte am späten Freitagabend Vergeltungsschläge in Syrien und im Irak durchgeführt. Dabei wurden mehr als 85 Ziele in 7 Einrichtungen getroffen, die von der Kuds-Truppe der iranischen Revolutionswächter und mit ihnen verbündeten Milizen genutzt wurden, wie das Weisse Haus an einem Hintergrundgespräch für Medienschaffende bekanntgab.

Die Streitkräfte setzten demnach 125 präzisionsgelenkte Geschosse ein. Vier der attackierten Einrichtungen, in denen antiamerikanische Kämpfer angeblich Angriffspläne ausheckten und Waffen horteten, befanden sich in Syrien, drei im Irak. Dies sagte John Kirby, der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates des Weissen Hauses.

Die Amerikaner setzten bei dem Vergeltungsschlag eine unbekannte Zahl von Kampfflugzeugen ein, die in den USA stationiert sind – darunter auch strategische Bomber des Typus B-1 Lancer. Die Attacke habe eine halbe Stunde gedauert und sei aus amerikanischer Sicht erfolgreich verlaufen, sagte der Generalleutnant Douglas Sims, der Direktor der Vereinigten Stabschefs im Verteidigungsministerium. Die Streitkräfte hätten «exakt» diejenigen Ziele getroffen, die sie haben treffen wollen.

Über die Zahl der Opfer gab es zunächst keine verlässlichen Angaben. Auf der Online-Plattform X waren Bilder von Explosionen in der ostsyrischen Stadt Deir al-Zur zu sehen. Syrische Staatsmedien berichteten laut der Nachrichtenagentur Reuters über mehrere Tote und Verletzte. Der Generalleutnant Douglas Sims wies Berichte, wonach es zu Gegenangriffen auf Einrichtungen des amerikanischen Militärs in Syrien gekommen sei, zurück. «Ich beobachte derzeit keine Vergeltungsmassnahmen in Ostsyrien.»

«Unsere Reaktion hat heute begonnen»

In einer schriftlichen Stellungnahme kündigte Präsident Joe Biden weitere Vergeltungsschläge gegen proiranische Kräfte an, die in den vergangenen Wochen immer wieder amerikanische Soldaten und Soldatinnen in der Region angegriffen hätten. Biden sagte: «Unsere Reaktion hat heute begonnen. Sie wird fortgesetzt, zu Zeitpunkten und an Orten unserer Wahl.»

Präsident Biden sagte, dass er «keinen Konflikt im Nahen Osten» anstrebe. Diese Botschaft wiederholte auch John Kirby, der vom Weissen Haus in Krisensituationen häufig delegiert wird, um den Standpunkt Bidens zum Ausdruck zu bringen. Gleichzeitig betonte er, Biden habe kein Interesse an einer kriegerischen Auseinandersetzung mit Iran.

Auf die direkte Frage, warum die Streitkräfte darauf verzichtet hätten, Ziele auf iranischem Territorium zu bombardieren oder anzugreifen, wollte Kirby keine Antwort geben. Er versicherte aber, das Weisse Haus habe seit dem vergangenen Sonntag nicht direkt mit der Führung in Teheran kommuniziert. Die irakische Regierung sei vorgewarnt worden. Die Streitkräfte in Bagdad bezeichneten die amerikanischen Angriffe in einer ersten Reaktion dennoch als «inakzeptabel» und als eine «Verletzung der irakischen Souveränität».

Kein zeitlicher Zusammenhang mit Militär-Zeremonie

Biden verzichtete vorerst auf eine öffentliche Stellungnahme. Der Präsident nahm am Freitagnachmittag auf dem Luftwaffenstützpunkt in Dover im Gliedstaat Delaware an einer Zeremonie teil, an der die Leichname der drei getöteten amerikanischen Soldatinnen und Soldaten mit militärischen Ehren empfangen wurden. Die drei waren am vergangenen Sonntag bei einem nächtlichen Drohnenangriff auf einen kleinen Aussenposten des amerikanischen Militärs (Tower 22) an der jordanischen Grenze zu Syrien getötet worden. In Washington hiess es, dass wohl die irakische Miliz Kataib Hizbullah für die Attacke verantwortlich sei.

Die Reaktionen auf den Vergeltungsschlag in Washington fielen zunächst zurückhaltend aus, wohl auch weil in der Nacht auf Samstag unklar war, ob das amerikanische Militär die gesteckten Ziele tatsächlich erreicht hatte. Jack Reed, der demokratische Vorsitzende des Streitkräfteausschusses im Senat, sprach in einer Stellungnahme von einer «starken, proportionalen Antwort».

Der Senator Roger Wicker wiederum, der führende Republikaner im verteidigungspolitischen Ausschuss, sagte, die Militärschläge seien viel zu spät gekommen und seien für die iranische Führung bloss ein «Klaps auf die Hand». Biden brauche nun eine neue Strategie, um die regionalen Kräfte zu bestrafen, die Terroristen unterstützten.

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