Maserati Gran Turismo: Der Reisesportwagen zeigt wieder seine Muskeln – bald auch elektrisch

Maserati hat seinen Gran Turismo unter anderem in den Ausführungen Modena und Trofeo neu aufgelegt. Trotz anderer Plattform und V6- statt V8-Motor muss man schon genau hinsehen, um den Sportler als neue Generation zu erkennen.

Roland Löwisch 4 min
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Der neue Maserati Gran Turismo verfügt über eine Motorhaube mit integrierten Kotflügeln.

Der neue Maserati Gran Turismo verfügt über eine Motorhaube mit integrierten Kotflügeln.

PD

Maserati ist bekannt dafür, bei neuen Modellgenerationen auch das Design kräftig zu überarbeiten – Ausnahmen waren in der Modellgeschichte des Herstellers selten. Doch beim neuen Gran Turismo (kurz: GT) orientierte man sich am Vorgänger: Ist man kein Fachmann, muss man schon genau hinschauen, um die neueste Generation als solche zu erkennen. Und das, obwohl Antrieb und Plattform komplett neu sind.

Maserati begründet die Ähnlichkeit mit dem Wiedererkennungswert des Autos – eine Argumentation, die zum Beispiel Porsche schon seit Jahrzehnten beim Verkaufen des 911 unterstützt.

Man kann auch sagen: Die Optik des GT stimmte bereits vor der Neuauflage. Auch die neue Modellgeneration besitzt keine Sicke, Kante oder Rundung zu viel. Die drei GT-Modelle Modena, Trofeo und Folgore sehen einfach aus wie schöne, muskulöse Reisesportwagen – getreu der Bezeichnung Gran Turismo, die ganz generell auch von anderen Herstellern gern verwendet wird.

Motorhaube und Kotflügel als Gesamtkunstwerk

Dazu trägt viel der sogenannte «Cofango» bei – ein Kunstwort von Maserati, das sich aus den Wörtern «Cofano» für «Motorhaube» und «Parafango» für «Kotflügel» zusammensetzt und das einteilige Front-Bauteil bezeichnet. Der «Cofango» des Gran Turismo hat eine Oberfläche von mehr als drei Quadratmetern – ein Spitzenwert auf dem Markt.

Ein tiefer Schwerpunkt und ein ausgeklügeltes Fahrwerk sorgen für sportliche Fahrleistungen im mindestens 490 PS starken GT.

Ein tiefer Schwerpunkt und ein ausgeklügeltes Fahrwerk sorgen für sportliche Fahrleistungen im mindestens 490 PS starken GT.

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Wie bei allen neuen Maserati-Modellen seit dem Supersportler MC20 ist die Front mit vertikalen Scheinwerfern ausgestattet, die das neue Lichtdesign widerspiegeln. Das Heck besitzt eine neue Voll-LED-Lichtgrafik (ein Mix aus der klassischen Bumerangform vieler vergangener Maserati und aus der Form einer Harpune), die dem Gran Turismo kämpferischen Willen attestieren soll.

Damit die neuen GT keine zahnlosen Tiger werden, hat Maserati seinen Sportwagen kräftige Antriebe verabreicht. Allerdings arbeitet unter dem Cofango kein V8-Motor mit 4,3 oder 4,7 Litern Hubraum mehr, sondern der V6-Biturbo-Benziner namens Nettuno, der im Supersportler MC20 debütierte. Dort darf er 620 PS entwickeln – in den rangniederen GT sind es immerhin noch 490 PS im GT Modena und 550 PS im GT Trofeo.

Damit ist die klassische interne Hierarchie gewahrt, und trotzdem steckt im Gran Turismo neueste Technik. Der Dreiliter-Sechszylinder basiert auf der «Maserati Twin Combustion»-Technik. Das Vorkammer-Verbrennungssystem wurde von der Formel 1 übernommen. Es soll für eine schnellere, gleichmässigere und effizientere Verbrennung sorgen.

Zylinderabschaltung sorgt für Sparbetrieb

Im Vergleich zum Nettuno des MC20 hat der Sechszylindermotor des Gran Turismo eine Nass- und keine Trockensumpfschmierung. Der Motor verfügt zudem über eine Zylinderabschaltung: Wenn gerade keine Schubkraft abgerufen wird, deaktiviert sich eine der beiden Zylinderreihen, während der Ventiltrieb dank einem zusammenschiebbaren Stösselsystem in Ruhestellung bleibt. Das wird unter anderem durch einen speziellen Ölkreislauf erreicht.

Den Gran Turismo liefert Maserati nur noch mit Allradantrieb aus.

Den Gran Turismo liefert Maserati nur noch mit Allradantrieb aus.

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Maserati hat sich beim neuen GT zudem vom bisherigen Hinterradantrieb verabschiedet. Die neue Generation erhält ausnahmslos Allradantrieb – beim Gran Turismo Folgore, dem dank dreier E-Motoren rein elektrisch angetriebenen, 761 PS starken (und noch nicht erhältlichen) Topmodell, ist das kein Wunder, aber auch schon der Basis-GT Modena besitzt den 4×4-Antrieb serienmässig. Das vordere Differenzial konnte in einer Reihe mit dem Motor positioniert werden. So war es möglich, den V6 tief einzubauen und damit das Profil flach und den Schwerpunkt des GT tief zu halten – alles mit dem Ziel noch besserer Fahrdynamik.

Innen empfängt Fahrer und Mitreisende ein nahezu volldigitales Cockpit mit 12,2-Zoll-Armaturentafel samt vier möglichen Layouts: Classic, Evolved, Relaxed und Corsa. Ein Head-up-Display ist dabei, mittig ein 8,8-Zoll-Komfortdisplay und ein 12,3-Zoll-Touchscreen, über dem die berühmte Maserati-Uhr als Smartwatch thront. Über sie ist auch die Sprachsteuerung «Hey, Maserati» möglich, und mit Gestensteuerung können Temperatur und die Lüfterdrehzahl geregelt werden. Ein digitaler Rückspiegel überträgt die Bilder der Rückfahrkamera, allerdings nur in 2-D, was das Einschätzen von Distanzen im Kamerabild erschwert.

Das Interieur ist noch wohnlicher geworden. Im Lenkrad sind der Starterknopf und der Fahrwahldrehschalter integriert.

Das Interieur ist noch wohnlicher geworden. Im Lenkrad sind der Starterknopf und der Fahrwahldrehschalter integriert.

PD

Das unten leicht abgeflachte Lenkrad beinhaltet die übliche Knöpfesammlung. Dominiert wird die Bedienung aber durch den runden Starterknopf links unten und den Fahrmoduswahlschalter rechts unten. Wählbar sind die Fahrprogramme Comfort, GT, Sport, Corsa und ESC-off. Die ersten drei sind für die Strassennutzung gedacht, die letzten beiden für die Rennstrecke.

Zu den sich je nach Fahrmodus verändernden Parametern gehören die Gaspedalsensibilität, die Schnelligkeit der Achtgangautomatik, die Einstellung der Luftfederung und der Auspuffklang. Das digitale Armaturenbrett passt die Corsa-Anzeige an. Im Sport- oder im Corsa-Modus hat der Fahrer übrigens die Möglichkeit, die «Launch Control» über die Schaltpaddel an der Lenksäule zu aktivieren für schnellstmöglichen (Ampel-)Start.

Im Alltag ist das natürlich nicht auszuprobieren. Wir müssen eben glauben, dass der Modena in 3,9 Sekunden auf 100 km/h sprinten kann (Trofeo: 3,5 Sekunden) und dass die Höchstgeschwindigkeit bei 302 km/h (Trofeo 320 km/h) liegt. Es sitzt sich allerdings vorzüglich in den gut konturierten Schalen, und dank der Form des Cofango kann man die Abmessungen des Sportlers zumindest vorne recht gut abschätzen.

Zumindest reichen die Strassenverhältnisse ausserorts, um dem GT Modena kurz zwischendurch im Sport-Modus die Sporen zu geben, was wenig überraschend für extremen Vortrieb und ab etwa 6000 Umdrehungen auch für satten, aber stets sozialverträglichen Sound sorgt. Die Achtgangautomatik arbeitet dabei schnell und unaufgeregt. Dicke Bodenschwellen in den Seitenstrassen fordern das Luftfahrwerk heraus, das hier deutlich über den Dingen steht.

Der grosszügige Ovalgrill und der Dreizack sind typische Maserati-Insignien, so auch beim Gran Turismo.

Der grosszügige Ovalgrill und der Dreizack sind typische Maserati-Insignien, so auch beim Gran Turismo.

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Und so warten wir auf eine andere Gelegenheit, den fast 1,8 Tonnen schweren Maserati Gran Turismo in fahrerische Grenzregionen zu zwingen, bei Top-Tempo den Geradeauslauf beurteilen zu können oder die Bremsen zu quälen. Sicher dagegen sind die Preise: gut 202 000 Franken für den GT Modena und gut 250 000 Franken für den Trofeo. Was der vollelektrische Folgore kosten soll, ist noch nicht veröffentlicht. Es wird – ganz klassisch – noch eine ganze Menge mehr sein.

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