100 000 Obdachlose in Peru

Nach heftigem Dauerregen herrscht in Peru an vielen Orten Notstand. Ganze Stadtviertel sind überschwemmt und abgeschnitten, Trinkwasser ist knapp. Wegen blockierter Strassen kommen Hilfstransporte nicht voran.

Andres Wysling
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Auf überschwemmten Strassen wird das Fortkommen schwierig. (Bild: Reuters)

Auf überschwemmten Strassen wird das Fortkommen schwierig. (Bild: Reuters)

(mit afp/Reuters) - Dauerregen, Überschwemmungen, Erdrutsche: Grosse Teile Perus sind von heftigen Unwettern betroffen. Diese haben schon 75 Tote gefordert. Nach offiziellen Angaben vom Samstag gibt es 100'000 Obdachlose und über 600'000 sonst Geschädigte; neuere Zahlen sind nicht verfügbar. Ganze Ortschaften und Stadtviertel sind abgeschnitten, und haben keinen Strom. Es fehlt an Trinkwasser und Nahrungsmitteln. Die Rede ist von Hamsterkäufen und Preissteigerungen. Wasserflaschen sind vielerorts ausverkauft.

Starkregen an der Westflanke der Anden sind nichts Aussergewöhnliches, doch dieses Jahr sind die Niederschläge aussergewöhnlich heftig. Betroffen sind nicht nur die Bergregionen, sondern auch Küstenorte. Schlammlawinen wälzen sich von den Bergen bis zur Küste, in Flussbetten, die sonst monatelang gar kein Wasser führen. Es kommt zu Überschwemmungen an Orten, die sonst in der Sand- und Steinwüste liegen.

Die anhaltenden Regenfälle in Peru haben einen Grossteil der Hauptstadt Lima zerstört. Zehntausende Menschen haben ihre Häuser verloren. Die heftigen Regenfälle in den Anden und an der Küste lassen die Flüsse zu Strömen werden, die sich den Weg zum Ozean suchen - und dabei alles Mögliche mitreissen. Durch das starke Gefälle zwischen Anden und Küste kommt es zu zahlreichen Erdrutschen. (Bild: Mariana Bazo / Reuters)
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Die Aufnahme zeigt ein zerstörtes Gleis. An die Durchfahrt eines Zuges ist hier in nächster Zeit nicht zu denken. (Bild: Martin Mejia / AP)
Freiwillige helfen dabei, überflutete Häuser zu reinigen. Das Abtransportieren des Schlammes ist ein langanhaltender Prozess. (Bild: Mariana Bazo / Reuters)
Eine Frau rettet einen Teddybären und ein Jesus-Gemälde aus ihrem überfluteten Haus. (Bild: Guadalupe Pardo / Reuters)
Dieser Mann hatte Glück im Unglück: Immerhin seine Hühner konnten sich vor der Flut retten. (Bild: Mariana Bazo / Reuters)
Die Strassen in Lima sind an vielen Orten stark überflutet. Die Bewohner müssen auf neue Transportmöglichkeiten ausweichen, zum Beispiel auf einen Bagger. (Bild: Guadalupe Pardo / Reuters)
Freiwillige verteilen Kleider an die Menschen, die ihre Häuser zurücklassen mussten. (Bild: Mariana Bazo / Reuters)
Menschen, die vor dem Hochwasser geflüchtet sind, warten in einer Reihe auf Essen. Sie sind auf die Unterstützung der freiwilligen Helfer angewiesen. (Bild: Mariana Bazo)
Ein Erdrutsch zerstörte am Donnerstag Teile des Distrikts Huachipa in Lima. (Bild: Guadalupe Pardo / Reuters)
In Lima regnet es normalerweise nur wenig. Nach anhaltendem Niederschlägen war die Infrastruktur der Millionenstadt überfordert, der Regen überflutete Strassen und löste Erdrutsche aus. (Bild: Sebastian Castaneda / Reuters)
Der Rímac-Fluss überflutete Teile der peruanischen Hauptstadt. Mehrere hundert Einwohner konnten am Freitag wegen des Hochwassers ihre zerstörten Wohnungen nicht mehr verlassen. (Bild: Ernesto Arias / EPA)
Sie wurden von der nationalen Polizei mit einem Seil, das über die Fluten führte, gerettet. (Bild: Guadalupe Pardo / Reuters)
Hunderte von Menschen wurden in einer spektakulären Rettungsaktion aus ihren zerstörten Wohnungen befreit. (Bild: Martin Mejia / AP)
Ein junger Mann versucht es auf eher ungewöhnliche Art. (Bild: Ernesto Arias / EPA)
Ein Feuerwehrmann überquert das Hochwasser. (Bild: Guadalupe Pardo / Reuters)
Ein Knabe wagt es alleine. (Bild: Martin Mejia / AP)
Andere versuchten es direkt durch die Fluten, ebenfalls gesichert mit einem Seil. (Bild: Ernesto Arias / EPA)
Die Fluten sind reissend und die Überquerung des Flusses nicht ungefährlich. (Bild: Guadalupe Pardo / Reuters)
Eine Mutter und ihr Kind haben es geschafft. (Bild: Guadalupe Pardo / Reuters) Zum Artikel

Die anhaltenden Regenfälle in Peru haben einen Grossteil der Hauptstadt Lima zerstört. Zehntausende Menschen haben ihre Häuser verloren. Die heftigen Regenfälle in den Anden und an der Küste lassen die Flüsse zu Strömen werden, die sich den Weg zum Ozean suchen - und dabei alles Mögliche mitreissen. Durch das starke Gefälle zwischen Anden und Küste kommt es zu zahlreichen Erdrutschen. (Bild: Mariana Bazo / Reuters)

«Das Land erlebt einen seiner schwersten Momente in den vergangenen Jahren, die Zahl der Betroffenen in der Bevölkerung ist weit grösser als bei früheren Katastrophen», sagte der Kabinettschef Fernando Zavala in Lima. Die Schäden überträfen noch diejenigen des Sommers 1982/83 und 1997/98, als es schon ähnliche Unwetter gab.

Wichtige Strassenverbindungen sind unterbrochen, weil die Fahrbahn verschüttet oder weggeschwemmt ist oder Brücken unterspült sind. Damit kommen Transporte zum Erliegen, Hilfslieferungen auf dem Landweg werden schwierig oder unmöglich. Küstenorte können per Schiff zwar erreicht werden, aber es hapert bei der Weiterverteilung der Hilfsgüter. Die Armee setzt Transporthelikopter für Rettungseinsätze ein. Kolumbien hat angekündigt, vier Helikopter zur Verstärkung nach Peru zu entsenden.

Das Zentrum der drittgrössten Stadt, Trujillo wurde überspült. Aus Huarmey im nördlichen Peru wird berichtet, das Spital sei praktisch ausser Betrieb: das Erdgeschoss wurde überschwemmt, die Einrichtung ist im Schlamm versunken. Solche Vorfälle geben zur Frage Anlass, warum dieses Spital – aber auch Wohnviertel – an hochwassergefährdeten Orten errichtet wurden. Betroffen ist auch der Tourismus: Die archäologische Stätte von Caral nahe bei Lima, bekannt als älteste Stadt Amerikas, wurde geschlossen.

Die Unwetter fordern auch politische Opfer. Die Zustimmungsrate von Präsident Pedro Pablo Kuczynski fiel von 38 auf 32 Prozent.

Der Küsten-Niño könnte ein Vorbote sein

Wissenschafter sprechen vom Phänomen eines «Küsten-Niño»: Die Meerestemperatur ist bis zu fünf Grad höher als üblich um diese Zeit, das führt zu Wetterextremen. Allerdings ist das Phänomen bisher auf den Pazifik vor Peru begrenzt, könnte aber Vorbote sein für ein neues starkes «El Niño«-Phänomen.

Zwei Frauen und alles, was von ihrem Haus in Cajamarquilla übrig geblieben ist. (Bild: Reuters)

Zwei Frauen und alles, was von ihrem Haus in Cajamarquilla übrig geblieben ist. (Bild: Reuters)

Beim Klimaphänomen El Niño sammeln sich warme Wassermassen im zentralen und östlichen Pazifik, die Folge sind weltweite Wetterextreme. In dieser Saison ist das Phänomen besonders ausgeprägt und Peru stark betroffen. Heftige Regenfälle führen in Peru besonders leicht zu Erdrutschen, weil es in dem südamerikanischen Andenland viele baumarme Bergregionen und sandige Gebiete gibt, die kaum Wasser aufnehmen können. Besonders gefährdet sind die Menschen in Perus Armenvierteln, deren Hütten kaum Schutz bieten.

In Peru lassen heftige Regenfälle in den Anden und an der Küste die Flüsse zu Strömen werden, die sich den Weg zum Ozean suchen - und dabei alles Mögliche mitreissen. Durch das starke Gefälle zwischen Anden und Küste kommt es auch zu zahlreichen Erdrutschen. Vor allem Orte an Hanglagen wurden zu Katastrophenregionen, im Ort Chosica, 40 Kilometer östlich von Lima, wurden teilweise ganze Häuser von den Fluten mitgerissen. Tausende von Häusern sind bereits zerstört.