Anleger beäugen den Augenmedizin-Riesen Alcon kritisch

Alcon ist in den ersten drei Quartalen kräftig gewachsen. Dennoch fällt der Aktienkurs des Genfer Konzerns am Mittwoch um bis zu 9 Prozent. Auch andere Medizintechnikunternehmen haben zurzeit an der Börse einen schweren Stand.

Dominik Feldges 3 min
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Kontaktlinsen und Flüssigkeiten für deren Einsatz gehören ebenfalls zum Angebot von Alcon.

Kontaktlinsen und Flüssigkeiten für deren Einsatz gehören ebenfalls zum Angebot von Alcon.

Alastair Miller / Bloomberg

Zumindest in der Theorie kann sich Alcon über einen stetig wachsenden Markt freuen. Eine zunehmend ältere Bevölkerung treibt die Nachfrage nach Augenoperationen in die Höhe. Als weltgrösster Anbieter von Geräten für die Augenchirurgie profitiert der Genfer Konzern von dieser Entwicklung. Hinzu kommt, dass er die Nummer zwei im Geschäft mit Kontaktlinsen ist, das sich dank der noch immer steigenden Weltbevölkerung sowie wachsenden Einkommen in Schwellenländern ebenfalls positiv entwickelt.

Empfindliche Einbusse für einen SMI-Wert

In den ersten neun Monaten dieses Jahres erhöhte Alcon den Umsatz um 8 Prozent auf 7 Milliarden Dollar. In den im Vergleich zum Dollar in vielen Märkten schwächeren Lokalwährungen fiel das Wachstum mit 11 Prozent sogar zweistellig aus. Deutliche Fortschritte erzielte das Unternehmen auch bei der Profitabilität. Die Umsatzrendite auf Stufe Betriebsergebnis (Ebit) stieg gegenüber der Vorjahresperiode von 10 auf 11,8 Prozent.

Dennoch war diese Leistung manchen Anlegern zu wenig. Der Aktienkurs von Alcon verlor am Mittwochmorgen zunächst um bis zu 9 Prozent, nachdem der Konzern am Vorabend nach Börsenschluss seine Geschäftszahlen publiziert hatte. Für ein Börsenschwergewicht wie Alcon, dessen Aktien Teil des Swiss-Market-Indexes (SMI) sind, ist das eine drastische Einbusse, auch wenn die Verluste später eingegrenzt wurden und bis zum Handelsschluss noch 5,4 Prozent auf 63.38 Franken erreichten.

Geschäfte mit implantierbaren Produkten enttäuschen

Für Verstimmung unter Investoren sorgte die jüngste Entwicklung im Geschäftsbereich Augenchirurgie (Surgical). Der Umsatz von 1,3 Milliarden Dollar im dritten Quartal verfehlte die durchschnittliche Erwartung von Finanzanalytikern um 3 Prozent.

Enttäuschend entwickelte sich vor allem der Absatz der implantierbaren Produkte. Die Verkäufe stiegen nach einem bereits schwachen zweiten Quartal lediglich um 2 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode – auf 401 Millionen Dollar. Dies veranlasste Analytiker der UBS zur Bemerkung: «Wir denken, dass Investoren mehr als diese Verbesserung sehen möchten.»

Bei Kataraktoperationen, denen sich überwiegend Patienten im Alter von über 60 Jahren unterziehen, wird die getrübte Augenlinse erst zerkleinert, dann entfernt und am Schluss durch eine künstliche Linse im Auge ersetzt. Für die Firma Alcon, die für solche Eingriffe sowohl die Geräte als auch das Verbrauchsmaterial liefert, ist dies eines der wichtigsten Standbeine. Doch im grössten Absatzmarkt, den USA, macht ihr die Konkurrenz neuer Anbieter zu schaffen. Auch ein Riese wie Alcon ist offenbar nicht dagegen gefeit, von Jungunternehmen herausgefordert zu werden, die neuartige Ansätze erproben.

Der gesamte Medtech-Sektor steht unter Druck

Anleger beäugen Alcon schon länger kritisch. So notiert der Aktienkurs der Firma im Vergleich mit dem Stand von Anfang Jahr zwar noch immer beinahe unverändert, doch in den zurückliegenden sechs Monaten büsste er um 11 Prozent ein. Ein schwacher Trost dürfte für die Anteilseigner dabei sein, dass sich die Papiere des Hauptkonkurrenten Bausch + Lomb in den letzten sechs Monaten mit einem Minus von 13 Prozent sogar noch etwas schlechter entwickelt haben.

Insgesamt haben die meisten Unternehmen im Medtech-Sektor Investoren jüngst wenig Freude bereitet. Bei den Aktien des weltgrössten Hörgeräteherstellers Sonova sowie jenen des Zahnimplantateanbieters Straumann erreichte der Wertverlust in den vergangenen sechs Monaten sogar je rund 15 Prozent.

Die Story von Novo Nordisk und Eli Lilly ist heisser

Analytiker des US-Wertschriftenhauses Morgan Stanley erklären sich das branchenweite schwache Abschneiden vor allem damit, dass Anleger zurzeit nur Augen für Unternehmen zu haben scheinen, die vom Boom im Geschäft mit den neuartigen Therapien gegen Fettleibigkeit profitieren. So haben sich die Valoren der beiden Medikamentenhersteller Novo Nordisk und Eli Lilly im bisherigen Jahresverlauf um weitere 44 bzw. sogar um 67 Prozent verteuert.

Die – stark amerikanisch geprägte – Konzernführung von Alcon äussert sich gleichwohl euphorisch. In der Medienmitteilung zum jüngsten Quartalsergebnis lässt sich David Endicott, welcher der Geschäftsleitung bereits seit 2016 vorsteht, mit den Worten zitieren: «Jetzt, wo wir uns dem Jahresende nähern, sind wir begeistert von der Zukunft.» Nun muss der Funke nur noch auf die Anleger überspringen.

Begeisterung für Medtech verpufft

Veränderung Aktienkurse gegenüber Anfang 2023 in Prozent
Alcon
Bausch + Lomb
Sonova