Kommentar

Starbucks wagt den Weg über die Alpen

Für die Kaffeekette aus Seattle war die Welt bisher am Rand der Alpen zu Ende. Das soll sich nun ändern.

Ulrike Sauer, Rom
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Starbucks-CEO Howard Schultz will auch im Heimatland von Espresso und Cappuccino seinen Kaffee verbreiten. (Bild: David Ryder / Reuters)

Starbucks-CEO Howard Schultz will auch im Heimatland von Espresso und Cappuccino seinen Kaffee verbreiten. (Bild: David Ryder / Reuters)

Hannibal, der karthagische Heerführer, zog 218 v. Chr. mit 37 Elefanten über die Alpen auf die italische Halbinsel. Der taktische Coup war ein spektakulärer Auftakt des Krieges gegen Rom. Für Starbucks, die Kaffeekette aus Seattle, deren 28 000 Filialen an den entlegensten Strassenecken des Planeten anzutreffen sind, war die Welt bisher am Rand der Alpen in Luzern und Innsbruck zu Ende. Südlich davon drückten die Baristi das Lebenselixier der Italiener durch ihre chromblitzenden Espressomaschinen. Der Tässchen-Kult der Nachfahren der Römer hielt den Erfinder des Coffee-to-go auf Distanz.

Nun aber war die Zeit für Starbucks-Gründer Howard Schultz reif. Der amerikanische Kaffee-Hannibal traute sich nach drei Jahrzehnten und eröffnete im Herzen Mailands an der Piazza Cordusio im Heimatland von Espresso und Cappuccino sein erstes Café. Der Kulturkampf zwischen den kleinen Schwarzen und dem Gebräu im Pappbecher wird nun in Italiens Wirtschaftsmetropole ausgetragen. Wo auch sonst? In Mailand, der Stadt der Weltausstellung 2015, wirken Veränderungen wie eine heilsame Droge. Das antike Mediolanum berauscht sich an seinem Aufbruch. Und zieht Grossinvestoren wie Google, Amazon und Apple an, letztgenannter liess den Stararchitekten Norman Foster gerade die Piazza Liberty in ein futuristisches Amphitheater mit angeschlossenem iPhone-Store umwandeln.

Für den Starbucks-Erfinder schliesst sich nun ein Kreis. Mailands Kaffeekultur inspirierte Schultz vor 35 Jahren zur Gründung seiner Café-Kette. Jetzt kehrte er zurück, brachte Starbucks mit und knauserte nicht. Er liess Mailands alte Hauptpost in einen 2300 Quadratmeter grossen Kaffeetempel umbauen. Zwischen den Säulen des Eingangs-Portikus steht in dezenten Lettern «Starbucks Reserve Roastery». Die Edelfiliale hat nichts mit den gewöhnlichen Starbucks gemein. Die Besucher empfängt ein riesiger Kaffeeröster von Scolari. Die Innenarchitektin arbeitete mit 280 italienischen Handwerkern zusammen. Sie setzten Kupfer, toskanischen Marmor, Massivholz und Murano-Glas ein. Bei der Premiere stellte sich so, 2236 Jahre nach der Alpenüberquerung der Elefanten, ein gewisser Wow-Effekt ein.

Unter der Marke «Reserve» bietet der Multi in Mailand einen Espresso für € 1.80, der Cappuccino kostet € 4.50. Das ist für italienische Verhältnisse horrend teuer. Und stellt ein kommerzielles Wagnis dar: Niedrige Preise, hohe Ansprüche, grosses Traditionsbewusstsein und ein mit 130 000 Kaffeebars eindeutig überbesetzter Markt machen aus Italien kein leichtes Pflaster.