Warum der Kuckuck kichert, wenn er anderen sein Ei untergejubelt hat

Wenn ein Kuckucksweibchen sein Ei in ein fremdes Nest legt, gilt: je schneller und unauffälliger, desto besser. Warum also hält es nach vollbrachter Tat nicht den Schnabel?

Stephanie Kusma
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Ein Kuckucksei (rechts) im Nest eines Teichrohrsängers. (Bild: Imago)

Ein Kuckucksei (rechts) im Nest eines Teichrohrsängers. (Bild: Imago)

Der namensgebende «Kuck-kuck»-Ruf des Kuckucks ist einer der bekanntesten Vogellaute. Doch es sind nur die Männchen, die so auffällig rufen. Die Weibchen sind eher still und unauffällig – was sinnvoll erscheint, da sie ja ihre Eier in fremde Nester legen. Denn je weniger die Nestbesitzer vom Kuckuck in ihrer Nähe mitbekommen, desto grösser ist die Chance, dass sie das Kuckucksei in ihrem Nest akzeptieren.

Kichern nach der Eiablage

Doch auch weibliche Kuckucke rufen – was wie eine Art Kichern tönt –, und zwar besonders häufig direkt nach der Eiablage. Aber warum ausgerechnet dann, wenn es besonders wichtig ist, nicht gesehen zu werden? Diesem paradox erscheinenden Verhalten sind britische Forscher nun nachgegangen.

Sie spielten Teichrohrsängern vier verschiedene Rufe vor – jene des männlichen und des weiblichen Kuckucks, den des Sperbers und das Gurren der Türkentaube. Die Taube diente als neutrale Kontrolle, der Ruf des Sperbers dagegen (dem der Kuckuck auch im Gefieder gleicht) ähnelt dem Kuckucks-Kichern in der Grundfrequenz und der Rufrate, wie die Forscher in der Fachzeitschrift «Nature Ecology & Evolution» schreiben.

Die Streifen auf der Brust des Kuckucks ähneln jenen des Sperbers. (Bild: Alastair Rae / flickr.com (CC BY-SA 2.0))

Die Streifen auf der Brust des Kuckucks ähneln jenen des Sperbers. (Bild: Alastair Rae / flickr.com (CC BY-SA 2.0))

Wie sich zeigte, interessierten sich die kleinen Singvögel tatsächlich nur für die Rufe des Sperbers und des Kuckucksweibchens: Sie erhöhten ihre Aufmerksamkeit. Die anderen beiden ignorierten sie.

Abgelenkte Vogeleltern

Sperber stellen eine Bedrohung für die erwachsenen Teichrohrsänger dar, die Kuckucke dagegen für deren Nachwuchs. Reagieren die Singvögel deshalb auf das Kuckucks-Kichern? Offenbar nein, wie die Wissenschafter feststellten: Auch Meisen fühlten sich durch das Kichern der Kuckucksweibchen bedroht, und Meisen gehören nicht zu den Opfern des Brutparasiten. Dies deutet laut den Forschern darauf hin, dass es die Ähnlichkeit des Kuckucks-Kicherns mit dem Ruf des Sperbers ist, auf die Meisen wie Teichrohrsänger reagieren.

Tatsächlich zeigte sich bei weiteren Experimenten, dass die Teichrohrsänger ein fremdes Ei doppelt so häufig im Nest akzeptieren, wenn sie direkt nach dessen Ablage (im Versuch durch die Forscher) einen Sperber oder einen weiblichen Kuckuck hörten. Die «persönliche» Bedrohung lenkt offenbar die Aufmerksamkeit der Singvögel vom Nest weg, was dem Kuckucksei zugute kommt.

Lieber vorsichtig als tot

Offenbar, so schliessen die Forscher, gehört der imitierte «Sperber-Ruf» des Weibchens zu den Anpassungen, die die Vögel im Rahmen ihres Brutparasitismus entwickelt haben. Eine davon betrifft zum Beispiel die Kuckuckseier, die in der Farbgebung und dem Muster jenen der Wirte ähneln und so in deren Nest weniger auffallen.

Dass die Rufe von Sperber und Kuckucksweibchen für unsere Ohren klare Unterschiede aufweisen, spielt laut den Forschern keine Rolle. Die Ähnlichkeit ist demnach gross genug – und Vorsicht offenbar auch bei Vögeln die Mutter der Porzellankiste: Einmal einen Sperber ignorieren kann den Tod bedeuten. Eine Brut zu verlieren, ist demgegenüber weniger schlimm.