Staub, Sand, Wasser – diese Sauger verschlucken alles

Wer mehr als Krümel und Staub beseitigen will, braucht einen professionellen Staubsauger. Worauf man beim Kauf achten muss.

Andreas Hirstein 4 min
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Professioneller Staubsauger, hier ein für Bäckereien entwickeltes Modell.

Professioneller Staubsauger, hier ein für Bäckereien entwickeltes Modell.

Die EU nimmt seit einigen Jahren auch den Staubsauger in die Hand. Laut ihrer Ökodesignrichtlinie dürfen die Geräte nur noch 900 Watt Strom aufnehmen. Man kann die Bürokratie kritisieren. Andererseits spricht nichts dagegen, dass die Hersteller die Saugleistung ihrer Geräte nicht einfach durch stärkere Motoren erhöhen, sondern durch ein besseres aerodynamisches Design der Luftführung und der Filter.

Von der Richtlinie ausgenommen hat die EU Industriestaubsauger und Staubsauger für Aussenbereiche. Auf Baustellen und in Handwerksbetrieben sind die Maschinen für die Gesundheit der Mitarbeiter unerlässlich – egal, ob es um die Beseitigung des Staubs in Schreinereien, Bäckereien oder Schlossereien geht.

Auch für Heimwerker kann sich ein solcher Staubsauger lohnen. Mit handlichen Akkustaubsaugern, die in privaten Haushalten sonst anzutreffen sind, ist jedenfalls nicht viel anzufangen, wenn ein seit Jahren nicht mehr betretener Estrich gereinigt werden muss oder wenn nach einem Wolkenbruch das Wasser im Keller steht.

Gefahr für Gardinen

Wer das höhere Gewicht dieser Geräte nicht scheut, kann mit ihnen auch die Wohnung reinigen. Gardinen sollte man aber nicht zu nah kommen, sonst verschwinden sie für immer im Saugrohr.

Industriestaubsauger gibt es von diversen Herstellern. Man findet sie in grossen Baumärkten oder im spezialisierten Fachhandel. Zu den bekanntesten Anbietern gehören Hilti, Stihl, Festool und Kärcher. Eine Empfehlung für die eine oder andere Marke geben wir hier nicht ab. Der Kaufentscheid wird auch eine Frage des Preises sein. Ein Besuch beim Fachhändler ist auf jeden Fall zu empfehlen.

Wir haben für diesen Artikel ein Gerät von Kärcher ausprobiert. Bekannt ist das süddeutsche Unternehmen vor allem durch seine Hochdruck-Wasserreiniger. Das umgangssprachliche Verb «kärchern» hat es bereits in den Duden geschafft.

Im Aufbau unterscheiden sich professionelle Staubsauger der verschiedenen Hersteller kaum voneinander. Der mit Kunststoffrädern versehene Auffangbehälter bildet die Basis. Darauf befindet sich der «Saugkopf» mit dem Gebläse und dem Filter. Wenn der Auffangbehälter voll ist, öffnet man zwei seitliche Verriegelungen, nimmt den Saugkopf ab und leert den Behälter.

Viele Modelle bieten zudem die Möglichkeit, einen Plastiksack im Auffangbehälter einzusetzen. Dann entsorgt man, ohne viel Staub aufzuwirbeln, den vollen Sack. Wer es noch sauberer will oder wer krebserzeugende Stoffe aufsaugen muss, kann am Saugkopf einen zusätzlichen Staubbeutel befestigen, wie man ihn von herkömmlichen Haushaltsstaubsaugern kennt.

In unserem Test haben wir das Modell NT 30/1 Tact L eingesetzt. Es handelt sich um den kleinsten Sauger aus der für Profis geeigneten Tact-Baureihe von Kärcher mit einem Behälterinhalt von 30 Litern. Laut dem Hersteller kann das Gerät pro Sekunde 74 Liter Luft aufsaugen. Dabei verbraucht es 1380 Watt. Die Bürokraten in Brüssel müssen an dieser Stelle vermutlich tief durchatmen, was dank dem im Staubsauger eingebauten Feinstaubfilter aber gefahrlos möglich ist.

Das Herzstück

Ohnehin ist der Filter das Herzstück eines jeden Staubsaugers. Er verhindert, dass der ausgesaugte Staub das Gerät wieder verlässt, und er schützt das Gebläse vor dem Schmutz. Beim getesteten Modell ist der Filter einfach zugänglich: Man muss am Saugkopf nur eine Verriegelung öffnen und den Filter herausnehmen.

Im Unterschied zu Haushaltsstaubsaugern, die in der Regel einen feinporigen Hepa-Filter besitzen, kann man bei Industriegeräten aus einer ganzen Palette von verschiedenen Produkten wählen. Wenn man nur Flüssigkeiten aufsaugt, greift man zu einem Grobschmutzfilter, der eher an ein Gitter erinnert. Andere Filter eignen sich sowohl zum Aufsaugen von flüssigen als auch von trockenen Stoffen. Beachten muss man in jedem Fall die Staubklasse, die es zu beseitigen gilt. Für Asbest zum Beispiel (Staubklasse H) müssen spezielle Filter verwendet werden. Der Staubabscheidegrad solcher Filter, die über 150 Franken kosten können, beträgt 99,995%.

Industriestaubsauger ersetzen keinen Besen – groben Schmutz muss man wie bisher aufkehren.

Achten sollte man beim Kauf eines Geräts auf eine automatische Filterreinigung. Sie verhindert, dass der Filter nach kurzer Zeit verstopft und die Arbeit dann unterbrochen werden muss. Die automatische Reinigung verhindert dies, indem sie periodisch Luft in entgegengesetzter Richtung und stossweise durch den Filter bläst. Staub und Schmutz, der sich in den Filterlamellen angesammelt hat, wird dadurch abgeschüttelt und fällt in den Auffangbehälter.

Dieses Verfahren funktioniert bei trockenem, körnigem Staub gut, stösst beim Aufsaugen von Glasfaser-Flocken aber an Grenzen. Dann muss man den Filter herausnehmen und von Hand reinigen. Und das ist eine, nun ja, staubige Angelegenheit.

Unangenehm bei der Benutzung ist die manchmal auftretende elektrostatische Aufladung des Saugrohrs. Verursacht wird sie durch die Reibung der Partikel, die elektrische Ladung übertragen. Steigt die Spannung dabei auf zu hohe Werte, fliesst sie über die Hände des Benutzers zur Erde ab – ein leichtes Prickeln.

Industriestaubsauger ersetzen keinen Besen – groben Schmutz, der in Saugrohr und -schlauch hängen bleiben kann, muss man wie bisher aufkehren. Für die weitere Reinigung aber sind sie eine grosse Erleichterung.

NZZ am Sonntag, Wissen

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