Tausende solidarisieren sich auf dem Zürcher Münsterhof mit Israel. «Wer wie die Hamas Frauen vergewaltigt, alte Menschen tötet und Kinder entführt, ist kein Verhandlungspartner, sondern ein Terrorist», sagt Mario Fehr

Der Zürcher Regierungspräsident spricht an einer Kundgebung von einer «naiven Schweizer Aussenpolitik» und sichert Israel Unterstützung zu – auch finanzielle.

Daniel Fritzsche 3 min
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Tausende Menschen trauerten am Dienstagabend auf dem Münsterhof um die vielen Opfer in Israel.

Tausende Menschen trauerten am Dienstagabend auf dem Münsterhof um die vielen Opfer in Israel.

Ennio Leanza / Keystone

Vor zwanzig Monaten war der Münsterhof in Blau-Gelb getaucht. 20 000 Menschen solidarisierten sich in Fahnen gehüllt mit der Ukraine, die von Russland angegriffen wurde. Am Dienstagabend dominierten auf dem geschichtsträchtigen Platz in der Zürcher Altstadt, auf dem schon Churchill sprach, die Farben Blau und Weiss. Der Anlass der Kundgebung war wieder ein trauriger: die Attacke der Hamas auf Israel.

Aufgerufen zum Solidaritätsanlass hatten die Israelitische Cultusgemeinde Zürich (ICZ) und andere jüdische Organisationen. Tausende Teilnehmer waren gekommen, um der Opfer des terroristischen Angriffs zu gedenken. Und um ein Zeichen zu setzen für den Staat Israel, dessen Existenzrecht nicht nur von der Hamas, sondern auch von einigen westlichen, vordergründig aufgeklärten Personen und Organisationen immer wieder infrage gestellt wird.

Das Gross- und das Fraumünster liessen minutenlang die Glocken läuten. In der Menge waren viele Israel-Fahnen zu sehen und Plakate mit Botschaften wie «Our love is stronger than their hate», «Free Palestine from Hamas» und «Rape is not resistance». Jacques Lande, Präsident der ICZ, sprach von dem Glück, in einem friedliebenden Rechtsstaat wie der Schweiz leben zu können, und rief zu einer Schweigeminute auf.

Israels Botschafterin in der Schweiz, Ifat Reshef, wandte sich in einer emotionalen Rede an den «Platz voller Liebe und Unterstützung», wie sie den Münsterhof umschrieb. Unterbrochen von Tränen schilderte sie abscheuliche Szenen, die sich am vergangenen Samstag in Israel abgespielt hatten: Entführungen, Morde, Vergewaltigungen.

Unter grossem Applaus forderte Reshef die Schweizer Behörden auf, die Hamas offiziell als Terrororganisation einzustufen. Eine Forderung, der sich alle Redner des Abends anschlossen. So auch Brigitte Bos-Portmann von der Gesellschaft Schweiz - Israel, die Journalistin Joëlle Weil und der Zürcher Regierungspräsident Mario Fehr.

Die Liebe ist stärker als der Hass der Hamas – dies eine Botschaft der Kundgebung auf dem Münsterhof.

Die Liebe ist stärker als der Hass der Hamas – dies eine Botschaft der Kundgebung auf dem Münsterhof.

Ennio Leanza / Keystone

Fehr äusserte deutliche Kritik an der Schweizer Aussenpolitik. Dass man an die Illusion geglaubt habe, mit der Hamas ernsthaft verhandeln zu können, sei naiv. «Wer Frauen vergewaltigt, alte Menschen tötet und Kinder entführt, ist kein Verhandlungspartner, sondern ein Terrorist.» In der Schweiz gehöre die Hamas verboten. Es sei beschämend, dass Vertreter von ihr im Bundeshaus empfangen würden und sie bis heute als ganz normale Organisation Spenden sammeln könne. Zudem müsse der Bundesrat die Entwicklungszusammenarbeit mit den Palästinensern sistieren, bis klar sei, wem das Geld wirklich zugutekomme.

Der Regierungspräsident Fehr kündigte auch finanzielle Hilfe an. Man werde einen Beitrag für den Wiederaufbau von zerstörten Kibbuzim spenden. Im Kanton Zürich werde man zudem alles unternehmen, damit jüdische Einrichtungen geschützt würden. «Unsere jüdischen Nachbarn sollen sich hier, in Zürich und in der ganzen Schweiz, weiterhin sicher fühlen.»

Mario Fehr spricht sich für ein Verbot der Terrororganisation Hamas aus.

Mario Fehr spricht sich für ein Verbot der Terrororganisation Hamas aus.

Ennio Leanza / Keystone

Die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch liess schriftlich ihr Mitgefühl mit den rund sechstausend Juden, die in der Stadt Zürich leben, ausrichten. Selber konnte sie nicht am Anlass teilnehmen. Auf dem nahen Stadthaus wurde am Abend eine Israel-Flagge gehisst. Dies als Zeichen der Solidarität mit den Opfern und ihren Angehörigen. Über eine allfällige längerfristige Beflaggung von Amtshäusern und im öffentlichen Raum – analog zu den im März 2022 gehissten Ukraine-Flaggen – wäre durch den Gesamtstadtrat zu entscheiden.

Wie Mauchs Sprecher mitteilte, wird sich der Stadtrat erst nach den Herbstferien zu einer nächsten Sitzung treffen. Die Stadt habe die Möglichkeit, im Rahmen der humanitären Hilfe in Krisensituationen, auch in Kriegsfällen, Unterstützung zu leisten. Ob sie dies tun wird, ist noch unklar. Der Stadtrat könnte Nothilfeprojekte von etablierten, spezialisierten Hilfsorganisationen unterstützen. Auch grosse Organisationen wie die Glückskette könnten sich an die Stadt wenden, schreibt Mauchs Sprecher. Im Moment lägen noch keine Anfragen vor.

Die Kundgebung auf dem Münsterhof endete mit dem Singen der israelischen Nationalhymne, der Hatikvah – auf Deutsch: die Hoffnung.

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