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Ziemlich "stoned": Von Stein zu Stein zum Sonnenstein

Gästebuch: Ein Ausflug von Gut Moorbeck nach Cloppenburg zeigt: Das Huntetal ist übersät von Findlingen, weshalb die Strecke hier auch "Straße der Megalithkultur" heiße.

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Wenn einer eine Reise tut, braucht er erst ein Motto. Natürlich kann man auch aufs Geratewohl losdüsen. Aber wer weiß, wohin das führt. Also ein Motto muss her. Die schönsten Schlösser Norddeutschlands beispielsweise. Oder die leckersten Schinkenspeckstationen zwischen Weser und Ems. Oder per Drahtesel von Insel zu Insel.

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) wählte in ihrer jüngsten Ausgabe als Motto für einen Reisebericht „Steine“. Das Blatt widmete den Steinen eine ganze Seite und versprach allerlei Neues und Interessantes. Und wohin ging’s? Na, in die Heimat. Von Gut Moorbeck nach Cloppenburg. Immer nach dem Motto: von Stein zu Stein.

Wir lernen die „Glaner Braut“ und den „Visbeker Bräutigam“ kennen, passieren den früheren Wohnort von Trio („Da Da Da“) und erreichen die Stelle zwischen Beverbruch und Bissel, wo im September 1930 ein Meteorit niedergegangen sein soll. Schon wieder ein Stein, von dem wir nichts wussten. Reisen bildet. Das Huntetal ist übersät von Findlingen, entdecken die FASler, weshalb die Strecke hier auch „Straße der Megalithkultur“ heiße.

„Der Weg war hier nicht das Ziel. Das Ziel der FASler hieß 'Sonnenstein', die Disco im Cloppenburger Museumsdorf.“

Vor 20.000 Jahren seien die tonnenschweren Megalithen mit den Eiszeitgletschern aus Skandinavien hierher gelangt. Unsere Vorfahren nutzten sie für Großsteingräber. So plätschert der Bericht dahin, und langsam wartet man gespannt auf das Ziel, den Clou, den Anlass für die „Travelling Stones“.

Der Weg war hier nicht das Ziel. Das Ziel der FASler hieß „Sonnenstein“, die Disco im Cloppenburger Museumsdorf. „Stein“ war klar; so lautete schließlich das Motto. Aber „Sonne“? Ein Sonnenstein sei ein halbtransparenter Edelstein, mit dem die Wikinger früher den Stand der Sonne im trüben Himmel über den Nordmeeren ablesen konnten.

Ein trefflicher Name für eine Landdisco, fanden die Reiseberichterstatter aus Frankfurt, Landdiscos seien heutzutage ja so selten geworden, dass man sie mit der Lupe suchen müsse. Die Sonne brannte vom Himmel. Das Hinterteil schmerzte vom harten Sattel. Noch 40 Kilometer bis nach Cloppenburg.

Trocken wie Mehlstaub

Den „Heidenopfertisch“ ließen sie links liegen, lauschten beim Vertilgen der letzten Flasche Wasser dem deutlich vernehmbaren Rauschen der Autos von der nahen A1, dachten an Stonehenge, das angeblich auch an einer Fernstraße liegt, und lechzten nach etwas Trinkbarem, um sich vor dem völligen Verdursten kurz vor der Disco und dann in eben jene zu retten.

Sie fanden völlig dehydriert ein Backsteinhaus aus den 50er-Jahren. Unser „Sonnenstein“! Oder besser vielleicht „Sonnenschein“? Sie hatten es geschafft. Eben gerade noch. Denn laut Prospekt schloss die Disco um 18 Uhr. Vor dem Haus saßen ein paar ältere Herrschaften auf einer Bank.

Und jetzt O-Ton FAS: „Beschwingt gingen wir hinein. Rein gewohnheitsmäßig nahmen wir am Tresen Platz und blickten auf die leere Tanzfläche. Ein Radler wäre jetzt schön. Wo war die Bedienung? Auf dem Tresen war ein Knopf. Den drückten wir. Es kamen nur Stimmen vom Band.“ Das war’s.

Ein Radler konnten die Reiseleute trotz weniger Minuten vor dem Kollaps nicht bekommen. Da fiel es ihnen wie Schuppen von den Augen. Sie waren in einer Museumsdisco gelandet. Trocken wie Mehlstaub im 50 Kilometer entfernten Harpstedt abgebaut und hier wieder aufgebaut. Frustriert und schweigend machten sich die Steine-Sucher auf den Rückweg in die Main-Metropole. Der Titel des Reiseberichts lautete dann auch sinnigerweise „stoned“.


Zur Person:

  • Otto Höffmann ist Rechtsanwalt in Cloppenburg.
  • Den Autor erreichen Sie unter der E-Mail-Adresse redaktion@om-medien.de.

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