Grafenwöhr
25.03.2021 - 18:00 Uhr
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Neues zum Übungsluftraum: Die US-Luftwaffe will über Grafenwöhr und Hohenfels hoch hinaus

Die US-Luftwaffe will den Luftraum über der Oberpfalz besser für ihre Übungen nutzen können. Dazu gibt es aus dem Bundesverteidigungsministerium etwas neues.

Obwohl in der Oberpfalz keine Kampfflugzeuge stationiert sind, kreisen regelmäßig nicht nur amerikanische Kampfjets sondern auch die der Bundesluftwaffe oder von Nato-Partnern über der Region. So wie das amerikanische Heer nutzen auch die US-Luftwaffe und ihre Verbündeten seit Jahrzehnten die amerikanischen Truppenübungsplätze Grafenwöhr (Kreis Neustadt/WN) und Hohenfels (Kreis Neumarkt) für ihre Übungen.

Die Grenzen des dafür vorgesehenen Übungsluftraums würde die US-Luftwaffe gerne anpassen. Allerdings soll es bei dem Antrag der Amerikaner vom Oktober 2020 nicht um eine Zusammenlegung bestehender Übungslufträume gehen, wie es noch am 24. Februar aus dem Bundesverteidigungsministerium geheißen hatte. Das formuliert das Ministerium jetzt anders. Am Mittwoch teilte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverteidigungsministerium, Thomas Silberhorn (CSU), auf eine Anfrage des Regensburger Angeordneten Stefan Schmidt (Grüne) in der Fragestunde des Bundestages mit, dass es sich bei dem Antrag der US-Luftwaffe "vielmehr um eine ,Neuordnung' bzw. Optimierung bereits bestehender Lufträume und nicht deren Zusammenlegung" handelt.

Der Luftraum über den beiden amerikanischen Truppenübungsplätzen in der Oberpfalz ist für den zivilen Flugverkehr gesperrt. Diese Sperre erstreckt sich über Grafenwöhr vom Boden bis auf rund zehn Kilometer Höhe und über Hohenfels vom Boden bis in etwa sechs Kilometer Höhe. Dabei geht es um den Schutz der militärischen und zivilen Piloten. Über und auf beiden Plätzen üben Helikopter und Militärflugzeuge. Zudem wird in Grafenwöhr scharf geschossen, auch mit Artillerie. Über den beiden Übungslufträumen gibt es weitere, die "diese verbinden können und bei Bedarf bis in sehr große Höhen bis rund 22 Kilometer nutzbar sind", heißt es vom Bundesverteidigungsministerium.

Erinnerung an Flugzeugabsturz

Die Kampflugzeuge und Hubschrauber üben über den Truppenübungsplätzen, um die Szenarien für die Bodentruppen realistischer zu gestalten oder das Zusammenspiel mit den JTAC (Joint Terminal Attack Controller), den Fliegerleitoffizieren, zu trainieren. Diese sind die Augen des Piloten auf dem Boden. Sie sind das Bindeglied zwischen den Heeressoldaten, koordinieren und fordern die Feuerunterstützung aus der Luft und von der Artillerie sowie von See an. Nur letzteres lässt sich in der Oberpfalz nicht üben. Zudem fliegen Kampfjets nach Grafenwöhr, um Übungsbomben abzuwerfen. So wie etwa die amerikanischen F-16 vom US-Fliegerhorst Spangdahlem (Rheinland-Pfalz). Der Absturz eines Flugzeugs dieses Typs nahe dem Dorf Engelmannsreut an der oberpfälzisch-oberfränkische Bezirksgrenze im August 2015 hatte das Übungsgeschehen einer breiten Öffentlichkeit vor Augen geführt. Damals kam niemand zu Schaden, der Pilot konnte sich retten.

An den Absturz erinnert der Bundestagsabgeordnete Schmidt, der nach den Plänen der US-Luftwaffe gefragt hat: "Die Menschen haben ein Recht darauf zu wissen, was über ihren Köpfen passiert. Drohnen und Kampfflugzeuge können schließlich auch abstürzen. Der Absturz eines F-16 Kampfjets bei Kirchenthumbach (Kreis Neustadt/WN) vor einigen Jahren ist nicht vergessen. Auch deswegen werde ich diese Pläne weiterhin kritisch begleiten."

Die Menschen haben ein Recht darauf zu wissen, was über ihren Köpfen passiert. Drohnen und Kampfflugzeuge können schließlich auch abstürzen. Der Absturz eines F-16 Kampfjets bei Kirchenthumbach vor einigen Jahren ist nicht vergessen. Auch deswegen werde ich diese Pläne weiterhin kritisch begleiten.


Seit dem Jahr 2002 nicht verändert

Auf seine Anfrage hin äußert sich das Ministerium nun auch ausführlicher zu Details. Demnach erstreckt sich der derzeitige Übungsluftraum über dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr "annähernd trapezförmig" über rund 30 Kilometer in Ost-West-Ausrichtung auf der Linie Grafenwöhr bis Pegnitzau und in Nord-Süd-Ausrichtung rund 15 Kilometer auf der Linie Kirchenthumbach bis Vilseck (Kreis Amberg-Sulzbach). Der Übungsluftraum geht vom Boden bis in zehn Kilometer Höhe. Das Gebiet ist nach den Daten des Luftfahrtamtes der Bundeswehr seit dem Jahr 2002 unverändert. Das teilte ein Sprecher des Luftfahrtamtes zu Beginn des Monats auf Anfrage mit. "Im Jahre 2018 erfolgte lediglich eine Neusektorisierung der ED-R 136 in den bestehenden Dimensionen." Hinter dem Kürzel ED-R 136 verbirgt sich der gesperrte Luftraum über Grafenwöhr.

Der Übungsluftraum über dem Truppenübungsplatz Hohenfels erstreckt sich rund 30 Kilometer von Kastl im Norden über Schmidmühlen (beide Kreis Amberg-Sulzbach) bis nach Burglengenfeld (Kreis Schwandorf). Die südliche Grenze verläuft laut Ministerium von Kallmünz (Kreis Regensburg) bis Velburg (Kreis Neumarkt). Die Nord-Süd-Ausdehnung beträgt demnach 15 Kilometer. Der Luftraum ist vom Boden bis in sechs Kilometer Höhe gesperrt.

Bis in 22 Kilometer Höhe

Der Antrag der US-Luftwaffe sieht nun nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums "eine höhen- und flächenmäßige Angleichung der bestehenden Übungslufträume vor". Ziel der Angleichung sei es demnach "durch die Vereinheitlichung von lateralen [seitlichen, Anm. der Redaktion] und vertikalen Luftraumgrenzen eine verbesserte Nutzung zu ermöglichen". Mit einer Ausdehnung in größere Höhen könnte der Wunsch der US-Seite mit bestehenden Luftkorridoren der Zivilluftfahrt kollidieren. Laut Ministerium bezieht sich der amerikanischen Antrag auf zwei Höhenbereiche: Von rund 3,3 Kilometer Höhe bis in etwa acht Kilometer Höhe und von acht Kilometer Höhe bis in 22 Kilometer Höhe. Eine zeitliche Einschränkung sei bisher nicht im amerikanischen Antrag enthalten. Würde dem Wunsch der US-Luftwaffe entsprochen werden, würde sich der neugeordnete, gemeinsame Luftraum auch weiterhin vom Nordrand des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr bis nach Regensburg erstrecken. Von Ost nach West würde der Luftraum östlich von Schwandorf bis nach Neumarkt reichen. Wobei, so ist das Ministerium zu verstehen, außerhalb und zwischen den Truppenübungsplätzte bis in mehr als 3000 Meter Höhe Platz für Sportflieger wäre. Aber noch ist nichts entschieden.

"Die Anfrage wird derzeit im Rahmen der etablierten Strukturen zur zivil-militärischen Zusammenarbeit im Flugverkehrsmanagement auf Umsetzung geprüft", teilte ein Sprecher des Luftfahrtamtes der Bundeswehr mit. Dabei werden mögliche Auswirkungen auf das Luftstraßennetz über Deutschland und die angrenzenden Nachbarländer sowie auf zivile und militärische Flugplätze geprüft. Zudem geht es um die Interessen aller Luftraumnutzer. Dazu werden üblicherweise unter anderem die Deutsche Flugsicherung, Flugplätze, der Deutsche Aero Club und möglicherweise auch der Umweltschutz gehört.

Der Absturz einer amerikanischen F-16 im Rückblick

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Hintergrund:

Drohnen, Kampfflugzeuge und die Oberpfalz

  • In Deutschland gibt es den allgemeinen Luftraum und militärisch reservierte Lufträume. Grundsätzlich gelten für die deutsche und die amerikanische Luftwaffe die gleichen Vorschriften, etwa was die Mindestflughöhe betrifft.
  • Am 20. Oktober 2020 beantragte die United States Air Force Europe (USAFE) ein zusätzliches Gebiet mit Flugbeschränkungen, um die beiden Übungsplätze Hohenfels und Grafenwöhr zu verbinden, teilte das Bundesverteidigungsministerium am 8. Januar mit.
  • Ein Genehmigungsverfahren für eine erweiterte Zulassung zum Betrieb von US-Drohnen in Korridoren zwischen Basen in der Oberpfalz ruht laut Bundesverteidigungsministerium. Die US-Streitkräfte hatten im Jahr 2014 einen Drohnenkorridor zwischen Grafenwöhr und Hohenfels beantragt.
 
 

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