Schönsee
07.04.2022 - 16:20 Uhr
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Seuche, Sage und spendable Stifter: OWV Schönsee macht sich seit 25 Jahren für Kreuzweg stark

Knorrige Bäume stehen in Schönsee Spalier, wenn sich in der Fastenzeit die Gläubigen zum Kreuzweg aufmachen. Seit drei Jahrhunderten gibt es den Pfad, fast wäre er in Vergessenheit geraten.

An einem ganz normalen Wochentag ist es eine einsame Wanderung, die vom Schönseer Moorbad hinauf führt zur Magdalenenkapelle. Dazwischen liegen 14 Kreuzwegstationen, massive Skulpturen aus Granit. Nur Vogelgezwitscher und der Ruf einer Krähe sind zu hören, der Verkehr ist weit weg von dem Pfad, dessen Schicksal seit ein paar Jahrzehnten der Oberpfälzer Wald in die Hand genommen hat. Kurz vor der Jahrtausendwende war von dem Kreuzweg nämlich nicht mehr viel übrig. "Eigentlich nur noch eine einzige Station", erinnert sich die Schönseer OWV-Vorsitzende Elisabeth Balk. Ihrem Vereinskollegen Alfred Drachsler sei es zu verdanken, dass noch einmal neu aufgelegt wurde, was die Säkularisation um 1800 schon ziemlich getilgt hatte.

"Stifter gesucht", hieß es dann plötzlich auf Anregung des OWV, und zur Überraschung der Initiatoren war das Echo enorm. "Innerhalb kurzer Zeit hatten viele Vereine, aber auch einzelne Familien eine Spende zugesagt," erzählt die Vorsitzende. Wer da alles großzügig war, ist jetzt in Stein gemeißelt und hat nächstes Jahr auch schon ein Vierteljahrhundert die Stellung gehalten. Auf der ersten Station, die Jesu Verurteilung zum Tode darstellt, ist es der OWV, der hier die Mittel aufgebracht hat. Gartenbauverein, Stopselclub, und sogar der Jugend- und Musikclub hatten Geld übrig für jeweils eine Station. Stellvertretende OWV-Vorsitzende Barbara Wirnshofer kennt auch die Familien, die hier in ein Stück Heimat investiert haben, "ihre" Station alljährlich von Moos befreien und mit ein paar Blumen dekorieren.

"In meiner Kindheit, da kannte man den Kreuzweg gar nicht mehr", berichtet Wirnshofer. Inzwischen gibt es alljährlich drei Termine, an denen die 14 Stationen in den Mittelpunkt rücken: In der Fastenzeit ist die Kolpingsfamilie hier mit Fackeln unterwegs, der OWV organisiert einen Kreuzweg für den Palmsonntag, und am Frauentag (15. August) pilgern Wallfahrer auf dem Weg nach Stadlern hier entlang. Unabhängig von der christlichen Tradition ist der Magdalenenweg ein beliebter Wanderweg, markiert auch als Zubringer zum Fernwanderweg "Goldsteig".

Nach den ersten Stationen entlang des Siedlungsgebiets führt der Kreuzweg in den Wald. "Da hat es manchmal nach einem Sturm bös aus'gschaut", berichtet Barbara Wirnshofer und erzählt von der Arbeit, die der OWV in das Projekt gesteckt hat: Vor allem auf den letzten Metern wurden schwere Granitblöcke im Boden verankert, die nun solide Stufen bilden. Oben angekommen deutet die 70-Jährige auf das kleine Bauwerk, die Maria- Magdalenen-Grotte. "Die war so von Efeu umrankt, dass man fast nichts mehr davon gesehen hat", erzählt sie. Vor zwei Jahren gab es dann eine "Befreiungs-Aktion". Vor allem Alfred Zach aus Gaisthal habe sich in der Vergangenheit viel um die Pflege bemüht. Nicht mehr zu retten war allerdings die Heiligenfigur: 1993 wurde die vom Holzwurm völlig zerfressene Magdalena von einer Nachfolgerin ersetzt.

Spätestens bei der Grotte vermischen sich Geschichte und Sage. OWV-Vorsitzende Elisabeth Balk kennt die Hintergründe für den Bau des auf "anno 1828" datierten Gebäudes. "Um 1800 muss eine Rinderseuche in der Gegend gewütet haben", erklärt sie. Ein gewisser Georg Manner habe damals gelobt, die Grotte zu errichten, falls sein Hof davon verschont bleibe.

Die Schönseer kennen aber noch weitere Umstände, die diesen Ort zu etwas Besonderem machen: Neben der Kapelle liegt ein großer flacher Felsen mit Einkerbungen, die wohl die Fantasie angeregt haben. "Es wird erzählt, dass Schönseer Bürger einst eine Muttergottes-Figur aus Stadlern gestohlen haben, weil sie fanden, dass die Figur in ihrer Kirche hier besser aufgehoben wäre", erzählt die OWV-Vorsitzende. Doch die Muttergottes sei zum Leben erwacht, habe sich eigenständig auf den Heimweg nach Stadlern gemacht und auf besagtem Felsen kurz ausgeruht. Dort sei es dann zu einer Begegnung mit dem Teufel gekommen. "Es heißt, dass Eidechsen die Muttergottes rechtzeitig geweckt haben und auch eine Reh dazwischen ging, so dass sie fliehen konnte", berichtet Balk. Der "Beweis": Abdrücke vom Pferdefuß des Teufels, von den Hufen des Rehs und einem Frauenschuh in dem großen Felsen.

"Ich möchte nicht wissen, was sich die Menschen da früher alles zusammengereimt haben, so ganz ohne Fernseher", sagt Barbara Wirnshofer und schmunzelt. Dass der Kreuzweg am 23. August 1998 mit den 14 vom örtlichen Steinmetzbetrieb Flöttl gestalteten Stationen eingeweiht werden konnte, das gehört aber nicht ins Reich der Legenden. Genauso wenig wie die Namen der Spender: Sie sind gleich am Ausgangspunkt in Stein gemeißelt. Trotzdem nimmt man es beim OWV nicht auf die leichte Schulter, dass es vorwiegend ältere Menschen sind, die hier im Gebet oder zur Pflege unterwegs sind. Gerade jetzt, wo allen bewusst wird, dass Frieden nicht selbstverständlich ist, "da wäre es doch schön, wenn mal junge Menschen diesen Ort zum Innehalten oder für eine Meditation entdecken", meint Wirnshofer.

Hintergrund :

Kreuzweg, Grotte und ein engagierter Verein

  • Kreuzweg: vor etwa 300 Jahren angelegt, um 1800 beseitigt, in den 90er Jahren nur noch eine Station vorhanden, 1998 mit 14 neuen Stationen eingeweiht, 2014 umfassende Arbeiten im Umfeld der Grotte (Granitstufen)
  • Grotte: Baujahr 1826, 1976 vom OWV renoviert, 1993 Heiligenfigur ersetzt
  • Gebet: alljährlich Kreuzweg-Meditation der Kolpingfamilie Schönsee, weitere Veranstaltung mit dem Oberpfälzer Waldvereins, heuer am Palmsonntag, 10. April, um 14 Uhr; Treffpunkt Moorbad, außerdem Pilgerzug am Frauentag (15. August) nach Stadlern
 

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