Pfreimd
13.02.2016 - 02:10 Uhr

Jäger Hans Schuh versteht sich auf Technik des Abbalgens: Dem Fuchs auf den Pelz gerückt

Auf dem Hof von Hans Schuh lagern öfter mal Leichen. Vor allem dann, wenn Jagdsaison ist. Der 66-Jährige sieht die Tiere nicht als Trophäen, sondern als Geschenk der Natur. Und er hat ein Händchen für alles, was Pelz trägt.

In seinem Jagdzimmer bewahrt Hans Schuh, hier mit seinem treuen Jagdgefährten "Bobi", nicht nur Andenken an seine Zeit als Pionier beim Bundesgrenzschutz auf. Im Raum lagern auch jede Menge Erinnerungen an die Stunden auf der Jagd. Manchmal holt er auch die Pelze aus dem Schrank, die er nach dem Gerben vom Kürschner zurückhaben wollte. Bilder: Bugl (3)

-Untersteinbach. Abbalgen nennen Jäger diese ganz speziellen Handgriffe, die nötig sind, um einem Fuchs das Fell abzuziehen. Hans Schuh, der im Pfreimder Ortsteil Untersteinbach allen als "Schmie-Hans" bekannt ist, versteht sich auf dieses ausgefallene Handwerk. Ohne seine Fachkenntnis wäre manches flauschige Naturprodukt nur Abfall. Draußen im Hof hängen drei steifgefrorene Kandidaten für den Pelzhandel.

"Was vertragen Sie nasenmäßig?", fragt Schuh, wenn Neugierige einen Blick in den Zerwirkraum werfen wollen, wo der Fuchs sein Kleid ablegen soll - und das möglichst zügig, bevor die Haare ausgehen. Dort riecht es schon ein wenig animalisch. Über dem Holzofen hängen drei Fuchspelze zum Trocknen. Hans Schuh holt seine Spezialbürste hervor und streicht über das Fell. "Sehen Sie das?", fragt er und pustet über die rötlichen Haare, "da ist das dichte Unterkleid". Saubere Ware hat er hier für den Kürschner, nur der Kohlfuchs mit dem etwas dunkleren Pelz hat einen Durchschuss. "Den will ein Jäger zum Apportieren für die Hunde haben", erklärt Schuh, denn die Preise für so einen Fuchspelz sind alles andere als üppig.

Schutz vor Räude

"Mich reut es eben, so etwas wegzuwerfen", bekennt der 66-Jährige, schlüpft in einen weißen Schutzanzug und stülpt den Mundschutz über. "Wegen der Räude", erklärt er. Immerhin die Hälfte der Tiere sei auch mit dem Fuchsbandwurm infiziert. Das neue Tier, das nun an den Hinterläufen in einer Art Dusche hängt, wird kurz abgespritzt. Dann greift Hans Schuh zum Messer, ein ganz normales kleines Exemplar, wie es zum Kartoffelschälen verwendet wird. "Ein Skalpell wäre zu scharf, da hat man gleich ein Loch im Pelz", weiß der Fachmann und trennt die Haut an den Hinterläufen und dann am Hinterteil auf. Für den Schwanz, in der Fachsprache Lunte, benutzt er eine selbst gebastelte hölzerne Zange. Schließlich soll das Teil, das einst Bonanza-Räder und Autoantennen schmückte, möglichst intakt bleiben.

Später hängt der gelernte Schmied, der vor dem Rentenalter als Pionier beim Bundesgrenzschutz gearbeitet, hat, den Kadaver etwas höher. In kleinen Schnitten trennt er das Fell - in der Jägersprache Balg - von weißlich-gelben Hautschichten. Nach den Vorderläufen ist der Schädel an der Reihe. "Das ist die schwierigste Phase, Millimeterarbeit", gesteht der Experte. Etwas zu viel Nasen-Knorpel, und schon ist der Trocknungsprozess gefährdet. Dazu wird der Balg nun über ein spitz zulaufendes Holzbrett gezogen und festgenagelt. Ein Keil sorgt dafür, dass genügend Luft an die Tierhaut kommt.

Jetzt packt der Hobbyjäger vorgeschnittene Backpapier-Rechtecke aus und klebt sie auf Lunte, Vorder- und Hinterläufe, die sich sonst einrollen und dann schlecht trocknen würden. "Ein Tipp vom Kürschner", verrät Schuh und hängt das aufgespannte Fell zu den anderen über den Ofen. Drei Tage soll es dort trocknen, bei etwa 25 Grad und nicht zu schnell, weil es sonst brüchig wird. "Hören Sie das, wie das knackt?", fragt der Fachmann und bewegt eins der älteren Pelzstücke, das fast fertig ist. Während die Kadaver gegen Gebühr über die Tierverwertung entsorgt werden, kommen die Pelze ins Päckchen und werden zur Post gebracht. "Luftdicht verpackt natürlich, damit nichts durchsickert", versichert Schuh und grinst. Am liebsten montags, weil die Ware jetzt ganz schnell in die Gerberei muss, um noch richtig anschmiegsam zu werden. "Ich schicke niemals was übers Wochenende, das könnte zu lange liegenbleiben", sagt der Fachmann, der auch selbst ein paar prächtige Pelze im Schrank seiner Jagdstube hat. Die kosten dann fünf Mal so viel, wie der Abbalger für den Pelz bekommt - und das sind je nach Qualität pro Tier um die zehn Euro.

Form der Wertschätzung

Eine Stunde hat Hans Schuh dafür in der Zerwirkkammer geschuftet. Wie viele Füchse hat er in seinem Leben dort schon entkleidet? "Tausend reichen nicht", überlegt er. Reich ist er damit nicht geworden. Aber die Arbeit, vor der auch mancher Jäger davonlaufen würde, ist für ihn ein Stück Wertschätzung der Natur. Und schließlich hat der Fuchs in Mitteleuropa nun mal keine Feinde, die indirekt dafür sorgen, dass das Niederwild eine Chance hat. In mondhellen Januar-Nächten oder in den Morgenstunden hat Schuh so manchen der haarigen Räuber selbst erlegt. Der erste Pelz in der langen Reihe lagert noch immer in der alten Schmiede, mit Details auf der Rückseite: ein Winterfuchs, erlegt im Jahr 1981 um 22.30 Uhr bei 15 Grad minus und 30 Zentimeter Schnee.

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