1. Startseite
  2. Offenbach

Den Ungehörten eine Stimme geben: Linken-Kandidatin will in Landtag einziehen

KommentareDrucken

„Mein Block“: Xenia Jakel ist in Bieber-Waldhof aufgewachsen, heute noch ihr Lieblingsort in Offenbach.
„Mein Block“: Xenia Jakel ist in Bieber-Waldhof aufgewachsen, heute noch ihr Lieblingsort in Offenbach. © Schade

Xenia Jakel möchte für die Linke in den Landtag einziehen.

Offenbach – Wenn Xenia Jakel durch Waldhof läuft, ist an zügiges Gehen nicht zu denken. Immer wieder wird sie gegrüßt, in ein kurzes Gespräch verwickelt, nach einem gemeinsamen Kaffee gefragt. Ganz klar, hier ist sie bekannt – und beliebt. „Ich habe hier fast mein ganzes Leben verbracht und viele schöne Erinnerungen“, sagt sie in Bezug auf den Ortsteil, auch wenn sie mittlerweile in Bieber lebt.

Die Menschen hier liegen der 30-Jährigen am Herzen, für jeden nimmt sie sich Zeit, lächelt, spricht auf Augenhöhe. Obwohl sie „oben“ angekommen ist und für die Linksfraktion im Landtag in Wiesbaden tätig ist, vergisst sie ihre Wurzeln nicht. Sie weiß, wie es ist, auf Sozialhilfe angewiesen zu sein. „Freibad oder Kino, das war für mich nicht drin. Manchmal fehlten mir 40 Cent für eine Busfahrkarte“, blickt sie zurück. Doch der Waldhof habe gut kompensiert, was ihr an Möglichkeiten fehlte: „Ich konnte einfach vor die Tür gehen, es war immer jemand da, mit dem ich Zeit verbringen konnte, wir kannten uns hier alle.“

Soziale Gerechtigkeit und der Kampf gegen Armut und Diskriminierung sind dadurch ihre Schwerpunktthemen. Geboren in Kirgistan als Kind sibirischer Eltern kam sie mit fünf Jahren nach Offenbach. Sie kennt viele Schicksale, weiß, welchen Einfluss Bürokratie und Amtsentscheidungen auf ganze Lebensgeschichten haben können. Inklusive ihrer eigenen. Ihre Mutter, eigentlich Berufsschullehrerin, konnte in Deutschland ihrer Arbeit nicht nachgehen, weil ihr Abschluss nicht anerkannt wurde. „Irgendwann reichte es nicht mehr, mich nur zu beschweren. Ich musste etwas tun“, sagt Jakel über ihr politisches Engagement, das vor drei Jahren zum Linken-Beitritt führte. Zwar war sie schon als Schülerin Mitglied im Kinder- und Jugendparlament, damals für die SPD. „Was die sozialen Kernfragen betrifft, kam für mich jetzt keine andere Partei mehr in Frage als die Linke.“

Die Hessen-Wahl in Stadt und Kreis Offenbach

Die Landtagswahl steht bevor, in der Region sind mehr als 300.000 Menschen wahlberechtigt. Alle Infos zu Wahlkreisen, Parteien und Ablauf der Hessen-Wah hessischen Landtagswahl in Stadt und Kreis Offenbach.

Mittlerweile ist sie mehr als „nur“ Mitglied. Als Referentin für Öffentlichkeitsarbeit der Linksfraktion im Landtag präsentiert Jakel diese auf allen öffentlichen Kanälen. Als sie gefragt wurde, ob sie sich eine Kandidatur vorstellen könne, zögerte sie nicht lange. „Ich bin ja jetzt schon mit meiner Arbeit ganz nah dran am Landtag, weiß, was mich als Abgeordnete erwarten würde“, sagt Jakel. Und ihr Wille ist groß, ans Rednerpult zu treten und so manchen Politikern die Meinung zu sagen. „Bei einigen hat man das Gefühl, sie sitzen in ihrem Elfenbeinturm, entscheiden über die Köpfe der Menschen hinweg, ohne sie und ihre Probleme wirklich zu kennen. Ich denke mir jedes Mal, geht doch mal in die sozialen Brennpunkte!“ Die Zeit der „elitären Politik“ müsse vorbei sein, findet sie.

Sozialer Wohnungsbau müsse dringend wieder forciert werden, ist Jakel überzeugt, es dürfe nicht sein, dass in Neubaugebieten ausschließlich Wohnraum für Besserverdiener entstehe. „Das ist eine Frage der Einstellung und des Willens.“ Sie sehe ein, dass Wohnungen gebraucht würden, aber immer nur neu zu bauen und Flächen zu versiegeln, das könne nicht die Lösung sein. So sieht Jakel auch das Baugebiet Waldhof-West kritisch. „Die Fläche ist ein wichtiger Ruhepol für die Bewohner, ein Stück Natur, raus aus dem Stadtleben.“ Gerade für Menschen, die sich keine Ausflüge oder gar Reisen leisten könnten, sei so ein Ort vor der Haustür von großer Bedeutung.

Armut wirke in alle Bereiche, betont Jakel. „Immer noch ist der soziale Status der Eltern ausschlaggebend für den Bildungsweg der Kinder.“ Das gelte es zu durchbrechen, Chancengleichheit und soziale Teilhabe sei zu ermöglichen – auch durch kostenlosen Nahverkehr. „Der könnte etwa durch eine Übergewinnsteuer finanziert werden.“

Früh schlug sich Jakel mit Jobs durch, vom Kloputzen bis zur Imbissbude, dachte nach dem Abitur nicht direkt ans Studieren. „Das ergab sich eher durch Zufall.“ Mit Archäologie entschied sie sich für ein Fach, das sie schon als Kind begeisterte, ging zu Ausgrabungen ins In- und Ausland. „Ich habe früher in sozialen Medien viel über Archäologie gepostet. Das kam bei den Leuten super an, ich hatte viele Follower.“ Eine Erfahrung, die sich in ihrem jetzigen Beruf bezahlt macht. Aber mittlerweile konzentriert sie sich ganz auf die Politik. „Ich mache das nicht für mich, sondern für all die Menschen, die sonst nicht gehört werden.“

Auch interessant

Kommentare